Die EU-Kommission dreht die Daumenschrauben an: Mehr Länder als je zuvor müssen ihre Haushaltslöcher stopfen. Frankreich kämpft mit Protesten, Italien verspricht Besserung – und Österreich ist neuerdings auch dabei.

Nach der Corona-Pause gelten seit 2025 wieder die EU-Fiskalregeln. Das Problem: Acht Mitgliedstaaten reißen weiter die magische Drei-Prozent-Grenze bei der Neuverschuldung. Diese Woche prüft Brüssel die eingereichten Sparpläne – und die haben es in sich.

Reformierter Stabilitätspakt: Mehr Flexibilität, mehr Verantwortung

Die neuen Regeln machen Schluss mit dem Gießkannenprinzip der Vergangenheit. Statt starrer Vorgaben für alle bekommen Länder mit Haushaltsproblemen maßgeschneiderte Konsolidierungspläne.

Die Eckdaten des reformierten Systems:
* Maximal 3 Prozent Neuverschuldung vom BIP bleiben Pflicht
* Gesamtschulden sollen unter 60 Prozent des BIP liegen
* Anpassungszeit: vier Jahre, verlängerbar auf sieben
* Bedingung für Verlängerung: glaubwürdige Reformen und EU-konforme Investitionen

Länder können sich mehr Zeit erkaufen – wenn sie in Klimaschutz, Digitalisierung oder andere EU-Prioritäten investieren. Ein Handel auf Gegenseitigkeit, der beiden Seiten helfen soll.

Diese acht Länder müssen liefern

Die Liste der Problemfälle ist lang und prominent besetzt. Belgien, Frankreich, Italien, Ungarn, Malta, Polen und die Slowakei kassierten bereits 2024 ihr Defizitverfahren. Österreich gesellte sich im Juni 2025 dazu – ein später, aber deutlicher Warnschuss aus Brüssel.

Frankreich steht besonders im Fokus. Während Präsident Macron Sparmaßnahmen ankündigt, gehen Menschen gegen Kürzungen auf die Straße. Ein Drahtseilakt zwischen EU-Konformität und innenpolitischem Frieden.

Italien zeigt sich optimistischer: Wirtschaftsminister Giorgetti verspricht, das Defizit 2026 unter drei Prozent zu drücken. Ob das bei der aktuellen Konjunkturlage gelingt, wird sich zeigen.

Der Spagat zwischen Sparen und Investieren

Hier liegt der Kern des Problems: Europa braucht gleichzeitig weniger Schulden und mehr Investitionen. Verteidigung, Energiewende, Infrastruktur – die Ausgabenliste ist lang und teuer.

Die neuen EU-Regeln versuchen diesen Widerspruch aufzulösen. Finnland durfte höhere Verteidigungsausgaben von seinem Defizit abziehen und entging so einem Verfahren. Ein Präzedenzfall, der anderen Ländern Mut machen könnte.

Doch die Gratwanderung bleibt riskant. Zu hartes Sparen kann Wachstum abwürgen und soziale Spannungen verschärfen. Zu lockere Regeln untergraben die Glaubwürdigkeit des gesamten Systems.

Was anders ist als nach 2008

Anders als bei der harten Austeritätspolitik nach der Finanzkrise setzt die EU diesmal auf "nationale Eigenverantwortung". Länder sollen selbst entscheiden, wo und wie sie sparen – solange das Ziel stimmt.

Kritiker warnen dennoch: Der Ermessensspielraum der Kommission ist groß. Politische Erwägungen könnten wirtschaftliche Vernunft überlagern. Die Finanzmärkte bleiben bislang gelassen – doch die echte Bewährungsprobe kommt erst noch.

Bis 2028 muss alles passen

Jetzt wird es ernst für die Schulden-Sünder. Österreich hat bis 15. Oktober Zeit, um konkrete Maßnahmen vorzulegen. Andere Länder arbeiten bereits an der Umsetzung ihrer Sparpläne.

Die EU-Kommission kontrolliert halbjährlich den Fortschritt. Wer schludert, muss mit Sanktionen rechnen. Gleichzeitig laufen die Verhandlungen über den nächsten EU-Haushalt ab 2028. Haushaltskommissar Serafin macht bereits klar: Ohne neue Einnahmen wird es nicht gehen.

Die kommenden Jahre werden zeigen, ob der Spagat gelingt – solide Finanzen ohne Wachstumsverlust und soziale Verwerfungen.