EU verhängt Milliarden-Strafe gegen Google

Brüssel zieht die Daumenschrauben an: Die EU-Kommission verhängt eine Rekordstrafe von 2,95 Milliarden Euro gegen Google wegen Wettbewerbsverstößen im Online-Werbemarkt. Der Internetriese soll seine marktbeherrschende Stellung systematisch missbraucht haben.
Die am Montag verkündete Entscheidung beendet eine mehrjährige Untersuchung zu Googles fragwürdigen Geschäftspraktiken in der Werbetechnologie. Konkret wirft Brüssel dem Konzern vor, eigene Dienste bevorzugt und Konkurrenten benachteiligt zu haben. Google hat bereits angekündigt, gegen die Entscheidung vor Gericht zu ziehen.
Besonders brisant: Die Kommission droht erstmals mit einer Zerschlagung von Googles Werbegeschäft. Sollte der Konzern nicht binnen 60 Tagen überzeugende Lösungsvorschläge vorlegen, könnte Brüssel eine Aufspaltung der lukrativen Sparte anordnen.
Vierte Milliardenstrafe in einem Jahrzehnt
Diese Strafe ist bereits die vierte Milliardenbuße, die die EU gegen Google verhängt. Insgesamt summieren sich die Strafen auf über acht Milliarden Euro – ein deutliches Signal an die gesamte Tech-Branche.
Die aktuelle Untersuchung, die im Juni 2021 begann, deckte auf, wie Google seine Vormachtstellung im europäischen Werbemarkt ausnutzte. Mit seinem "DoubleClick For Publishers"-Dienst kontrolliert der Konzern sowohl die Server für Werbeanzeigen als auch die Tools für programmatische Werbeeinkäufe.
Das perfide System: Googles Anzeigen-Server verriet der eigenen Werbebörse "AdX" im Voraus die Gebote der Konkurrenz. So konnte Google systematisch höhere Preise durchsetzen und Mitbewerber ausstechen.
"Google hat seine Marktmacht missbraucht und Verlage, Werbetreibende und Verbraucher geschädigt", erklärte EU-Vizepräsidentin Teresa Ribera. "Dieses Verhalten verstößt klar gegen unsere Wettbewerbsregeln."
Drohende Zerschlagung: Google am Scheideweg
Die Kommission geht diesmal über eine reine Geldstrafe hinaus. Google muss seine illegalen Praktiken sofort beenden und die Interessenkonflikte in seinem Werbesystem beseitigen.
Brisant wird es vor allem bei der angedrohten Aufspaltung: "Möglicherweise kann nur eine Veräußerung von Teilen der Google-Dienste den Interessenkonflikt wirksam lösen", warnte Brüssel. Falls Googles Vorschläge unzureichend sind, will die Kommission "nicht zögern, harte Maßnahmen zu ergreifen".
Diese Drohung markiert einen Wendepunkt in der EU-Regulierung. Bisherige Geldstrafen konnten Googles dominante Position offenbar nicht erschüttern.
Google schlägt zurück – und Trump mischt sich ein
Google weist alle Vorwürfe entschieden zurück. "Die Entscheidung ist ungerechtfertigt und schadet Tausenden europäischen Unternehmen", konterte Lee-Anne Mulholland, Googles Chefin für Regulierungsangelegenheiten. Der Konzern bereitet bereits die Berufung vor.
Überraschend meldete sich auch Ex-US-Präsident Donald Trump zu Wort. Er kritisierte die EU-Strafe als "Angriff" auf ein "großartiges amerikanisches Unternehmen" und drohte mit Vergeltungsmaßnahmen.
Für die Werbebranche könnte die Entscheidung zum Game-Changer werden. Bisher mussten Werbetreibende höhere Preise zahlen, während Verlage weniger Einnahmen erhielten – Kosten, die letztendlich bei den Verbrauchern landeten.
Wasserscheide für Big Tech
Diese Strafe reiht sich ein in eine weltweite Regulierungsoffensive gegen die Tech-Giganten. Mit dem Digital Markets Act und dem Digital Services Act hat die EU bereits neue Instrumente geschaffen, um die Macht der Internetkonzerne zu begrenzen.
Auch in den USA laufen ähnliche Kartellverfahren – ein koordinierter Angriff westlicher Behörden auf Googles Geschäftsmodell zeichnet sich ab.
Für den Alphabet-Konzern, der im kommenden Jahr über 180 Milliarden Euro Werbeerlöse erwartet, dürfte die Geldstrafe verkraftbar sein. Deutlich bedrohlicher sind die angedrohten Struktureingriffe.
60 Tage bis zur Entscheidung
Jetzt tickt die Uhr: Google hat zwei Monate Zeit, um überzeugende Reformvorschläge zu präsentieren. Die Antwort wird zeigen, ob der Konzern bereit ist, sein lukratives Wergegeschäft grundlegend zu ändern.
Parallel beginnt das Berufungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof – ein juristischer Marathon, der Jahre dauern könnte. Das Urteil wird wegweisend für die gesamte Digitalwirtschaft.
Für die Tech-Branche ist die Botschaft klar: Die Ära der lockeren Regulierung ist vorbei. Wer den Markt beherrscht, muss mit harten Eingriffen rechnen – bis hin zur Zerschlagung.