Felix Gall beweist bei der Vuelta a España enormen Kampfgeist. Der österreichische Radprofi hält sich trotz einer langen Saison und jüngster Rückschläge auf Platz sechs der Gesamtwertung - und kämpft in den entscheidenden Schlusstagen um eine Top-10-Platzierung.

Der 27-jährige Osttiroler startete nach seinem fünften Tour-de-France-Platz mit hohen Erwartungen in die Spanien-Rundfahrt. Von starken Auftritten in den Pyrenäen bis hin zu schwierigen Momenten auf verkürzten Protest-Etappen zeigte der Decathlon AG2R-Kapitän beeindruckende Widerstandsfähigkeit.

Zermürbende dritte Woche

Die Schlusswoche fordert Gall alles ab. Auf der 17. Etappe zum Alto de El Morredero erreichte er als Siebter das Ziel - 53 Sekunden hinter Etappensieger Giulio Pellizzari. Damit verteidigte er seinen sechsten Gesamtrang, liegt aber bereits 4:57 Minuten hinter Führendem Jonas Vingegaard zurück.

"Ich habe mich heute nicht ganz so super gefühlt, ähnlich wie gestern, als mir ein bisschen der Punch fehlte", gab Gall ehrlich zu. Dennoch kämpferisch: "Ich habe noch ein paar Tage zu kämpfen, hoffentlich kann ich den Platz halten."

Besonders bitter war die 16. Etappe: Wegen Protesten wurde das Rennen acht Kilometer vor dem Ziel neutralisiert. Im letzten steilen Anstieg verlor Gall den Anschluss an die Favoritengruppe und rutschte vom fünften auf den sechsten Rang ab.

Glanzmoment am legendären Angliru

Seinen stärksten Auftritt lieferte Gall auf der Königsetappe zum Alto de l'Angliru. Auf einem der härtesten Anstiege im Profi-Radsport bewies er seine Kletter-Klasse und wurde Fünfter - nur 52 Sekunden hinter dem Siegerduo Joao Almeida und Vingegaard.

"Das ist der härteste Anstieg, den ich je gefahren bin, die Steigung ist wirklich verrückt", sagte ein erschöpfter, aber zufriedener Gall. Seine Taktik des kontrollierten Anstiegs zahlte sich aus und unterstrich seine Entwicklung zum Grand-Tour-Kapitän.

Erkältung bremste früh aus

Der Vuelta-Start verlief vielversprechend: Bereits auf der zweiten Etappe fuhr Gall mit Platz sechs ein Top-Resultat ein. Nach der Etappe nach Cerler sprang er erstmals in die Gesamt-Top-10.

Allerdings kämpfte er mit einer leichten Erkältung, die seine Leistung beeinträchtigte. "An den beiden letzten Tagen war ich müde und erkältet. Heute habe ich wieder meinen Rhythmus gefunden", erklärte er nach dem Angliru-Erfolg.

Doppelbelastung gemeistert

Gall und Vingegaard sind die einzigen Fahrer aus den Tour-Top-10, die auch bei der Vuelta vorne mitfahren. Diese Grand-Tour-Doppelbelastung in einer Saison zu meistern, zeigt Galls bemerkenswerte Entwicklung.

Die verbleibenden Etappen mit einem entscheidenden Zeitfahren werden über seine finale Platzierung entscheiden. Das Podium liegt mit über zwei Minuten Rückstand in weiter Ferne - doch bei der Vuelta ist bis Madrid alles möglich.