BEATRICE: Kannst Du bitte etwas über die historische Marke Kattus, von der Gründung bis in die Gegenwart, erzählen?

Johannes Kattus: Das Unternehmen wurde 1857 von meinem Ururgroßvater Johann Kattus gegründet. Er hat in der Wiener Innenstadt eine Spezereienwarenhandlung in der Nähe am Hof eröffnet, wo damals Bauern aus der Umgebung ihre Produkte auf dem Markt verkauft haben. Er spezialisierte sich auf Produkte, die nicht so alltäglich waren, wie z.B. Südfrüchte, Kaffee, Tee oder Spirituosen. Als Händler bzw. Importeur hat er sehr unternehmerisch gedacht und war überall wo er hinkam, auf der Suche nach neuen Produktgruppen. So ist er dann auf einer seiner zahlreichen Reisen quasi auf Kaviar gestoßen und hat damals aus einem Abfallprodukt ein Luxusgut gemacht. Denn er hat mit seiner eigenen Kaviarproduktion, die am Kaspischen Meer angesiedelt war, Kaiser- und Fürstenhöfe in Wien und Sankt Petersburg mit dem sogenannten „Schwarzen Gold“ beliefert und wichtige Geschäftsbeziehungen geführt, die zum Teil heute noch bestehen. Er hat eine Methode entwickelt, die es möglich machte, den Kaviar zu konservieren und durch diese Haltbarkeit in die ganze Welt zu transportieren. Kunden kamen aus ganz Europa und sogar bis nach New York pflegte er Geschäftsbeziehungen. Innerhalb kurzer Zeit wurde er der größter Kaviar Produzent und Händler der Welt. Das Unternehmen hat floriert, er wurde K.& K. Hoflieferant.

Sein Sohn, Johann Nepomuk Kattus, hat mit der Weiproduktion begonnen und 1890 wurde ein Sektkeller gekauft und am heutigen Firmenstandort mit der Produktion gestartet. Damals am Ende des 19. Jahrhunderts, am Stadtrand von Wien gelegen, waren rundherum Weingärten. Heute sitzen wir eigentlich so mitten in einem der besten Wohnviertel der Stadt, In den 1890er Jahren half er auch die Reblausplage, welche in Europa herrschte und zu massiven Ernteausfälle führte, zu beheben. Hierfür hat er zwei Hektar seiner Reben am Nussberg für Versuchszwecke der Rebveredlung zur Verfügung gestellt. Johannes Kattus wurde einer der bedeutendsten, wenn nicht der größte Wein und Sektproduzent Österreichs. Das Unternehmen hat natürlich durch den Ersten Weltkrieg Probleme bekommen, vor allem durch die Annexion der Kaviarproduktionsstätten. Man hat sich somit mehr auf das Kerngeschäft mit Sekt in Österreich konzentriert. Generell kann ich sagen, dass die durch Krisen geprägte Zeit, zwischen den Weltkriegen, eine Herausforderung war - im speziellen für ein Unternehmen, das im Luxusgüterbereich tätig war.

Nach dem Ersten Weltkrieg übernahmen die Brüder Johann, Josef und Franz das Unternehmen in der dritten Generation. Mein Großvater hat das Unternehmen angeschlagen nach dem Zweiten Weltkrieg übernommen und wieder bei Null angefangen. Er hat sich ausschließlich auf die Sekt Produktion konzentriert und die Weingärten wurden verkauft, um das Überleben des Unternehmens zu sichern. Vertriebsverträge und Kooperationen mit Partnern wurden geschlossen und der Getränke Vertrieb aufgebaut, so wie wir ihn heute noch erfolgreich führen. Das war eine rosige Zeit, aber leider ist er recht früh verstorben. Seine beiden Brüder haben das Unternehmen übernommen und agierten leider nach dem Credo: nichts darf verändert werden. Dies war schwierig, denn nur am Alten festzuhalten, was eigentlich veraltet ist, statt auf Markttrends zu reagieren und Veränderungen durchzuführen, führte mit der Zeit zu unternehmerischen Schwierigkeiten.

Anfang der 1990er Jahre, als meine Eltern die Firma übernommen haben, waren wir in einer schwierigen Position. Meine Eltern haben es geschafft mit viel Einsparungspotenzial und Innovationen das Unternehmen neu zu positionieren. So führte Kattus 1992 als Erster den Frizzante in den österreichischen Markt ein. Seither wurde das Portfolio stetig mit frischen und abwechslungsreichen Frizzante Sorten erweitert. Über die letzten 30 Jahre wurde das Unternehmen wieder so erfolgreich, dass wir selbstbewusst und ohne große Sorge die Firma fortführen können. Wir hatten auch Glück, dass der Firmengründer das Unternehmen in einer Gegend im 19. Bezirk baute, die mittlerweile wahrscheinlich zu den teuersten Wohngegenden Österreichs zählt. So war relativ viel Immobilienvermögen oder Grundstücksbesitz vorhanden, der von meinem Vater in den letzten Jahren ausgebaut und renoviert wurde. Somit sind Immobilien ein zusätzliches Standbein geworden, das ich mit meinen Schwager, Maximillian Nimmervoll, der mich als erfolgreicher Unternehmer unterstützt, als Geschäftsfeld durchaus erweitern möchte.

Wir sind jetzt in der fünften Generation, denn meine Eltern haben sich weitgehend zurückgezogen und die strategische Geschäftsführung abgegeben. Natürlich möchten wir, als nächste Generation, einen neuen Wind hineinbringen und kreative Impulse setzen. So haben wir zahlreiche Veränderungen angestoßen und uns operativ zeitgemäß und digitaler aufgestellt. Auch die strategische Ausrichtung der Marke Kattus in den nächsten Jahren wird neu überdacht.

BEATRICE: Wie ist die Firma durch die Krise gekommen?

Johannes Kattus: Durch den Lockdown der Gastronomie, brach ein großer Teil des Umsatzes mit unseren Vertriebsmarken weg, der vor Corona 50% ausmachte. Menschen haben Essen über Lieferdienste bestellt, doch nur ein kleiner Prozentteil bestellte Sekt. Der Umsatzrückgang war immens und wir haben in manchen Bereichen mit Kurzarbeit reagieren müssen, weil zum Beispiel langjährige Außendienstmitarbeiter in der Gastronomie zu versorgen waren. Wir mussten dabei auch auf die Unterstützung der staatlichen Programme zurückgreifen. Man kann sagen, wir sind mit einem blauen Auge davongekommen, eben auch mit der Basis der Immobilien, konnten wir die Schwierigkeiten gewissermaßen abfedern.

BEATRICE: Gab es Lieferengpässe in der Produktion durch Corona oder den Ukraine Krieg?

Johannes Kattus: Ja, beim Glas und den Kapseln für die Flaschen, sowie bei der Anlieferung von Flaschenetiketten gab es Lieferengpässe durch den Ukraine Krieg. Besonders die Etiketten waren lange Zeit überhaupt nicht lieferbar, da es nur eine einzige Firma mit einem Monopol gibt und dies wurde durch einen Streik sogar schlimmer. Auch ist bei Sektflaschen kein Recycling möglich, wegen den entstandenen Druck bei der Erzeugung, sind recycelte Flaschen nicht bruchsicher.

Wie viele Mitarbeiter hat Kattus und wie groß ist die jährliche Produktion?

Johannes Kattus: Wir haben im gesamten Unternehmen in den Bereichen Produktion, Vertrieb, Verwaltung und Immobilien ca. 50 Mitarbeiter angestellt. Normalerweise arbeiten im Einschichtbetrieb, aber im Frühjahr gab es einen sehr großen Auftrag, wo wir im 2- Schichtbetrieb gearbeitet haben. Übers Jahr gesehen verlassen circa 1,2 Millionen Flaschen unsere Keller, wobei circa 60% Produkte der Marke Kattus sind.

BEATRICE: Wie steht Kattus zum Thema Nachhaltigkeit?

Johannes Kattus: In unserer neuen strategischen Positionierung ist dies ein Grundpfeiler und wir sind mittlerweile selbst ein “Bio-Zertifizierter” Betrieb. Wir haben auch einen biologisch zertifizierten Sekt auf den Markt gebracht. Unser Kattus Organic ist mittlerweile im Handel als Grüner Veltliner Sekt und Zweigelt Rose erhältlich. Außerdem haben wir im letzten Jahr auf dem Grundstück der Fabrik eine Solaranlage aufgestellt, mit der wir im Sommer phasenweise den ganzen Energiebedarf decken. Über das Jahr gesehen schaffen wir ca. 30 - 40% unseres Bedarfs damit abzudecken - das ist, auch im Hinblick auf die gestiegenen Strompreise, ein wirtschaftlich sehr erfolgreiches Projekt. Selbstverständlich sind wir bei der Produktion derart ausgerichtet, dass wir mit regionalen Partnern agieren. Unser Kattus Kunststück, eine Große Reserve, wird jedes Jahr streng limitiert als Magnum produiziert. Es werden ca. 650 - 750 Flaschen mit Trauben aus dem Weinviertel in über 40 Monate vergoren und das Etikett auf der Flasche wird jedes Jahr von einem anderen Künstler gestaltet. Somit keine weiten Lieferwege und wir unterstützen auch Künstler.

BEATRICE: Wie sieht es mit den Prognosen und Plänen für die Zukunft aus?

Johannes Kattus: Grundsätzlich haben wir durch Umstrukturierungen eine Dachgesellschaft mit Familienmitgliedern in der Geschäftsführung und darin sind die Beteiligung aus Produktion, Vertriebsfirma und Immobilien. In jedem der operativen Bereiche sind erfahrene Geschäftsführer vorgesehen. In der Getränkeproduktion und Vertrieb sind wir, Wiens einzige Sektkellerei in Familienbetrieb, durch Qualitätskontrolle, Produktionsinnovationen und starke Werbung, sowie durch Partnerschaften mit nationalen und internationalen Vertriebspartnern – wie zum Beispiel Laurent-Perrier Champagner, Dalmore, Sierr Tequila, Stroh und Blue Gin – bestens für die Zukunft gerüstet.

BEATRICE: Wie sieht es mit eigenen Investments aus?

Johannes Kattus: Ich habe schon während der Schulzeit begonnen mein erstes Depot einzurichten und aus der Aktienanalyse meiner Hausbank Titel ausgewählt. Diese halte ich noch immer. Seither bin ich nur mehr sehr punktuell investiert, wie z.B. bei einem Invetment in Kryptowährung. Da habe ich einem Freund einen kleinen Betrag gegeben, den ich ebenso noch halte.

BEATRICE: Wir danken für das Gespräch.