Fonds im Porträt VI: Raiffeisen-Nachhaltigkeit-ÖsterreichPlus-Aktien - Fondsmanager Günther Schmitt im Interview: Die Branchenrotation - weg von Growth, hin zu Value - ist noch nicht abgeschlossen
Günther Schmitt managt den Fonds Raiffeisen-Nachhaltigkeit-ÖsterreichPlus-Aktien und spricht im Interview über die Erwartung eines wirtschaftlichen Aufschwungs, und wie er das im Portfolio umsetzt. Die Erwartung an sich und den Fonds: besser zu sein als der breite Markt ... sowohl finanziell auch in Sachen Nachhaltigkeit.
BÖRSE EXPRESS: Raiffeisen-Nachhaltigkeit-ÖsterreichPlus-Aktien – der Fondsname gibt das Programm wohl vor. Jetzt ist Österreich an sich schon ein kleiner Aktienmarkt, der gern mehr Unternehmen an der Börse gelistet hätte – ist der Markt groß genug, um hier den Nachhaltigkeitsgedanken auch umsetzen zu können – oder gibt es deshalb das Plus im Namen, mehr als Österreich?
GÜNTHER SCHMITT: Ja genau, Österreich hat zwar einige Vorzeigeunternehmen im Bereich Nachhaltigkeit, aber in der Masse gibt es dann doch nicht genügend, um einen Fonds breit aufstellen zu können. Deshalb haben wir Deutschland und die Schweiz als Markt dazugenommen, aber mehr als 51 Prozent des Fondsvolumens müssen immer österreichische Aktien bleiben.
BÖRSE EXPRESS: Wie definieren Sie eigentlich Nachhaltigkeit und wie fließt dieser Gedanke in die Einzeltitelauswahl ein – ich nehme an, es handelt sich um einen best-in-class-Ansatz?
GÜNTHER SCHMITT: Nachhaltigkeit bedeutet für uns verantwortungsvolles Investieren. Verantwortungsvoll gegenüber den Menschen, der Umwelt, aber auch gegenüber dem eingesetzten Kapital. In die Einzeltitelauswahl fließt nicht nur der Best-in-Class-Ansatz ein, sondern auch die Themen Negativ- bzw. Ausschlusskriterien, normatives Screening und Engagement.
BÖRSE EXPRESS: Ist irgendein ATX-Unternehmen durch den Nachhaltigkeitsfilter eigentlich ausgeschlossen und wie beurteilen Sie Österreichs Unternehmen in Bezug auf ESG mit der europäischen Konkurrenz?
GÜNTHER SCHMITT: Momentan investieren wir nicht in Aktien, die ein signifikantes Öl- oder Kohleexposure haben. Deshalb haben wir beispielsweise auch keine OMV in diesem Fonds. Generell sind österreichische Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit sicher sehr gut aufgestellt, aber es gibt zu wenige, die an der Börse notiert sind.
BÖRSE EXPRESS: Das Plus im Fondsnamen steht dafür, dass Sie auch andere als österreichische Aktien ins Portfolio aufnehmen dürfen. Laut Fondsstatut müssen 51 Prozent in Österreich angelegt sein. Wieviel davon derzeit tatsächlich in Österreich investiert?
GÜNTHER SCHMITT: Wir haben den Fonds erst vor kurzem, im Februar 2021, umgestellt. Seit dieser Zeit sind wir zu 60 Prozent in Österreich veranlagt.
BÖRSE EXPRESS: Sie haben zuletzt bei Lenzing Gewinne mitgenommen und dafür Deutsche Post, Merck KGaA, Roche, ABB und Siemens gekauft. Was waren die Überlegungen dahinter und welches Weltbild soll das Portfolio widerspiegeln? Ein konjunktureller Aufschwung trotz Pandemie … zumindest könnte man darauf durch die letzten Käufe schießen …
GÜNTHER SCHMITT: Ja, der Kauf der Industrieaktien wie Siemens und ABB erfolgte in der Erwartung, dass wir die Pandemie bald überstanden haben und ein wirtschaftlicher Aufschwung bevorsteht. Bei den anderen erwähnten Unternehmen waren es mehr unternehmensspezifische Fakten, die uns zum Kauf gebracht haben.
BÖRSE EXPRESS: Aus diesem Ihren Weltbild ergeben sich dann welche Übergewichtungen im Portfolio? Wie glauben Sie den Gesamtmarkt zu schlagen?
GÜNTHER SCHMITT: Momentan haben wir hohe Gewichtungen in den Bereichen Grundstoffe, Industrie, Technologie und Finanz. Diese hohen Gewichtungen ergeben sich aus der Analyse der einzelnen Aktien und nicht deshalb, dass wir bewusst einzelne Sektoren hoch gewichtet haben wollen. Tendenziell sind wir stark in Nebenwerte investiert, ein Konzept, das sich in den vergangenen Jahren oft bewährt hat, um den Index zu schlagen.
BÖRSE EXPRESS: Gibt es punkto Liquidität, Handelbarkeit etc. für Sie Einschränkungen für die Portfolio-Wahl? Und was können Sie machen, wenn Sie eine negative Entwicklung erwarten oder wir mitten in dieser sind?
GÜNTHER SCHMITT: Es gibt keine absolut harten Grenzen. Aber natürlich bevorzugen wir Aktien, die liquide sind und die wir im Bedarfsfall relativ schnell kaufen oder verkaufen können. Deshalb würden wir eine sehr illiquide Aktie im Fonds auch nicht sehr hoch gewichten. Alle unsere größten Positionen sind sehr liquide Aktien. Bei negativen Marktentwicklungen können wir einen Cash-Polster aufbauen und diesen dann wieder verringern, wenn sich die Lage sich wieder aufhellt.
BÖRSE EXPRESS: Wie würden Sie Ihren Fonds beschreiben, was erwartet mich als Anleger? Was ist Ihr Ziel in der Portfoliogestaltung?
GÜNTHER SCHMITT: Der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-ÖsterreichPlus-Aktien investiert in die besten und nachhaltigsten Unternehmen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Meist sind das Unternehmen, die der Kunde aus eigener Erfahrung oder deren Namen und Produkte er zumindest aus den Medien kennt. Unsere Erwartung an dieses Produkt ist, damit besser abzuschneiden als der breite Markt – sowohl finanziell als auch nachhaltig.
BÖRSE EXPRESS: Den Raiffeisen-Nachhaltigkeit-ÖsterreichPlus-Aktien-Fonds gibt es seit mehr als 30 Jahren – gibt es für Sie eine Lehre aus dieser Zeit?
GÜNTHER SCHMITT: Die Lehre ist, dass sich aktives Fondsmanagement auf lange Sicht bezahlt macht. Bei diesem Fonds war das jedenfalls im genannten Zeitraum der Fall.
BÖRSE EXPRESS: Gibt es einen Grund, warum ich eher heute als morgen in den Raiffeisen-Nachhaltigkeit-ÖsterreichPlus-Aktien-Fonds anlegen sollte?
GÜNTHER SCHMITT: Österreichische Aktien haben sich in den letzten Monaten sehr gut entwickelt. Die Branchenrotation, weg von Growth hin zu Value, hat dies begünstigt, weil es in Österreich, aber auch in der Schweiz und in Deutschland, viele Unternehmen der sogenannten „Old Economy“, also Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Grundstoffe aber beispielsweise auch Finanz, gibt. Diese Entwicklung sehen wir als noch nicht abgeschlossen und sehen deswegen die Einstiegschancen auch weiterhin intakt. < Mehr zum Fonds gibt’s hier Österreichische Aktien haben sich in den letzten Monaten sehr gut entwickelt. Die Branchenrotation, weg von Growth hin zu Value, hat dies begünstigt, weil es in Österreich, aber auch in der Schweiz und in Deutschland, viele Unternehmen der sogenannten „Old Economy“, also Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Grundstoffe aber beispielsweise auch Finanz, gibt. Diese Entwicklung sehen wir als noch nicht abgeschlossen und sehen deswegen die Einstiegschancen auch weiterhin intakt.
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