EU und Indonesien schließen historisches Handelsabkommen

Die Europäische Union und Indonesien haben heute nach neun Jahren intensiver Verhandlungen ein umfassendes Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (CEPA) unterzeichnet. Die in Bali geschlossene Vereinbarung soll Zölle drastisch reduzieren, Lieferketten für kritische Rohstoffe sichern und europäischen Unternehmen neue Märkte in Südostasiens größter Volkswirtschaft erschließen.
EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič und Indonesiens Wirtschaftsminister Airlangga Hartarto besiegelten nach 19 formellen Verhandlungsrunden seit 2016 den Deal. Das Abkommen verspricht europäischen Exporteuren jährliche Zolleinsparungen von rund 600 Millionen Euro. Für die EU ist es ein strategischer Schritt zur Diversifizierung ihrer Handelspartner – besonders in Zeiten wachsenden Protektionismus'.
Massive Zollsenkungen für beide Seiten
Das Herzstück des CEPA: Zölle auf 98,5 Prozent aller Waren fallen weg. Davon profitieren vor allem Schlüsselindustrien wie die Automobilbranche, die bisher Zölle von bis zu 50 Prozent zahlen musste. Auch Chemie-, Maschinenbau- und Pharmaunternehmen können aufatmen.
Der Agrarsektor sieht goldene Zeiten voraus. Europäische Milch-, Fleisch- und Obstexporte werden deutlich günstiger. Nur sensible Güter wie Reis und Bananen bleiben außen vor – ein Zugeständnis an lokale Produzenten.
Kampf um kritische Rohstoffe entschärft
Ein echter Coup für die EU: besserer Zugang zu Indonesiens Rohstoffschätzen. Das Land ist Weltmarktführer bei Nickel und verfügt über bedeutende Kobalt-, Kupfer- und Zinnreserven. Diese Metalle sind unverzichtbar für Batterien in Elektroautos und andere grüne Technologien.
"Eine stabile und berechenbare Versorgung mit diesen kritischen Materialien", nennt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Ziel. Angesichts der Abhängigkeit von China bei strategischen Rohstoffen dürfte das in Brüssel für Erleichterung sorgen.
Nachhaltigkeit als Bedingung
Das Abkommen kommt nicht ohne grüne Auflagen. Beide Seiten verpflichten sich zu verbindlichen Nachhaltigkeitsstandards und bekräftigen ihre Zusagen aus dem Pariser Klimaabkommen. Ein spezielles Palmöl-Protokoll soll nachhaltige Produktion fördern – Details bleiben allerdings unter Verschluss.
Die Einigung kommt zur rechten Zeit: Die EU hatte ihre Entwaldungsverordnung, die indonesische Palmölproduzenten hätte treffen können, um ein Jahr verschoben.
27 Milliarden Euro Handelsvolumen im Visier
Für Indonesien, die fünftgrößte ASEAN-Handelspartnerin der EU, öffnet sich der Zugang zu 450 Millionen europäischen Verbrauchern. Das bilaterale Handelsvolumen lag 2024 bei 27,3 Milliarden Euro – mit deutlichem Wachstumspotenzial.
Nach Singapur und Vietnam ist dies das dritte große EU-Handelsabkommen mit einem südostasiatischen Land. Der laufende WTO-Handelsstreit um Indonesiens Nickelexportverbot bleibt davon unberührt.
Ratifizierung bis 2027 geplant
Jetzt beginnt die bürokratische Hürdenfahrt: Juristische Prüfung, Übersetzung und Ratifizierung durch das Europäische Parlament, die EU-Mitgliedstaaten und das indonesische Parlament stehen an.
Beide Seiten peilen eine Implementierung bis Anfang 2027 an. Dann könnte das Abkommen tatsächlich die geopolitische Partnerschaft zwischen EU und Indonesien auf eine neue Stufe heben.