Der European Green Deal gerät unter massiven Beschuss. Während die EU bis 2050 klimaneutral werden will, klagen Unternehmen über explodierende Kosten und Bürokratie-Chaos. Die Sorge: Europa verliert im globalen Wettbewerb den Anschluss, bevor die grüne Transformation überhaupt richtig beginnt.

Besonders der Mittelstand sieht sich mit einer Herkulesaufgabe konfrontiert. Neue EU-Verordnungen zwingen Firmen zu detaillierter Nachhaltigkeitsberichterstattung über ihre gesamte Lieferkette - von CO2-Emissionen bis zu Menschenrechten bei Zulieferern.

Berichtspflicht wird zum Kostenfresser

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und das EU-Lieferkettengesetz bringen Unternehmen an ihre Grenzen. Was als Transparenz-Initiative gedacht war, entwickelt sich zum administrativen Alptraum.

Kleine und mittlere Betriebe müssen plötzlich Daten sammeln, auswerten und dokumentieren, die weit über ihre bisherigen Möglichkeiten hinausgehen. Externe Berater werden zur Pflicht, zusätzliche Mitarbeiter nötig - die Kosten explodieren.

Ein Beispiel verdeutlicht das Dilemma: Importiert ein Unternehmen einfache Stahlschrauben aus dem EU-Ausland, muss es detailliert über Treibhausgase der gesamten Lieferkette berichten.

Lieferkettengesetz: Bürokratisches Labyrinth

Das EU-Lieferkettengesetz (CSDDD) sorgt für besonders viel Aufruhr. Ab 2029 erfasst es bereits Unternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern und 450 Millionen Euro Umsatz.

Die Richtlinie verpflichtet zur lückenlosen Überwachung globaler Lieferketten auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken. Was theoretisch nach mehr globaler Fairness klingt, erweist sich praktisch als kaum bewältigbar.

EU-Kommission rudert zurück

Die massive Wirtschaftskritik zeigt Wirkung. Brüssel bringt "Omnibus-Verordnungen" auf den Weg, um die schlimmsten Bürokratie-Auswüchse zu kappen.

Geplante Entlastungen:
* Höhere Schwellenwerte für Berichtspflichten
* Verlängerte Umsetzungsfristen
* Nachhaltigkeitsberichte nur noch ab 1.000 Mitarbeitern oder 50 Millionen Euro Umsatz

Wirtschaftsverbände begrüßen die Kurskorrektur, warnen aber vor Verwässerung im Gesetzgebungsprozess. Umweltorganisationen fürchten dagegen eine Aushöhlung der Klimaziele.

Wettbewerbsnachteil für Europa?

Die Debatte läuft vor bedrohlicher Kulisse: Während Europa auf Detail-Regulierung setzt, locken die USA mit Milliarden-Subventionen und China fördert grüne Technologien massiv staatlich.

Die Gefahr: Investitionen und Produktion wandern ab, bevor Europa seine Klimaziele erreichen kann. Industriemanager warnen bereits vor "Carbon Leakage" - der Verlagerung ins weniger regulierte Ausland.

Eine IHK-Umfrage bestätigt die Sorgen: Kostensteigerungen und Bürokratie sind die größten Hindernisse beim Green Deal.

Entscheidung in den nächsten Monaten

Die EU steht am Scheideweg. Der geplante "Clean Industrial Deal" soll die grüne Transformation wirtschaftlich attraktiv machen und Europa zum Technologie-Vorreiter entwickeln.

Doch ohne drastische Entlastungen droht der Motor der europäischen Wirtschaft ins Stottern zu geraten. Die Diskussionen über die Omnibus-Pakete im Europäischen Parlament werden zeigen, ob Brüssel den Ernst der Lage erkannt hat.

Die Gefahr ist real: Scheitert die Balance zwischen Klimaschutz und unternehmerischer Handlungsfähigkeit, könnte Europas Industrie die grüne Revolution verpassen, bevor sie richtig begonnen hat.