FMA warnt vor Risiken bei Gewerbeimmobilien

Österreichs Finanzaufsicht schlägt erneut Alarm: Der Gewerbeimmobilienmarkt bleibt ein Sorgenkind. Die Quote notleidender Kredite ist auf 5,4 Prozent gestiegen - fast doppelt so hoch wie Ende 2023. Gleichzeitig spaltet die Nachfrage nach nachhaltigen Objekten den Markt radikal.
Problemkredite belasten weiter das System
Die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) sieht keine Entspannung. Bei der jüngsten Aufsichtskonferenz in Wien betonte FMA-Vorstand Helmut Ettl, dass die Zahlen noch keine Entwarnung geben.
Die Quote notleidender Kredite bei Gewerbeimmobilienfinanzierungen sprang von knapp über 3 Prozent Ende 2023 auf 5,4 Prozent. Das Ziel sei eine Rückkehr zur "österreichischen Normalität", um die Stabilität des Bankensektors zu gewährleisten.
Die größte Herausforderung: Die Refinanzierung auslaufender Kredite aus der Niedrigzinsphase. Gestiegene Zinsen und strengere Bewertungsmaßstäbe setzen Eigentümer unter massiven Druck. Die FMA kontert mit einem sektoralen Systemrisikopuffer - Banken müssen zusätzliches Kapital für diese Kredite vorhalten.
ESG-Kriterien revolutionieren den Markt
Währenddessen treibt ein struktureller Wandel den Markt um: die massive Nachfrage nach Nachhaltigkeit. ESG-Kriterien sind längst kein Nice-to-have mehr, sondern entscheiden über die Wettbewerbsfähigkeit.
Investoren, Mieter und Finanzierer bevorzugen klar Objekte mit strengen Umwelt- und Sozialstandards. Die EU-Regulatorik verschärft den Druck zusätzlich: Neubauten müssen ab 2030 CO₂-neutral sein, Bestandsgebäude ab 2050.
Die Konsequenz: Objekte ohne diese Standards werden zu "Stranded Assets" - sie verlieren massiv an Wert, weil sie gesetzliche und marktübliche Anforderungen nicht mehr erfüllen.
Wien zeigt die Marktspaltung exemplarisch
Die Zahlen aus Wien verdeutlichen die Zweiteilung. Die Leerstandsquote für moderne Büroflächen liegt bei nur 4,22 Prozent. Die Nachfrage nach ESG-konformen Flächen in Top-Lagen treibt die Spitzenmieten weiter nach oben.
Unternehmen setzen auf die Strategie "weniger Fläche, aber mehr Qualität". Sie zahlen gerne höhere Mieten für klimafreundliche Büros mit stabilen Betriebskosten.
Das Problem: Ältere, nicht sanierte Gebäude in weniger attraktiven Lagen geraten unter enormen Preis- und Leerstandsdruck. Drei Faktoren entscheiden heute über Erfolg oder Misserfolg: Lage, Qualität und zertifizierte Nachhaltigkeit.
Strukturwandel trifft zyklischen Druck
Der österreichische Gewerbeimmobilienmarkt steht am Scheideweg. Die aktuellen Herausforderungen gehen weit über den Zinsanstieg hinaus - sie sind das Ergebnis einer fundamentalen Transformation.
Die ESG-Revolution erzwingt massive Investitionen in Modernisierung und Dekarbonisierung. Wer nicht saniert, riskiert erhebliche Wertverluste. Für Banken steigt das Kreditrisiko, wenn Sicherheiten an Wert verlieren.
Renovierungswelle als Gebot der Stunde
In den nächsten zwei Jahren wird sich der Markt weiter spreizen. Die Pipeline für neue Büroflächen in Wien ist nach 2025 dünn - das wird Top-Objekte weiter verknappen und Mieten stützen.
Gleichzeitig steigt der Druck auf Altbau-Eigentümer massiv. Ohne energetische Sanierungen droht der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Banken werden "Green Renovations" bevorzugen - sie senken Kreditrisiken und erfüllen Nachhaltigkeitsziele.
Das Fazit: Langfristig wird der Wert einer Gewerbeimmobilie untrennbar mit Nachhaltigkeitszertifikaten und Energieeffizienz verbunden sein. Die FMA-Warnung unterstreicht die Dringlichkeit dieser Transformation.