Eine besonders interessante Gruppe von Unternehmen in Japan sind jene mit Beteiligungsportfolios, deren Marktwert ihre eigene Börsenkapitalisierung um ein Vielfaches übersteigt. Dies bedeutet nichts anderes, als dass die Käufer der Aktien dieser Unternehmen nicht nur das Beteiligungsportfolio umsonst erwirbt, sondern auch das eigentliche operative Kerngeschäft häufig zu einem hohen Abschlag bekommt.

Diese mit Beteiligungen an anderen Unternehmen vollgestopften „Goldgruben“ nahmen ihren Anfang in den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg, als gegenseitige Unternehmensbeteiligungen für den Wiederaufbau des Landes als notwendig erachtet wurden.

Der Mühlstein um den Hals muss weg. Heute sind die Beteiligungsgeflechte ein Mühlstein um den Hals der japanischen Wirtschaft. Die Regierung, die Zentralbank und auch die Unternehmen selbst (siehe zum Beispiel Toshiba und Hitachi) sind sich darin einig, dass diese „Beteiligungsgoldgruben“ ineffizient sind, weil darin sehr viel Kapital unproduktiv gebunden ist und die Wirtschaft lähmen. Diese müssten daher möglichst schnell bereinigt werden, um die Wachstumskräfte der japanischen Wirtschaft wieder freizusetzen.

Da sich vor der Regierung unter Premierminister Abe hier Jahrzehnte nichts bewegt hatte, gingen Japaninvestoren – lange Zeit zu Recht – davon aus, dass diese Beteiligungen keinen realisierbaren Wert darstellen; der tatsächliche Wert dieser Beteiligungen spiegelte sich deshalb oft nicht oder nur zu Bruchteilen in den Börsenkursen wider.

Die Strukturreformen der Regierung, vor allem die Reformen der Corporate Governance-Regeln und der Regeln für die Börsennotierung haben deshalb ein gemeinsames Ziel: Corporate Japan zu entflechten und den sogenannten „Konvoi-Kapitalismus“ der Nachkriegsjahre zu beenden, um die japanische Wirtschaft durch einen effizienteren Kapitaleinsatz wettbewerbsfähiger zu machen.

Game-Changer: Corporate Governance Reform, Private Equity und aktivistische Investoren. Institutionelle Investoren forderten dies schon lange, stießen aber in der Vergangenheit auf taube Ohren bei den Managern der Unternehmen, die am längeren Hebel saßen. Durch die Abenomics hat sich das Kräfteverhältnis massiv geändert. Die Corporate Governance-Regeln verpflichten die Unternehmen, ihre Beteiligungen entweder zu rechtfertigen oder aber diese aufzulösen. Auch die Anhebung der Steuersätze für Dividendenerträge dient dazu, den Abbau von Minderheitsbeteiligungen zu beschleunigen.

Japan, wo 55 Prozent der börsennotierten Unternehmen unter ihren Bilanzwerten notieren, ist dadurch zu einem Eldorado für aktivistische Investoren und Private Equity-Häuser geworden, die die massiven inneren Werte japanischer Unternehmen erkannt haben und sich daran machen, diese Goldschätze zu heben.

Der Fokus dieser Investoren auf Japan ist nicht überraschend, gibt es doch eine Menge von Bewertungsanomalien wie beispielsweise bei Pasona Group, einem Anbieter von Personaldienstleistungen, der an der Börse mit 580 Millionen Euro bewertet wird, obwohl bereits die größte Beteiligung Pasonas, die Benefit One, einen Börsenwert von 1,6 Mrd. Euro hat, was dem 2,7-fachen des Börsenwerts von Pasona entspricht.

Mit Aktivisten an Bord wird es bei Pasona und Bank of Kyoto spannend. Bei Pasona haben bereits mindestens drei bekannte „Goldsucher“ angefangen zu „graben“: Neben Oasis Management und AIM&R hat mit Asset Value Investors vor kurzem ein weiterer aktivistischer Investor eine Beteiligung von über fünf Prozent an Pasona erworben, die es ihm erlaubt, vom Management des Unternehmens Maßnahmen einzufordern, die zu einem Abbau der hohen Unterbewertung führen.

Ein anderes Beispiel ist die japanische Regionalbank Bank of Kyoto. Diese sitzt auf einer fabelhaften „Beteiligungs-Goldmine“ im Wert von 7,3 Mrd. Euro, dem 2,5-fachen ihrer Marktkapitalisierung (der Börsenwert des Unternehmens liegt bei lediglich 2,9 Mrd. Euro). Die Aktie wird aktuell zu einem Preis-/Buchwertmultiplikator von lediglich 0,40x gehandelt. Bank of Kyoto ist an über 90 japanischen Blue Chips beteiligt. Alleine der Wert der Beteiligung an Nintendo liegt bei etwa 1,8 Mrd. Euro.

In Japan gibt es viele Unternehmen mit angeschlossener „Beteiligungsgoldmine“. Der Reformprozess in Japan treibt Aktienrückkäufe (siehe: Aktienrückkäufe in Japan plus 164 Prozent) und den Abbau von Beteiligungen voran. Unternehmen, die sich den neuen Standards nicht anpassen, werden Ziele von Aktivisten und Übernahmen.

Das japanische System der Überkreuzbeteiligungen befindet sich eindeutig im Rückwärtsgang – ein mehrjähriger Boom an Unternehmensumstrukturierungen und -entflechtungen steht nun bevor. Dieser führt schon jetzt bei vielen Unternehmen zu einer Neubewertung. Eine sehr interessante Phase für Investoren! 

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