Irrtum 1: Eheschließung bedeutet gemeinsames Eigentum an allem Vermögen

Ein häufiger Irrtum besteht in der Annahme, dass durch die Eheschließung das gesamte Vermögen, das ein Ehepartner in die Ehe einbringt, automatisch gemeinsames Eigentum wird und bei einer Scheidung vollständig aufgeteilt werden muss. Tatsächlich gilt in Deutschland, sofern keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen wurden, der Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Das bedeutet, dass Vermögen, das während der Ehezeit erwirtschaftet wird, grundsätzlich demjenigen Ehepartner gehört, der es erlangt hat. Laut Nicole Grigat, Anwältin für Scheidungen in Krefeld, erfolgt bei einer Scheidung ein Ausgleich nur für das während der Ehe hinzugewonnene Vermögen. Vermögenswerte, die vor der Ehe bestanden, sowie Erbschaften und Schenkungen, die während der Ehe erhalten wurden, bleiben jedoch im Eigentum des jeweiligen Ehepartners und werden nicht in den Zugewinnausgleich einbezogen.

Irrtum 2: Privatschriftliche Vereinbarungen reichen bei Scheidung aus

Es besteht oft die irrige Annahme, dass eine privatschriftliche Vereinbarung zwischen Ehepartnern ausreicht, um alle Folgen einer Scheidung verbindlich zu regeln. Tatsächlich ist dies nur bedingt korrekt. Eine Scheidungsfolgenvereinbarung stellt zwar einen Vertrag dar, der die rechtlichen und finanziellen Konsequenzen einer Scheidung festlegt, doch ihre Wirksamkeit ist an bestimmte Formalitäten gebunden. Soll beispielsweise der Versorgungsausgleich ausgeschlossen oder der Zugewinnausgleich modifiziert werden, ist eine notarielle Beurkundung der Vereinbarung zwingend erforderlich. Ohne diese formale Absicherung könnte die Vereinbarung im Scheidungsverfahren unwirksam sein.

Irrtum 3: Getrennt leben statt Scheidung schützt vor hohen Kosten

Es wird oft angenommen, dass ein getrenntes Leben ohne Scheidung kostengünstiger ist und daher eine sinnvolle Alternative darstellt. Diese Auffassung kann jedoch zu erheblichen finanziellen Nachteilen führen. Insbesondere der Zeitpunkt, zu dem der Scheidungsantrag eingeht, ist für den Zugewinnausgleich maßgeblich. Vermögenszuwächse, die während der Trennungszeit erzielt werden, fallen ebenfalls unter den Zugewinnausgleich, solange die Ehe nicht geschieden ist. Ähnliches gilt für den Versorgungsausgleich. Zudem bleibt das Recht auf eine erneute Eheschließung bis zur Scheidung ausgeschlossen, und der getrennt lebende Ehepartner bleibt erbberechtigt. Selbst durch ein Testament kann der Pflichtteilsanspruch nicht vollständig ausgeschlossen werden.

Irrtum 4: Kurzehen können schnell und einfach annulliert werden

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass eine Ehe, die nur von kurzer Dauer war, leichter aufgehoben werden kann. Die Dauer der Ehe spielt jedoch keine Rolle, wenn es um die rechtliche Auflösung geht. Auch eine Ehe, die nur einen Tag Bestand hatte, erfordert denselben Scheidungsprozess wie eine langjährige Verbindung. Entscheidend ist, dass ein Antrag auf Ehescheidung gestellt wird und das gesetzlich vorgeschriebene Trennungsjahr eingehalten wird. Die rechtlichen Anforderungen an die Scheidung bleiben somit unabhängig von der Dauer der Ehe unverändert bestehen.

Irrtum 5: Einvernehmliche Scheidung ohne Anwalt gesetzlich zulässig

Es wird häufig angenommen, dass bei einer einvernehmlichen Scheidung auf die Beauftragung eines Anwalts verzichtet werden kann. Dies entspricht jedoch nicht der Rechtslage in Deutschland. Nach dem deutschen Familienrecht besteht ein Anwaltszwang, der vorschreibt, dass mindestens der Partner, der den Scheidungsantrag stellt, durch einen Anwalt vertreten sein muss. Diese Regelung gilt unabhängig davon, ob die Ehepartner im Streit oder einvernehmlich auseinandergehen. Ohne rechtliche Vertretung kann ein Scheidungsverfahren somit nicht eingeleitet werden.

Irrtum 6: Ohne Zustimmung des Partners ist eine Scheidung unmöglich

Es wird häufig irrtümlich angenommen, dass eine Ehe nur dann geschieden werden kann, wenn beide Partner zustimmen. Dies ist jedoch rechtlich nicht korrekt. Die Scheidung einer Ehe ist in Deutschland unabhängig von der Zustimmung des anderen Ehepartners möglich. Maßgeblich ist allein, dass einer der Ehepartner einen Scheidungsantrag stellt und die gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere die Zerrüttung der Ehe, gegeben sind. Der Scheidungsantrag stellt eine formale Willenserklärung dar, die beim Familiengericht eingereicht werden muss. Dabei ist die Unterstützung eines Anwalts erforderlich, der den Antrag rechtlich korrekt formuliert und überzeugende Gründe für die Scheidung darlegt. Eine einfache Ablehnung der Fortsetzung der Ehe reicht als Begründung in der Regel nicht aus.

Irrtum 7: Bei Scheidung müssen die Schulden des Ehepartners übernommen werden

Ein verbreiteter Irrtum besteht darin, zu glauben, dass bei einer Scheidung die Schulden des Ehepartners mit übernommen werden müssen. Tatsächlich haftet jeder Ehepartner jedoch grundsätzlich nur für seine eigenen Schulden. Eine gemeinsame Haftung besteht nur, wenn beide Ehepartner gemeinsam Verträge unterzeichnet haben und somit gemeinsam für die Schulden verantwortlich sind. Eine Scheidung ändert nichts an dieser Regelung. Schulden, die der eine Partner allein aufgenommen hat, bleiben auch nach der Scheidung seine alleinige Verantwortung.

Irrtum 8: Einkommen des Antragstellers bestimmt die Höhe der Scheidungskosten

Es wird oft angenommen, dass es kostengünstiger sei, wenn der finanziell schwächere Ehepartner den Scheidungsantrag stellt. Diese Überlegung ist jedoch unzutreffend. Die Kosten für die Scheidung werden nicht allein nach dem Einkommen des Antragstellers berechnet, sondern basieren auf dem Gesamteinkommen beider Ehepartner. Dabei werden auch Einkünfte aus Kapitalvermögen, Steuerrückzahlungen sowie Einmalzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld berücksichtigt. Somit spielt es für die Höhe der Scheidungskosten keine Rolle, welcher Partner den Antrag einreicht. Zudem ist zu beachten, dass die Kosten einer Scheidung nicht steuerlich abgesetzt werden können, was die finanzielle Belastung zusätzlich erhöht.

Irrtum 9: Kinderunterhalt ist nur bis zum 27. Lebensjahr fällig

Es wird oft fälschlicherweise angenommen, dass die Unterhaltspflicht für Kinder nach einer Scheidung generell bis zum 27. Lebensjahr besteht. Tatsächlich hängt die Dauer der Unterhaltszahlung nicht vom Alter, sondern vom Abschluss der ersten Ausbildung des Kindes ab. Der Unterhaltspflichtige ist verpflichtet, den Unterhalt bis zum Abschluss dieser Ausbildung zu leisten, sofern er wirtschaftlich dazu in der Lage ist. Der Zeitpunkt, zu dem die Unterhaltspflicht endet, kann daher variieren.

So kann die Pflicht zur Zahlung bereits vor dem 27. Lebensjahr enden, etwa wenn das Kind eine Berufsausbildung nach der Realschule abschließt. Bei einem längeren Ausbildungsweg, beispielsweise einem Studium nach dem Abitur und einem freiwilligen sozialen Jahr, kann die Unterhaltspflicht jedoch auch über das 27. Lebensjahr hinausreichen. Entscheidend bleibt immer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen, der nur im Rahmen seiner Möglichkeiten zur Zahlung verpflichtet ist.

Irrtum 10: Nachehelicher Unterhalt endet immer nach drei Jahren

Es besteht häufig der Irrglaube, dass nachehelicher Unterhalt pauschal auf drei Jahre begrenzt ist. Tatsächlich gibt es keine allgemeingültige Frist für die Dauer des nachehelichen Unterhalts. Die Frage, ob und in welchem Umfang ein Ehepartner nach der Scheidung unterhaltsberechtigt ist, hängt von verschiedenen individuellen Faktoren ab. Dabei spielen ehebedingte Nachteile, die Betreuung von gemeinsamen Kindern sowie die konkreten Lebensumstände während der Ehe eine zentrale Rolle. Der Bundesgerichtshof hat in seinen Entscheidungen betont, dass jeder Fall gesondert geprüft werden muss, um die Berechtigung und die Dauer des Unterhaltsanspruchs festzulegen.