Das Forum Nachhaltige Geldanlagen analysiert jährlich die Entwicklung nachhaltiger Geldanlagen in Deutschland. Laut aktuellem Marktbericht ist das von Privatanlegern nachhaltig angelegte Kapital deutlich gestiegen und lag per Ende 2021 rund 230 Prozent über dem Vorjahreswert. Mit Anlagen von insgesamt 131,2 Milliarden Euro halten Privatanleger rund 36 Prozent der Nachhaltigen Geldanlagen in Deutschland. 64 Prozent des unter Berücksichtigung von strengen umweltbezogenen, sozialen und auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung bezogenen Kriterien verwalteten Kapitals wurden zum Stichtag 31. Dezember 2021 von institutionellen Anlegern investiert. Mit einem Gesamtvolumen von 501,4 Milliarden Euro erreichten Nachhaltige Geldanlagen ebenfalls einen neuen Rekordwert. Der Marktanteil nachhaltiger Geldanlagen am Gesamtmarkt sprang von 6,4 auf 9,4 Prozent. Das ist eine positive Entwicklung, und Nachhaltigkeit bleibt damit ein führendes Anlagethema und verkörpert somit alles andere als ein Modethema. Vor allem die ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft erfordert gigantische Investitionen. Um ein Emissionsreduktionsziel von 40% bis 2030 zu erreichen, sind nach Schätzungen der Europäischen Kommission 260 Milliarden Euro an zusätzlichen jährlichen Investitionen notwendig. Und um die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu erreichen, werden laut Schätzungen bis 2030 jedes Jahr 2,5 Billionen US-Dollar benötigt.

Aber es bestehen auch viele Fragen hinsichtlich ESG-Investments. So wird zum Beispiel vielfach kritisch gesehen, dass die EU in ihrer Nachhaltigkeitstaxonomie auch Gas und Atom als nachhaltig eingeordnet hat. Wichtig ist dabei, Vor- und Nachteile der verschiedenen Stromquellen ganzheitlich abzuwiegen. Eine rein emotionale Herangehensweise bringt nicht weiter. Die Taxonomie soll helfen, das einstweilen geringere Übel zu finden, nicht Erdgas oder Atomkraft als langfristig nachhaltig einstufen. Den erneuerbaren Energien gehört klar die Zukunft. Aber wir befinden uns in einem Transformationsprozess, der Übergangstechnologien berücksichtigen muss, um unser bestehendes Energiesystem nicht zu überfordern. Die Entscheidung der EU ist sicher auch den Folgen des Ukraine-Kriegs für die Energiesicherheit geschuldet. Es steht schließlich jedem Anleger weiterhin frei, solche Anlagen für sich auszuschließen. Und auch viele Fondsinitiatoren werden jetzt sicher nicht von ihrer eher restriktiven Anlagehaltung gegenüber alten Technologien abweichen.

Auch die Gefahr des Greenwashing ist groß, wie beispielsweise der Fall der Fondsgesellschaft DWS zeigt. Es hätten sich Anhaltspunkte ergeben, dass entgegen den Angaben in Verkaufsprospekten von DWS-Fonds ESG-Faktoren nur in einer Minderheit der Investments tatsächlich berücksichtigt worden seien. Da Nachhaltigkeit ein wichtiges Marketinginstrument geworden ist, bedarf schon genauer Kontrollen der tatsächlichen Nachhaltigkeitswirkung, damit der Fall der DWS – sofern sich die Vermutungen bestätigen – ein Einzelfall bleibt. Übrigens: Vor wenigen Wochen hat die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die DWS wegen der Greenwashing-Vorwürfe verklagt. Das bedeutet: Die Transparenz der Anlagestrategie ist wichtig. Es hakt vielfach an objektiven Datengrundlagen, inwieweit Finanzprodukte wirklich nachhaltig sind. Experten schätzen, dass nur zehn Prozent der Daten tatsächlich nachprüfbar sind und 90 Prozent geschätzt werden.

Auch globale Lieferketten können ein Problem in der Nachhaltigkeitsstrategie darstellen. Vielleicht agiert ein Unternehmen im Heimatland ESG-konform, achtet aber nicht auf die Arbeitsbedingungen bei seinen Lieferanten und Drittländern, vor allem in nicht vollständig entwickelten Märkten? Ein konkretes Beispiel ist der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé, der unter anderem immer wieder wegen Konflikten beim Thema Wasser auffällt. Der Wert passt damit eher weniger in eine Nachhaltigkeitsstrategie.

Das Risiko von Greenwashing kann deutlich reduziert werden, indem eben alle Wertpapiere im Anlageportfolio streng nach ESG-Kriterien ausgewählt werden und die Einhaltung dieser ESG-Kriterien jederzeit nachvollziehbar ist. Hilfreich ist für Investoren der Nachweis, dass Manager mit einem führenden, auf Nachhaltigkeit spezialisierten Research-Haus zusammenzuarbeiten und sich auf diese Weise bei ihren Investmententscheidungen absichern können. Ein Beispiel dafür sind die auf Nachhaltigkeit spezialisierten Research-Häuser ISS-oekom und MSCI.

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Meinungen und Anlagestrategien finden Sie auf www.v-check.de.

 

Aus dem Börse Express PDF vom 02.12. hier zum Download

 

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