Europäische Polizeibehörden haben ein hoch professionelles Cybercrime-Netzwerk gesprengt, das weltweit Millionenschäden durch Betrug verursachte. Bei der als "Operation SIMCARTEL" bezeichneten Aktion entstanden für Verbraucher in über 80 Ländern Verluste in Millionenhöhe.

Das am 10. Oktober 2025 zerschlagene Netzwerk funktionierte wie eine kriminelle Dienstleistungsfirma: Betrüger konnten sich eine technische Infrastruktur mieten, um fast 50 Millionen gefälschte Online-Konten zu erstellen. Diese dienten als Basis für Phishing-Attacken, Investment-Betrug und Identitätsdiebstahl.

Internationale Razzia mit durchschlagendem Erfolg

Die koordinierte Aktion unter Führung von Europol und Eurojust umfasste Behörden aus Österreich, Estland, Finnland und Lettland. Bei 26 Durchsuchungen, hauptsächlich in Lettland, nahmen die Ermittler sieben Verdächtige fest – darunter fünf lettische Staatsangehörige.

Die Ausbeute war beeindruckend: 1.200 SIM-Box-Geräte mit 40.000 aktiven SIM-Karten, fünf Server und zwei Websites (GoGetSMS.com und APISIM.com) fielen in die Hände der Polizei. 431.000 Euro auf Bankkonten und 266.000 Euro in Kryptowährungen wurden eingefroren, vier Luxusfahrzeuge beschlagnahmt.

Wie die Betrugs-Fabrik funktionierte

Das Herzstück des kriminellen Imperiums war eine hochentwickelte SIM-Farm – eine Sammlung von SIM-Karten und Hardware, die automatisch SMS senden und empfangen kann. Kriminelle konnten sich temporäre Telefonnummern aus über 80 Ländern mieten, um die Zwei-Faktor-Authentifizierung zu umgehen.

Was macht das so gefährlich? Die gefälschten Accounts wurden zur Grundlage für verschiedenste Betrugsmaschen:
- Phishing-Attacken auf ahnungslose Nutzer
- Fake-Investment-Plattformen mit vermeintlich hohen Renditen
- Enkeltrick-Varianten über soziale Medien
- Betrug auf Kleinanzeigen-Portalen

Millionenschäden in nur zwei Ländern

Die bisher bekannten Zahlen sind alarmierend: Allein in Österreich verloren über 1.700 Opfer rund 4,9 Millionen Euro. In Lettland entstanden bei 1.500 Fällen Schäden von etwa 490.000 Euro. Europol betont jedoch, dass dies nur die Spitze des Eisbergs darstellt.

Insgesamt verknüpften die Ermittler das Netzwerk bereits mit über 3.200 Betrugsfällen. Die tatsächliche Schadenssumme dürfte um ein Vielfaches höher liegen, da Opfer aus mehr als 80 Ländern betroffen sind.

Cyberkriminalität wird zur Industrie

Der Fall zeigt einen beunruhigenden Trend: Cyberkriminalität entwickelt sich zur Dienstleistungsbranche. Statt eigene Tools zu entwickeln, mieten Betrüger einfach fertige Infrastruktur – "Cybercrime-as-a-Service" macht's möglich.

Das senkt die Einstiegshürden dramatisch. Plötzlich können auch technische Laien komplexe Betrügereien durchführen. Experten warnen: Solche Netzwerke tauchen oft unter neuen Namen wieder auf.

Was Verbraucher jetzt beachten sollten

Die Operation SIMCARTEL zeigt, wie ausgeklügelt moderne Betrugsmaschen geworden sind. Verbraucherschützer raten:

  • Skepsis bei unverlangt zugesandten Nachrichten
  • Vorsicht bei Investment-Angeboten mit unrealistisch hohen Renditen
  • Eindeutige, komplexe Passwörter für alle Online-Konten
  • Bei Notfall-Anrufen von Familienangehörigen: Rückfrage über bekannte Nummern

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Die Ermittlungen laufen weiter. Die beschlagnahmten Server und SIM-Boxen werden forensisch analysiert – vermutlich kommen weitere Opfer und Täter ans Licht. Eines ist sicher: Der Kampf gegen die Industrialisierung des Internetbetrugs hat gerade erst begonnen.