Temporär oder nicht? Das ist die Frage, wenn es um die vier Prozent Inflation geht, um die die Verbraucherpreise in Deutschland im September gestiegen sind. Das Narrativ der Notenbanken ist klar: Selbstverständlich ist die Geldentwertung in dieser Höhe zeitweilig – sprich nicht mehr als eine Reaktion auf die Lieferengpässe und die steigenden Energiepreise dank der wieder besseren Konjunktur. Wenn sich das fängt, so EZB und Fed, wird auch die Inflation unter die Zielmarke von zwei Prozent fallen.

Zwei Szenarien: Moderates Wachstum oder Stagflation.

Mag sein, dass es so kommt; mag sein, dass nicht. Fakt ist: Immer mehr Investoren zweifeln wie wir die Story der Notenbanken an. Seit einiger Zeit arbeiten wir daher mit zwei Makro-Szenarien für das Jahr 2022, die wir in etwa für gleich wahrscheinlich halten. Nummer eins entspricht dem bisherigen Modell „Wirtschaftswachstum von zwei bis drei Prozent plus moderate Inflation von 0,5 bis 1,5 Prozent“. Nummer zwei ist unser Stagflations-Szenario: Hier trifft ein anämisches Wirtschaftswachstum von null bis ein Prozent auf eine Inflation von zwei bis drei Prozent. Während die Geldentwertung schon real ist, könnte China mit seiner Brems-Politik die Wirtschaft bald weiter abkühlen. Kommen wegen der gestiegenen Preise dann noch hohe Lohnforderungen hinzu, wird Szenario 2 immer wahrscheinlicher. Allerdings erwarten wir kein Revival der 1970er-Jahre, als die Inflationsrate bis zu sieben Prozent betrug.

Kommt zu Nullzinsen und Strafgebühren jetzt noch Stagflation?

Schon bislang verlieren Sparer in Deutschland jedes Jahr zwei Prozent an Kaufkraft – zum einen wegen der Inflation von ein bis zwei Prozent, zum anderen wegen der Strafgebühren auf höhere Bankguthaben. 2021 hat sich dieser reale Vermögensverlust auf vier Prozent erhöht: 100 Euro aus dem Vorjahr haben jetzt noch die Kaufkraft von 96 Euro. Bei gleicher Rate werden es im nächsten Jahr nur gut 92 Euro sein, im Jahr danach lediglich 88,50 Euro. Die kalte, stille Enteignung der Sparer läuft im Stagflations-Szenario also heiß und heißer. Die Botschaft lautet: „Liebe Sparer, bitte investiert endlich einen größeren Teil Eures Geldes in Sachwerte wie Aktien, Gold und Immobilien. Wenn Ihr nur auf Konten und traditionelle Staatsanleihen setzt, schmilzt Euer Vermögen bei einer Stagflation wie Eis in der Sonne.“

Aktien, Gold, Immobilien, Liquidität:

Die Kombi macht‘s. Aktien sollten den größten Teil der Investments ausmachen, da sie auf lange Sicht die rentabelste Anlageklasse sind. Auch Gold gehört als langfristiger Inflations- sowie als Krisenschutz unbedingt mit ins Depot. Immobilien bzw. Fonds oder REITs können das Depot diversifizieren und für einen regelmäßigen Einkommensstrom sorgen. Als Liquidität sollte, wenn sonst keine größeren Anschaffungen geplant sind, maximal der Geldbedarf für ein Jahr auf dem Konto liegen. Das Vermögen könnte demnach hypothetisch so aufgeteilt sein: 50 Prozent fließen in Aktien, 15 Prozent in Gold, zehn Prozent in Real Estate Investment Trusts (Immobilien) und 25 Prozent werden als Liquidität gehalten.

Aktien-Portfolio: Was taugt in beiden Szenarien?

Wenn man nicht weiß, ob Szenario 1 oder 2 Realität wird (und niemand weiß das), sollte man das Portfolio so gestalten, dass man in jedem Fall profitieren kann. Beim Aktienanteil geht es also darum, für den Kernbestand Unternehmen auszuwählen, die steigende Preise auf ihre Kunden umwälzen können, sowie Firmen, die von höherer Inflation wenig betroffen sind. Aus unserer Sicht sind marktführende Technologie-Konzerne sowie etablierte Gesundheits-Unternehmen hier eine gute Wahl. Verfestigt sich die Stagflation, sollten zudem Unternehmen aus dem Rohstoffsektor sowie Goldminen ins Depot gekauft werden.

So gewappnet, könnte das Anlagejahr 2022 für viele eine Zäsur im Guten darstellen: Aus Sparer werden dann endlich Investoren – und Verlierer verwandeln sich in Gewinner.

Aus dem Börse Express-PDF vom 25. Oktober - hier zum kostenlosen Download

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