Die EU-Finanzminister haben heute offiziell ein Defizitverfahren gegen Österreich eingeleitet. Grund: Das Budgetdefizit liegt mit 4,7 Prozent des BIP deutlich über der erlaubten Drei-Prozent-Grenze.

Österreich muss bis zum 15. Oktober konkrete Sparmaßnahmen vorlegen. Es ist das zweite Mal seit der Finanzkrise 2008, dass die EU die Alpenrepublik zu einem strikten Konsolidierungskurs zwingt.

Staatsschulden steigen unaufhörlich

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Auch für 2025 prognostizieren Experten ein Defizit von 4,5 Prozent des BIP. Gleichzeitig explodieren die Staatsschulden. Sie stiegen per Ende März 2025 auf 412,6 Milliarden Euro - das entspricht 84,9 Prozent des BIP.

EU-Kommissar Valdis Dombrovskis bezeichnete die Lage als "klaren Fall für die Eröffnung eines Defizitverfahren". Die angestrebte Schuldenquote von 60 Prozent rückt damit in weite Ferne.

Finanzminister kündigt harten Sparkurs an

Jetzt beginnt die Phase der EU-Überwachung. Österreich muss alle sechs Monate über seine Fortschritte berichten. Finanzminister Markus Marterbauer verspricht: Die Regierung wird den Konsolidierungskurs durchziehen.

Das Sparvolumen soll drastisch steigen:
* 2025: 6,4 Milliarden Euro einsparen
* 2026: 8,7 Milliarden Euro einsparen
* Ziel: Verfahrensende bis 2028

Zwei Drittel der Maßnahmen sollen bei den Ausgaben ansetzen, ein Drittel bei den Einnahmen.

Ökonomen warnen vor Konjunktur-Crash

Führende Wirtschaftsforscher wie WIFO-Chef Gabriel Felbermayr unterstützen das Verfahren - aus einem überraschenden Grund: Es bietet mehr Flexibilität als ein radikaler Sparkurs. Doch die Gefahr bleibt groß.

Eine zu schnelle Defizitreduzierung könnte das ohnehin schwache Wirtschaftswachstum abwürgen. Hohe Energie- und Lohnkosten belasten bereits jetzt die heimische Industrie. Weniger Steuereinnahmen und mehr Arbeitslose würden das Budgetproblem weiter verschärfen.

Österreich nicht allein: Sieben EU-Länder betroffen

Die Alpenrepublik steht nicht allein am Pranger. Die EU-Kommission leitete bereits gegen sechs weitere Länder Defizitverfahren ein - darunter die Schwergewichte Frankreich und Italien.

Auch Belgien, Ungarn, Malta, Polen und die Slowakei kämpfen mit übermäßiger Verschuldung. Die Nachwirkungen von Pandemie und Energiekrise belasten europaweit die Staatsfinanzen.

Theoretisch drohen bei wiederholten Verstößen finanzielle Sanktionen. In der EU-Geschichte kam es dazu jedoch noch nie.

Drei Jahre bis zur Budgetsanierung

Die nächsten Monate werden entscheidend. Nach der Vorlage des Sparpakets bis Mitte Oktober bewertet Brüssel die Maßnahmen und legt den Reformpfad fest.

Für Bürger und Unternehmen bedeutet das: weitere Einsparungen und mögliche Steuererhöhungen stehen bevor. Die Politik muss einen schwierigen Spagat schaffen - sparen ohne die soziale Balance zu gefährden.

Der Weg bis 2028 wird zum Härtetest für Österreichs finanzpolitische Stabilität.