Großbritannien führt einheitliches Login-System ein

Die britische Regierung verschärft das Tempo ihrer Digitalisierungsoffensive: Ab diesem Monat müssen verschiedene Behördendienste das neue "GOV.UK One Login"-System nutzen. Ein Schritt, der zeigt, wohin die Reise auch in Deutschland gehen könnte.
Das einheitliche Anmeldesystem soll das Dickicht aus verschiedenen Zugangswegen zu Behördenservices beenden. Statt dutzender unterschiedlicher Logins können Bürger künftig mit nur einem Account auf alle staatlichen Online-Dienste zugreifen. Ein digitaler Personalausweis für das Internet-Zeitalter.
Kernstück ist die biometrische Identifikation: Die zugehörige App gleicht Gesichtserkennung mit Ausweisdokumenten ab. Was in deutschen Ohren nach Überwachungsstaat klingen mag, verkauft die britische Regierung als Sicherheitsgewinn und Komfortplus für die Nutzer.
Unternehmen müssen ab 13. Oktober umstellen
Den Startschuss macht Companies House, das britische Pendant zum deutschen Handelsregister. Ab dem 13. Oktober können Unternehmen ihre Daten nur noch über das neue System verwalten. Ein Testlauf für größere Pläne: Bis Ende 2025 sollen mindestens 50 der 75 wichtigsten Behördendienste den neuen Standard erfüllen.
Die Umstellung kommt nicht überraschend. Bereits Ende 2024 begann die schrittweise Einführung. Ab 18. November wird es ernst: Dann müssen sich alle Geschäftsführer und wichtigen Anteilseigner biometrisch verifizieren lassen - eine Pflicht, die auch neue Regularien zur Geldwäschebekämpfung unterstützen soll.
Das System akzeptiert britische und ausländische Ausweise, Reisepässe und Führerscheine. Zusätzliche Sicherheit bieten SMS-Codes oder Authenticator-Apps - Standards, die auch deutsche Banken längst einsetzen.
Millionen Briten ohne digitale Kompetenz
Doch die Medaille hat eine Kehrseite: Eine Studie des Arbeitsministeriums zeigt, dass jeder dritte Nutzer von Sozialleistungen Online-Services nicht ohne fremde Hilfe bewältigt. Bei bestimmten Hilfen liegt die Quote noch höher.
Die Regierung verspricht deshalb barrierefreie Gestaltung nach internationalen Standards. Screenreader-tauglich und verständlich sollen die neuen Dienste werden. Parallel bleiben Telefon-Hotlines und persönliche Beratung bestehen - ein Zugeständnis an diejenigen, die digital abgehängt sind.
Ob das gelingt, wird entscheidend für den Erfolg sein. Programme wie "Get Tech Certified" sollen ab Herbst auch die Beamten selbst fit für die digitale Zukunft machen.
KI und Cloud als nächste Stufen
Die Login-Vereinheitlichung ist nur der Anfang. Künstliche Intelligenz und Automatisierung sollen Behördengänge revolutionieren, verspricht die Regierung in ihrer KI-Strategie. Neue Beschaffungsrichtlinien erleichtern den Einkauf von Cloud-Lösungen und digitalen Workflows.
In der Pipeline steht bereits die "GOV.UK Wallet"-App: eine digitale Brieftasche für Führerschein, Personalausweis und andere Dokumente. Bis 2027 plant das Gesundheitssystem den Sprung zu "NHS Online" - einem volldigitalen Krankenhaus-Modell.
Deutschland beobachtet genau: Während hierzulande das Onlinezugangsgesetz Behörden zur Digitalisierung verpflichtet, zeigt Großbritannien, wie radikal der Umbau sein kann. Der Erfolg wird davon abhängen, ob niemand auf der Strecke bleibt.