Immobilienpreise im Keller? (Claus Walter)
28.11.2023 | 10:35
„Betongold“ nennen viele die Investition in Häuser, Wohnungen und Gewerbegebäude. Aber gerade ist die Anlageklasse oftmals eher grau als glänzend.
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Fast um zehn Prozent sind die Preise für Wohnimmobilien laut statistischem Bundesamt im Vergleich zur letzten Jahresmitte in Deutschland gefallen. Gründe gibt es dafür viele, aber zwei wichtige sind sicher die enorm gestiegenen Bauzinsen und die immer weiter ausgebauten Anforderungen an Sanierungsmaßnahmen. Während eine durchschnittliche Finanzierung im Oktober 2021 noch im Bereich um ein Prozent Zinsen pro Jahr kostete, muss heute eher mit über vier Prozent gerechnet werden.
Gleichzeitig sind die staatlichen Vorgaben für Energieeffizienz sowohl für Neubauten als auch für die Sanierung von Bestandsimmobilien über die letzten Jahre immer komplexer und kostenintensiver geworden. Baumaterialien haben sich noch dazu erheblich verteuert, so lagen die Preise zum Halbjahr laut offizieller Statistik etwa für Bausand 22,7 Prozent und für Zement sogar 41,7 Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Mit anderen Worten, es sind schwierige Zeiten für Häuslebauer. Aber auch als Investment durchlebt die Anlageklasse Immobilien eine schwierige Phase.
Platzt eine Immobilienblase?
In den letzten Jahren gab es an so manchem Ort eine enorme Entwicklung bei den Preisen für Betongold. In Städten wie München schienen sich die Bewertungen immer weiter von den erzielbaren Einnahmen zu entfernen. Diese Entwicklung scheint sich jetzt ein Stück weit wieder zu normalisieren. Aber solche spekulativen Blasen sind bei Weitem nicht überall die Regel und die Immobilienmärkte sind stark regional geprägt. Der durchschnittliche Kaufpreis pro Quadratmeter lag zum Beispiel 2022 in Freiburg bei 5500 Euro und ähnlich wie im gesamten Umland hat sich die Preisentwicklung zuletzt etwas abgeschwächt. Aber von einer geplatzten Blase oder einem Schnäppchenmarkt für Käufer ist die Region weit entfernt. Der normale Hausbesitzer muss sich hierzulande eher wenig Sorgen machen, dass seine vier Wände plötzlich nichts mehr wert sind. Aber dieser Gedanke steht bei selbstgenutzten Immobilien sowieso meist nicht im Vordergrund. Etwas anders ist die Lage bei vermieteten Objekten.
Erzielbare Rendite analysieren.
Auch wenn es so scheint, dass die Inflation zumindest ein Stück weit eingebremst werden konnte, ist das Budget vieler Haushalte durch den Preisauftrieb stark belastet worden. Der Spielraum für Mieterhöhungen ist eher begrenzt, denn vor allem die steigenden Energiekosten trafen nicht nur die Mieter, sondern auch so manches Unternehmen. Lohnanhebungen, die die höheren Kosten ganz ausgleichen, dürften in vielen Bereichen nicht machbar sein. Gleichzeitig leiden einige Geschäfte gerade in den Innenstädten unter der Kaufzurückhaltung der Konsumenten, die dazu immer öfter auch noch das bequeme und oft günstigere Einkaufen im Internet bevorzugen. Außerdem hat die Erfahrung in der Coronazeit in vielen Unternehmen zu einer Zunahme von Homeofficelösungen geführt. Dass jeder Mitarbeiter einen festen Arbeitsplatz mit eigenem Schreibtisch hat, ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr, Büroräume können eingespart werden. Diese Trends gilt es heute bei einer genauen Rentabilitätsanalyse von Mietgebäuden, Gewerbeobjekten und Büroflächen einzukalkulieren. Das heißt nicht, dass es nicht noch eine Reihe von attraktiven Objekten gibt, aber Selbstläufer ist Betongold momentan eher keiner.
Flexibel bleiben.
Immobilien, das sagt schon der Name, haben einen großen Nachteil: Sie sind unbeweglich. Wer alles nur auf eine Karte setzt und sein ganzes Vermögen quasi zementieren möchte, wird unflexibel. Wir raten dazu, verschiedene Anlageklassen zu mischen. Im Idealfall heißt das, dass ein Vermögensaufbau nicht nur auf Immobilien beruht, sondern auch auf Aktien, festverzinslichen Wertpapieren, Edelmetallen und einer ausreichend großen, schnell verfügbaren finanziellen Reserve. So kann verhindert werden, dass bei Engpässen zum Beispiel eine Eigentumswohnung unter Druck verkauft werden muss. Denn momentan gibt es einfach immer weniger Käufer, die sich so etwas noch leisten können.
Das bedeutet noch lange nicht, dass sich für Objekte gerade in Toplagen keine Interessenten finden. Aber um richtig gute Angebote zu bekommen kann Geduld und Durchhaltevermögen gefragt sein. Auf der anderen Seite gibt es wieder Gelegenheiten, bei denen sich nicht die Interessenten auf den Füßen stehen. Ob sich so etwas unter dem Strich lohnt, muss aber in jedem Einzelfall umfassend analysiert werden. Stimmen die Lage, die Mieteinnahmen und die Zukunftsaussichten, kann Betongold weiterhin ein wertvoller und stabiler Baustein in einem Vermögensaufbau sein – an jeder Ecke gibt es das aber nicht.
Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Meinungen und Anlagestrategien finden Sie auf www.v-check.de.
Aus dem Börse Express PDF vom 28.11.2023
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