Frauen-EM: DFB-Team gegen Frankreich diesmal Außenseiter
Der Titeltraum lebt noch, auch wenn die Überzeugung von der eigenen Stärke Risse bekommen hat.
Die deutschen Fußballerinnen gehen als Außenseiterinnen in das EM-Viertelfinale am Samstag (21.00 Uhr/live ORF 1 und im Ticker) in Basel gegen Frankreichs bisher furios auftretendes Team. Eine Woche hatte die Auswahl von Teamchef Christian Wück Zeit, das 1:4 zum Gruppenabschluss gegen Schweden zu verarbeiten. Vor allem die dezimierte Defensive bereitet aber Kopfzerbrechen.
Mut sprach ihren Landsfrauen Nadine Kessler zu, die 2013 mit Deutschland den bisher letzten EM-Triumph feierte. "Keiner schreibt Deutschland jemals ab, vor allem nicht die internationalen Leute. Und dann sollten es die Deutschen auch selbst nicht tun", sagte die UEFA-Frauenfußballchefin.
Frankreich wird den Fehler sicher nicht machen, auch mit Blick auf die Vergangenheit. Bei einem Turnier haben Les Bleues noch nie die deutsche Elf besiegt.
Französinnen überzeugten bisher
Diesmal stehen die Chancen aber gut. Die Französinnen, die noch keinen großen Titel gewonnen haben, spielten in ihrer starken Gruppe mit Titelverteidiger England und den Niederlanden groß auf, sie sind seit Anfang Dezember unbesiegt und haben seither alle elf Spiele gewonnen.
Die neue Hierarchie scheint zu greifen. Teamchef Laurent Bonadei hat die bald 35-jährige Star-Verteidigerin Wendie Renard sowie die ein Jahr ältere Rekordtorschützin und -spielerin Eugénie Le Sommer (200 Länderspiele, 94 Tore) aussortiert, der Star ist sein prächtig harmonierendes Team.
Delphine Cascarino und Marie-Antoinette Katoto ragen mit je zwei Toren und zwei Vorlagen in vorderster Reihe heraus. Das Duo ergänzt Sandy Baltimore, die bei ihrem Tor zum 2:0 im Auftaktspiel gegen England selbst von vier Gegenspielerinnen nicht zu stoppen war. Passstärke liefert das Mittelfeld um die abgezockten PSG-Stars Sakina Karchaoui und Grace Geyoro.
DFB-Elf will unangenehmer Gegner sein
"Bei den Franzosen kommen ganz schön schnelle Lokomotiven auf einen zu", meinte die deutsche Ex-Kapitänin Alexandra Popp. "Wir wissen, was uns erwartet. Ihre individuelle Klasse ist unbestritten", betonte auch Wück.
"Wir wollen ein unangenehmer Gegner sein und unsere Qualität und Mentalität auf den Platz bringen", sagte der DFB-Teamchef, der mit einer ungewohnt lautstarken und gestenreichen Ansprache sein Team auf die Herausforderung einstellte.
Ein Viertelfinal-Aus - wie bei der EM 2017 und der WM 2019 - wäre für den DFB und seine Bemühungen, mit der internationalen Spitze Schritt zu halten, ein herber Rückschlag.
Das Vorrunden-Debakel bei der WM 2023 unter Martina Voss-Tecklenburg konnten das Team mit Olympia-Bronze unter Horst Hrubesch 2024 etwas übermalen.
Deutsche Sorgen in der Defensive
Das Stimmungstief nach dem Schweden-Debakel konnte Wück offensichtlich im Laufe der Woche vertreiben. "Jetzt erst recht! Da gibt's eigentlich gar kein anderes Gefühl als Vorfreude", sagte Torhüterin Ann-Katrin Berger.
Nach zuletzt massiven Abwehrproblemen wissen aber alle das, was Co-Trainerin Maren Meinert aussprach: "Uns ist auch klar, dass, wenn wir nicht kompakt stehen gegen Frankreich, wir wenig Chancen haben."
Die Neuaufstellung der Viererkette ist nun Wücks größte Herausforderung. Rechts fehlt nach der verletzten Kapitänin Giulia Gwinn nun auch deren Vertreterin Carlotta Wamser wegen einer Rotsperre. Zudem schwächelte Innenverteidigerin Rebecca Knaak. Dafür dürfte Kathrin Hendrich in die Startelf rücken. Sie ist eine von fünf Spielerinnen, die im EM-Halbfinale 2022 beim 2:1-Sieg gegen Frankreich dabei waren.