Der erste österreichische Profi-Meisterpokal ist wieder in Wien. Nach 87 Jahren im Exil wurde die Trophäe des SC Hakoah von 1925 gestern Abend in einer emotionalen Gala auf der Hohen Warte feierlich präsentiert.

Die legendäre Auszeichnung des jüdischen Sportvereins verschwand 1938 nach dem „Anschluss" - gerettet vor den Nationalsozialisten und nach Israel gebracht. Jetzt markiert ihre Rückkehr einen historischen Moment für die österreichische Sportgeschichte.

Hakoah-Präsident Thomas Löwy zeigte sich überwältigt von der großen Anteilnahme aus der Sportwelt. Die ausverkaufte Veranstaltung "Hakoah Forever" entwickelte sich zu einer bewegenden Zeitreise durch 100 Jahre Vereinsgeschichte.

Gänsehaut-Moment im Stadion

Die Naturarena des First Vienna FC wurde zum Schauplatz eines außergewöhnlichen Abends. Moderator Alfons Haider führte durch ein Programm mit Künstlern wie Sandra Cervik, Herbert Föttinger und Erwin Steinhauer - alle verzichteten auf ihre Gagen.

Der Höhepunkt: Adi Ruinstein, Präsident der World Maccabi Union, enthüllte den Originalpokal und übergab ihn an die Hakoah-Präsidenten Thomas Löwy und Daniel Fuchs. Ein Moment, der für Gänsehaut im Publikum sorgte.

Prominente Gäste unterstrichen die Bedeutung des Ereignisses:
* Israels Botschafter David Roet
* Oberrabbiner Yaron Engelmayer
* Wiens Sportstadtrat Peter Hacker
* SK Rapid-Präsident Alexander Wrabetz

1925: Als Hakoah Geschichte schrieb

Was machte diesen Triumph so besonders? Der SC Hakoah gewann 1925 die erste Profi-Meisterschaft der österreichischen Fußballgeschichte - als rein jüdischer Verein.

Gegründet 1909 als Antwort auf wachsenden Antisemitismus, entwickelte sich Hakoah schnell zu einem der größten Sportvereine Österreichs. Der Name bedeutet auf Hebräisch "Die Kraft" - ein Symbol des sogenannten "Muskeljudentums".

Das Team um Trainer-Legende Béla Guttmann wurde zum Aushängeschild jüdischen Selbstbewusstseins. Hakoahs Erfolge in Fußball, Schwimmen und Ringen prägten die Identität der Wiener jüdischen Gemeinde.

Dramatische Rettung vor den Nazis

1938 zerschlugen die Nationalsozialisten den Verein. Mitglieder wurden verfolgt, Sportstätten beschlagnahmt. Doch der Meisterpokal überlebte - heimlich nach Israel geschmuggelt.

Jahrzehntelang verschwand die Trophäe aus dem öffentlichen Bewusstsein. Ihre Rückkehr ist das Ergebnis langjähriger Bemühungen und zeigt die wiedererstarkende jüdische Gemeinde in Wien.

Signal gegen das Vergessen

Brigitte Annerl, Präsidentin des TSV Hartberg, brachte es auf den Punkt: "Es muss egal sein, welche Nationalität oder Religion man hat. Im Sport sind wir eine große Familie."

Die Heimkehr der Trophäe sendet ein starkes Signal - gerade in Zeiten steigenden Antisemitismus in Europa. Sie würdigt eine Generation von Athleten, deren Erbe beinahe ausgelöscht worden wäre.

Die Rückkehr schließt symbolisch einen Kreis, der 1938 zerrissen wurde. Ein Akt historischer Gerechtigkeit, der die reiche jüdische Geschichte Österreichs wieder ins Bewusstsein rückt.

Brücke zur Zukunft

Der wiedergegründete SC Hakoah ist heute wieder aktiver Teil der Wiener Sportlandschaft. Die Präsenz des historischen Pokals verbindet die heutige Generation mit den legendären Helden von 1925.

Die Feierlichkeiten bilden den Auftakt zum 100-jährigen Jubiläum des Meistertitels 2025. Ein Zeichen für eine Zukunft, in der die Erinnerung an die Vergangenheit wachgehalten wird - und Sport wieder vereint statt trennt.