BÖRSE EXPRESS: Der Raiffeisen-SmartEnergy-ESG-Aktien Fonds wurde im April 2020 aufgelegt, lange vor der derzeitigen Energiekrise. Inwieweit hat sich der Stellenwert von Smart Energy als Beitrag zur Energiewende seither verändert.

HANNES LOACKER: Eigentlich gar nicht so sehr. Die Bestrebungen der einzelnen Regierungen die Energiewende zu forcieren, gab es ja in vielen Fällen bereits zuvor. Positiv war, dass letztlich so ziemlich alle Regierungen trotz massiver Ausgaben zur Bekämpfung der Pandemie hier ihre Pläne für den Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht zurückgestellt haben. Aber ja, dann kam die Invasion Russlands in der Ukraine, diese hat dem ganzen Thema zweifelsohne nochmals einen deutlich positiven Schub verliehen. So haben z.B. die EU mit ihren REPowerEU-Maßnahmen und die USA mit dem Beschluss des „Inflation Reduction Act“ noch einmal ganz klar gezeigt, dass die Energiewende eine der höchsten Prioritäten in unserer Gesellschaft haben muss und glücklicherweise scheint auch die Politik es immer mehr zu verstehen.

 

BÖRSE EXPRESS: Wie der Kurschart zeigt, wurde der Aufwärtstrend des Fonds im ersten Jahr gestoppt und ist bis dato noch nicht wieder neu angesprungen. Haben sich hier die Erwartungen hinsichtlich höherer Zinsen und die Zinsanhebungen negativ auf die Kursbewegung der Wachstumsaktien im Fonds ausgewirkt und wie sehen Sie diesbezüglich die weiteren Aussichten?

HANNES LOACKER: Ganz klar handelt es sich beim Gros der Aktien in diesem Fonds um Wachstumsaktien, dementsprechend waren der immense Inflationsanstieg und die damit verbundenen Zinsanhebungen für einige dieser Aktien nicht positiv. Dennoch zeigt sich, dass sich der Fonds und viele der Aktien deutlich besser entwickelt haben als die meisten breiten Börsenindizes wie z.B. jene in den USA und Europa. Für die weitere Entwicklung ist der weitere Zinspfad sicherlich von Bedeutung. Die Historie hat hier gezeigt, dass ein Ende des Zinsanhebungszyklus zumeist mit einem Anstieg der Aktienkurse einhergegangen ist. Und so weit sind wir z.B. in den USA von einem Ende der Zinsanhebungen aus heutiger Sicht gar nicht mehr entfernt.

 

BÖRSE EXPRESS: Die Themen des „Green Deal" der EU sind in weiten Teilen deckungsgleich mit denen des Raiffeisen-SmartEnergy-ESG-Aktien. Welche Themen sind das, wie setzen Sie diese im Portfolio des Fonds um bzw. wie sieht deren Gewichtung im Portfolio aus und wo sehen Sie die besten Wachstumschancen in den nächsten Jahren?

HANNES LOACKER: Der größte Bereich erstreckt sich mit 44 Prozent wenig überraschend auf den Bereich der Erneuerbaren Energien wie Solar, Windkraft und Wasserkraft. Danach folgt mit rund 20 Prozent das Thema Transport, das hier auch die E-Mobilität beinhaltet. Der Bereich Energieeffizienz ist mit 15 Prozent gewichtet. Die Themenbereiche Energiemanagement sowie Energiedistribution und -speicherung haben jeweils eine Gewichtung von 8 Prozent. Der Themenblock Kreislaufwirtschaft deckt gut 5 Prozent des Fonds ab. Die besten Wachstumschancen sehen wir zum einen bei den Betreibern von Solar- und Windkraftparks. Der Green Deal sieht hier vor, dass sich der Anteil der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien in der EU bis 2030 von heute 32 auf etwa 65% verdoppeln wird. Im Bereich Transport sollten Unternehmen, die Schlüsselkomponenten wie Halbleiter für die E-Mobilität liefern auch von den strengeren CO2-Grenzen für neue Verbrennungsmotoren bzw. dem wahrscheinlichen endgültigen aus für diese ab 2035 profitieren. Aber auch das Thema energieeffiziente Gebäude (Green Buildings), das von der EU im Rahmen des Green Deals (Renovierungsoffensive) eine sehr hohe Priorität hat, sollte von einem nachhaltig starken Wachstum geprägt sein.

 

BÖRSE EXPRESS: Wie gehen Sie bei der Titelauswahl vor - auch was deren ESG-Qualität betrifft - und welche Ziele verfolgen Sie dabei?

HANNES LOACKER: Wir haben uns bei Raiffeisen Capital Management vor zwei Jahren im ESG-Bereich deutlich breiter aufgestellt und eigene Teams installiert, die einzelne Themenbereiche speziell unter dem Nachhaltigkeitsgesichtspunkt analysieren. Unter anderem haben wir hier auch ein Team, deren Leiter ich bin, welches sich den aktuellen und zukünftigen Entwicklungen im Bereich Energie widmet und die einzelnen Subthemen nach ESG-Kriterien bewertet. Nach der Nachhaltigkeitsbewertung dieser Themen/Subthemen durch unsere neu geschaffenen Teams folgt der Schritt auf die Unternehmensebene. Hier wird jedes Unternehmen auch mit Unterstützung externer ESG-Ratingagenturen mit einem ESG-Score versehen. Darüber hinaus haben wir den Anspruch, dass wir zumindest mit den Unternehmen, in die wir investiert sind, in einen regelmäßigen Dialog treten. Hier wird u.a. erörtert, in welchen Bereichen sich diese Unternehmen unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit weiter verbessern können. Wir nehmen hier klarerweise auch aktiv an Hauptversammlungen teil, um von unserem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Alle diese zuvor beschriebenen Schritte ergeben dann für jede Aktie einen eigenen RCM-ESG-Corporate-Indikator. Aber ein sehr nachhaltiges Unternehmen allein ist natürlich keine Garantie für ein gutes Investment. Deshalb kommt in einem finalen Schritt die Fundamentalanalyse ins Spiel. Diese beleuchtet u.a. Bewertung, Margen, Wachstumspotenzial, Marktstellung des Unternehmens, Kapitalausstattung, Liquiditätssituation der Aktie an der Börse, etc.. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Unternehmen sowohl aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten als auch aus Nachhaltigkeitssicht zu den besten Unternehmen zählen und sich dadurch für die Aufnahme in den Fonds qualifizieren.

 

BÖRSE EXPRESS: Mehr als 29 Prozent des Aktienvermögens Ihres Fonds sind in Titel des IT-Sektors investiert. Womit begründen Sie diesen relativ hohen Technologie-Anteil?

HANNES LOACKER: Das liegt zum einen daran, dass hier Unternehmen wie First Solar (Produzent von Dünnschichtmodulen für PV-Anlagen) oder SolarEdge (Produzent von Wechselrichtern) als Technologieunternehmen eingestuft werden. Gleiches gilt für die im Fonds enthaltenen Unternehmen im Smart Meter-Segment. Damit lassen sich bereits 16 dieser 29 Prozent erklären. Der Rest entfällt auf Halbleiterunternehmen, die hier in erster Linie Schlüsselkomponenten für die E-Mobilität liefern.

 

BÖRSE EXPRESS: Unter den Top Ten-Positionen befinden sich mit Infineon, ON Semiconductor und Cree auch drei Halbleiterunternehmen. Warum?

HANNES LOACKER: Je höher der Elektrifizierungsgrad eines Autos, desto höher der Halbleiteranteil. Diese Unternehmen liefern wichtige Halbleiter für die E-Mobilität. So kann z.B. mit Hilfe der Siliziumkarbid-Wafer von Wolfspeed (früherer Name: Cree Inc.) bei einem Elektroauto Energie gespart werden, sprich, es erhöht sich dadurch die Reichweite um 5 bis 10 Prozent. Darüber hinaus wird durch siliziumkarbidbasierte Halbleiter ein schnelleres Laden ermöglicht. Für die Kunden, sprich Automobilproduzenten, sind diese Halbleiter essenziell, was sich wiederum sehr positiv auf das Nachfragewachstum nach diesen Produkten niederschlägt.

 

BÖRSE EXPRESS: Beim Raiffeisen-SmartEnergy-ESG-Aktien Fonds wird auch der CO2-Fußabdruck berechnet. Wie erfolgt die Berechnung, welche Ziele stecken Sie sich in diesem Zusammenhang und inwieweit haben Sie diese bisher erreichen können?

HANNES LOACKER: Dieser wird mittels Daten externer ESG-Ratingagenturen berechnet, um hier auch für maximale Transparenz zu sorgen. Wir haben das Ziel, dass der CO2-Fußabdruck des Fonds je investierter Million jedes Jahr sinkt. Da allerdings die wirtschaftliche Aktivität im Jahr 2020 infolge der pandemiebedingten Lockdowns deutlich zurückgefahren wurde, war dieses Ziel für 2021 nicht zu erreichen. In einem normalen Jahr sollte dieses Ziel aber in jedem Fall realisierbar sein.

 

BÖRSE EXPRESS: Apropos Ziele. Das Fondsvolumen konnte in rund zweieinhalb Jahren von rund 8 Mio. Euro zur Auflage bis aktuell über 371 Mio. Euro gesteigert werden und es wächst weiter. Wo soll die Reise noch hingehen und mit welcher Strategie begegnen Sie den daraus entstehenden Herausforderungen hinsichtlich Liquidität?

HANNES LOACKER: Wir fahren hier eine Strategie, die aus mehreren Schritten besteht. Bei einem Volumen von rund 500 Mio. Euro planen wir die Aktienanzahl von 50 auf 60 Titel zu erhöhen. Im weiteren Verlauf könnte diese Anzahl auch auf 70 Titel ansteigen; mehr aber nicht, da es auch bei einem höheren Volumen ein konzentriertes Portfolio bleiben soll. Ab rund 1 Mrd. Euro wollen wir aus heutiger Sicht ein „soft closing“ nicht ausschließen, welches letztlich bei einer Größenordnung von 1,5 Mrd. Euro auch in einem „hard closing“ sein vorläufiges Ende finden könnte. Bis dahin haben wir aber noch Zeit und werden klarerweise die Liquiditätssituation des Universums und der im Fonds enthaltenen Aktien stetig analysieren.

 

BÖRSE EXPRESS: Den Raiffeisen-SmartEnergy-ESG-Aktien Fonds sollte ich lieber heute als morgen kaufen, da …

HANNES LOACKER: … dieses Thema bereits jetzt von einem sehr positiv besetzten Newsflow begleitet wird und viele der Unternehmen im Fonds sich einer sehr guten Auftragslage erfreuen. Zum anderen handelt es sich größtenteils um Wachstumsaktien und diese sollten sich bei einer Erholung der Aktienmärkte mindestens so gut entwickeln wie der Gesamtmarkt. Um die Volatilität, die ein solcher Fonds mit sich bringt, abzufedern, empfehlen wir allerdings einen Ansparplan gegenüber einem Einmalinvestment. < Mehr zum Fonds gibt’s hier … dieses Thema bereits jetzt von einem sehr positiv besetzten Newsflow begleitet wird und viele der Unternehmen im Fonds sich einer sehr guten Auftragslage erfreuen. Zum anderen handelt es sich größtenteils um Wachstumsaktien und diese sollten sich bei einer Erholung der Aktienmärkte mindestens so gut entwickeln wie der Gesamtmarkt. Um die Volatilität, die ein solcher Fonds mit sich bringt, abzufedern, empfehlen wir allerdings einen Ansparplan gegenüber einem Einmalinvestment.

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Aus dem be weekly 47, das Wochenmagazin des Börse Express für die Geldanlage

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