Der Gemeinderat von Gratwein-Straßengel beschloss diese Woche nach jahrelangem Streit den Bebauungsplan für das Wohnprojekt "Am Schießbühel". Fünf Mehrfamilienhäuser mit bis zu 15 Metern Höhe und knapp 20 Wohneinheiten können nun entstehen. Doch der Bauträger droht bereits mit einer Klage über eine halbe Million Euro Schadenersatz.

Die Entscheidung fiel knapp - und heizt den Konflikt mit Anrainern und Opposition weiter an. Seit Jahren kämpfen Bewohner gegen das Projekt, das nach ihrer Ansicht nicht in die gewachsene Einfamilienhausstruktur passt.

Bauträger fordert über 548.000 Euro

Der Grazer Entwickler "Living at Home" hatte das Areal bereits im August 2021 als Bauland erworben. Nun wirft er der Gemeinde vor, ihn jahrelang durch falsche Auskünfte und Verfahrensverzögerungen blockiert zu haben.

Die Forderung: 548.493 Euro Schadenersatz bis Mitte November - sonst droht eine Amtshaftungsklage. Dieser Druck dürfte maßgeblich zur jetzigen Entscheidung beigetragen haben.

"Einige von uns werden keine Sonne mehr sehen"

Bereits 2020 übergaben Anrainer eine Petition mit 50 Unterschriften gegen das Vorhaben. Ihre Hauptsorgen:

  • Verschattung durch die bis zu 15 Meter hohen Gebäude
  • Verkehrsprobleme in der engen Zufahrtsstraße
  • Umwidmung eines 600 Quadratmeter großen Feldweges in Bauland

Vizebürgermeister Mario Schwaiger (ÖVP) stellte sich früh gegen das Projekt: "Uns geht es in erster Linie um die bereits hier lebenden Menschen und deren Lebensqualität."

Politisches Tauziehen um Bausperre

Der Weg zur Genehmigung war steinig. Im Frühjahr hoben SPÖ, Grüne und FPÖ mit Zweidrittelmehrheit eine Bausperre für das gesamte Gemeindegebiet auf. Bürgermeisterin Doris Dirnberger (SPÖ) begründete dies mit einem Formfehler im Flächenwidmungsplan.

Die FPÖ fühlte sich "hintergangen" - sie hatte der Aufhebung nur wegen des Formfehlers zugestimmt, nicht zur Projektförderung. Die Opposition wirft der Gemeindeführung vor, der "Baulobby" nachzugeben.

Wachstumsdruck in Graz-Umland eskaliert

Der Fall steht beispielhaft für Konflikte in den Umlandgemeinden von Graz. Hoher Siedlungsdruck trifft auf Widerstand alteingesessener Bewohner. Initiativen wie "Unser Boden für die Zukunft" kämpfen gegen übermäßige Bodenversiegelung.

Die zentrale Frage: Wie kann eine Gemeinde wachsen, ohne Identität und Lebensqualität zu opfern? Experten fordern transparente Planungsprozesse und echte Bürgerbeteiligung.

Gerichtsverfahren wahrscheinlich

Mit dem Bebauungsplan-Beschluss ist der Streit nicht beendet. Die Anrainer haben bereits einen Anwalt eingeschaltet und werden vermutlich klagen. Parallel droht der Bauträger mit seiner Schadenersatzforderung.

Die kommenden Monate entscheiden: Rollen die Bagger an oder wird die Zukunft des Schießbühels vor Gericht geklärt?