BÖRSE EXPRESS: Warum sollte ich derzeit überhaupt ein Investment am österreichischen Aktienmarkt andenken? Die Deutsche Bank beispielsweise hat eine Statistik veröffentlicht, die einen Zusammenhang zwischen Impffortschritt in Sachen Corona und dem Wirtschaftswachstum zeigt. Das wäre in Bezug auf Österreich jetzt, wenn, ein Grund für ein antizyklisches Investment? Warum sollte ich somit Ja zu „A“ sagen?

ALOIS WÖGERBAUER: Das heimische Wirtschaftswachstum hat mit den Aussichten für die an der Wiener Börse notierten Unternehmen recht wenig zu tun. Die Mehrzahl der Firmen ist klar international. Für diese Firmen war es zuletzt daher wichtiger, dass die Prognose für das Wachstum der Weltwirtschaft auf über 5 Prozent erhöht wurde, als dass die Erwartung für Österreich für das Jahr 2021 auf etwa 2 Prozent reduziert wurde. Und als Beimischung in einem globalen Depot kann man auch aus patriotischen Gründen Ja zu A sagen. Warum nicht einige Euros der Ansparsumme auch in die heimischen Firmen investieren.

 

BÖRSE EXPRESS: Am Markt spricht man wieder einmal von einer Inflationsfurcht. Sehen Sie eine gewisse Begründung dafür? Und angenommen wir sehen eine halbwegs moderate Entwicklung, wäre das für den österreichischen Markt eine Stütze – immerhin haben hier Finanzwerte und Immobilientitel eine hohe Gewichtung …?

ALOIS WÖGERBAUER: Angesichts der Mischung aus steigenden Rohstoffpreisen, steigenden Frachtraten, steigenden Preisen für Chiptechnologie und hohen Stimulus-Paketen, die in den USA sogar noch mit Geldgeschenken für die Bevölkerung begleitet werden, ist ein Anstieg der Inflationsrate sicher. In den USA werden wir heuer wohl definitiv Zahlen über 3 Prozent sehen. Das ist aber nicht die Frage. Die Frage ist: Ist es ein Überschießen und ein Basiseffekt? Oder ist es ein Trend über Jahre? Ich denke, es ist mehr Basiseffekt. Die Rohstoffpreis-Anstiege werden sich 2022 so nicht wiederholen, die Kapazitätsengpässe auch nicht. Vorerst ist diese Diskussion für Wiener Aktien in Summe aber eher positiv.

 

BÖRSE EXPRESS: Ähnliches Thema: 2020 wurde vor allem von Growth-Titeln geprägt. 2021 zeigten auch Value-Werte wieder auf. Österreich hat gerade im Growth-Bereich nicht seine Stärken. Wie sehen Sie die Zukunft dieser beiden Segmente?

ALOIS WÖGERBAUER: Eigentlich waren sogar die letzten 5 Jahre rein von Growth-Titeln geprägt. Value hat zuletzt aufgeholt. Ich warne hier vor einer Entweder-oder-Denke. Wir achten darauf, dass wir in den globalen Portfolios ausgewogen gewichtet sind. Wien ist in erster Linie ein Value-Markt.

 

BÖRSE EXPRESS: Das Thema ESG wird unter Anlegern immer wichtiger. Wie beurteilen Sie die heimischen Unternehmen aus diesem Gesichtspunkt?

ALOIS WÖGERBAUER: Es tut sich viel. Das Bewusstsein hat zugenommen. Die Nachhaltigkeitsberichte gewinnen massiv an Qualität. Für Branchen wie Energie ist dieses Thema durchaus anspruchsvoll. Ein Manko gibt es. In den Buchstaben ESG steht das G für Governance. Da hinken wir den globalen Standards noch hinterher.

 

BÖRSE EXPRESS: Kommen wir zu Ihrem Portfolio. Sie legen laut Fondsprospekt benchmarkunabhängig an: es sollen attraktive Unternehmen sein, wobei der Langfristgedanke im Vordergrund steht. A) was ist für Sie attraktiv? Dazu bitte gleich ein wenig Einblick in das Wie Sie bei der Aktienauswahl vorgehen. Und b) wie zeigt sich dieser Langfristgedanke?

ALOIS WÖGERBAUER: Die Aktienauswahl ist klar qualitativ und fundamental orientiert. Eine klare Fixierung auf ein Kennzahlenmodell gibt es nicht. Man muss Immo-Aktien, Banken, Versicherungen, Industriebetriebe oder Versorger mit völlig verschiedenen Zugängen bewerten. Wichtig ist einfach zu verstehen, wie das Unternehmen tickt, wo die Hebel und Treiber in beide Richtungen sind. Der Langfristgedanke zeigt sich darin, dass wir Unternehmen treu bleiben, wenn wir glauben die Entwicklung geht in die richtige Richtung. AT&S begleiten wir schon seit vielen Jahren – in guten Zeiten wie jetzt, es gab aber auch komplizierte Zeiten.

 

BÖRSE EXPRESS: Im Vergleich zur Benchmark haben Sie im Technologiebereich die größte Übergewichtung im Portfolio, sprich bei AT&S und ams. Was gefällt Ihnen an den Unternehmen? Und wo sind Sie warum eher skeptisch?

ALOIS WÖGERBAUER: AT&S hat sich im Bereich Substrate und Halbleiter durch mutiges Investieren eine ausgezeichnete globale Position geschaffen; die Aussichten für die kommenden Jahre sind sehr gut. Eine der ganz raren Chancen in Wien in Digitalisierung zu investieren. ams sind nach der Übernahme von Osram in einer Transformationsphase, für die man etwas Geduld mitbringen wird müssen.

 

BÖRSE EXPRESS: Sie managen den Fonds jetzt seit bald 18 Jahren – und haben dabei schon einige Krisen und Hochs erlebt. Das Resultat ist eine durchschnittlichen Jahresperformance von etwas mehr als 10 Prozent – Jahr für Jahr 1,5 Prozentpunkte mehr als der Wiener Aktienleitindex ATX – im Langfristvergleich bei der Ratingagentur Scope lassen Sie alle Konkurrenzfonds hinter sich … was ist Ihr Conclusio aus dieser Zeit, was die Lehre fürs aktuelle Anlegen?

ALOIS WÖGERBAUER: Ein engerer Markt wie Wien bringt höhere Ertragschancen bei höheren Schwankungen. Immer zur richtigen Zeit investiert zu sein ist aber eine Illusion. Daher nur in Positionsgrößen investieren, die man in schwierigeren Phasen auch durchsteht.

 

BÖRSE EXPRESS: Sie haben heute eine geringere Gewichtung in Immobilienaktien als noch vor ein, zwei Jahren. Hat es etwas mit strategischen Überlegungen für die post-corona-Zeit zu tun, sprich Homeoffice und Online-Shopping?

ALOIS WÖGERBAUER: Ja. Auch die Bewertungen sind normal und keine Schnäppchen. Zudem werden die gefühlt seit Jahren andauernden Spielchen, wer angeblich grad wen übernehmen will und wer sich wo beteiligt, irgendwann ermüdend. Bei Immofinanz hat mir in den vergangenen 12 Monaten der Zugang zu Governance massiv missfallen.

 

BÖRSE EXPRESS: Was für ein Thema beobachten Sie verstärkt mit Blickrichtung auf Immobilien-Aktien?

ALOIS WÖGERBAUER: Ich beobachte Szenarien mit Blickrichtung auf einen möglichen Ausstieg.

 

BÖRSE EXPRESS: Was können Sie machen, wenn Sie eine negative Marktentwicklung erwarten – wie hoch darf der Cash-Anteil geschraubt werden, oder arbeiten Sie mehr nach der Devise „hin und her macht Taschen leer“, heißt Rückgänge werden ausgesessen, da man ohnehin weder den optimalen Ausstiegs- noch Einstiegszeitpunkt findet?

ALOIS WÖGERBAUER: Der Fonds ist ein klassischer reiner Aktienfonds. Er hat noch nie ein Derivat gesehen und wir betreiben auch keine Cash-Steuerung. 100 Prozent heimische Aktien pur; so kann der Anleger seine gewünschte Gewichtung im Depot herstellen.

 

BÖRSE EXPRESS: Den 3 Banken Österreich-Fonds sollte ich heute statt morgen kaufen, da …

ALOIS WÖGERBAUER: Kein Wertpapierprodukt muss man heute kaufen, weil es morgen zu spät ist. Aber für jeden, der die Chancen und Tücken des heimischen Marktes kennt, ist der Fonds eine  attraktive Depotanreicherung. 

 

 

 

 

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