Die deutsche Bauindustrie steckt tief in der Krise. Die Zahl der Baugenehmigungen ist 2024 auf den niedrigsten Stand seit 2010 gefallen - nur noch 216.000 Wohnungen wurden genehmigt. Das entspricht einem Minus von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Das ambitionierte Ziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr rückt damit in weite Ferne. Experten rechnen für 2025 mit gerade mal 200.000 bis 230.000 Fertigstellungen. Als Reaktion auf diese Misere vollzieht die Branche einen radikalen Strategiewechsel: Weg vom teuren Neubau, hin zur Sanierung bestehender Gebäude.

Baubranche am Boden: Fünf Jahre Verluste in Folge

Die Ursachen der Krise sind hausgemacht: Explodierende Baukosten, hohe Kreditzinsen und teure Energiepreise haben viele Projekte unrentabel gemacht. Die europäische Bauforschungsgruppe Euroconstruct prognostiziert für Deutschland einen dramatischen Einbruch des Wohnungsbaus um 44 Prozent bis 2027.

Deutschland wird damit zum europäischen Schlusslicht. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe spricht bereits vom fünften Jahr in Folge mit realen Umsatzverlusten. Die Nachfrage ist praktisch zusammengebrochen.

Bestandssanierung wird zum Hoffnungsträger

Stadtplaner und Architekten setzen jetzt auf das schlummernde Potenzial alter Gebäude. Die Sanierung von Bestandsimmobilien ist nicht nur schneller und günstiger - sie spart auch rund die Hälfte der Treibhausgase ein, die über einen 50-jährigen Gebäude-Lebenszyklus anfallen.

Die Vorteile der Bestandsmodernisierung:
* Schnellere Umsetzung als Neubauprojekte
* Geringere Kosten pro Wohneinheit
* Deutlich bessere Klimabilanz
* Erfüllt ESG-Kriterien für nachhaltige Investments

Neue Wohngemeinnützigkeit: Bezahlbar wohnen mit Steuervorteilen

Seit Januar 2025 ist die "Neue Wohngemeinnützigkeit" in Kraft. Das Modell lockt Stiftungen, Vereine und kommunale Unternehmen mit Steuerbefreiungen - im Gegenzug müssen sie dauerhaft günstige Mieten anbieten.

Die Rechnung der Regierung: Bei Befreiung von Körperschafts-, Gewerbe- und Grundsteuer können etwa 60 Prozent aller deutschen Haushalte von vergünstigten Mieten profitieren. Kritiker bezweifeln jedoch, ob die Anreize ausreichen, um nennenswerte Neubauten anzuschieben.

Branche kämpft ums Überleben

Die kommenden 18 Monate entscheiden über das Schicksal der deutschen Bauindustrie. Während optimistische Stimmen auf sinkende Zinsen und stabilere Baupreise hoffen, warnen Pessimisten vor einem weiteren Absturz auf nur 150.000 fertiggestellte Wohnungen.

Die Bauverbände fordern von der Politik: Verlässliche Rahmenbedingungen, weniger Bürokratie und einen Stopp weiterer Verschärfungen bei Energiestandards. Nur so könne die Branche aus der Abwärtsspirale entkommen und wieder Fahrt aufnehmen.