EU-Parlament: Textilhersteller müssen für Recycling zahlen

Das EU-Parlament hat die neue Abfallrahmenrichtlinie beschlossen. Erstmals werden Textilunternehmen europaweit zur Kasse gebeten - sie müssen künftig die Kosten für das Recycling ihrer Produkte übernehmen. Bei den Klimazielen hingegen blockiert die Politik.
Die Entscheidung markiert einen Wendepunkt für Millionen von Unternehmen: Wer Kleidung, Schuhe oder Haushaltstextilien in der EU verkauft, trägt ab 2028 die volle Verantwortung für deren Entsorgung. Das gilt auch für Online-Händler und Produzenten außerhalb Europas.
Fast Fashion wird teurer
Die im Oktober in Kraft getretene Richtlinie führt das "Verschmutzer-zahlt-Prinzip" für die gesamte Textilindustrie ein. Unternehmen müssen die Kosten für Sammlung, Sortierung und Recycling von Alttextilien übernehmen - ein direkter Angriff auf das "Fast Fashion"-Geschäftsmodell.
Die Mitgliedstaaten haben 30 Monate Zeit für die nationale Umsetzung. Bis April 2028 sollen die entsprechenden Systeme europaweit funktionieren. Frankreich und die Niederlande haben bereits ähnliche Programme und dienen als Blaupause.
Lebensmittelverschwendung: Ehrgeizige Sparziele
Parallel verschärft die EU den Kampf gegen Lebensmittelabfälle. Die neuen Vorgaben sind konkret:
- Industrie: 10 Prozent weniger Abfall in Verarbeitung und Herstellung bis 2030
- Handel und Gastronomie: 30 Prozent Reduktion pro Kopf
- Private Haushalte: Ebenfalls 30 Prozent weniger Verschwendung
Als Messlatte dienen die durchschnittlichen Abfallmengen von 2021 bis 2023. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie binnen 20 Monaten in nationales Recht umsetzen.
Klimaziel 2040 steckt in der Sackgasse
Während bei der Abfallwirtschaft Taten folgen, blockiert die Politik beim Klimaschutz. Das Parlament lehnte einen Eilantrag für das EU-Klimaziel 2040 ab - maßgeblich getrieben von der Europäischen Volkspartei und rechten Fraktionen.
Die Grünen fordern eine Treibhausgas-Reduktion um 90 bis 95 Prozent bis 2040. Andere Fraktionen zeigen sich uneins über die Höhe und die Anrechnung von Emissionsminderungen außerhalb der EU.
Zwei Geschwindigkeiten im Green Deal
Die jüngsten Entwicklungen offenbaren eine gespaltene EU-Umweltpolitik. Bei konkreten Einzelmaßnahmen wie der Textil-Regulierung geht es voran. Doch bei den großen strategischen Weichenstellungen bröckelt der Konsens.
Analysten warnen vor den Folgen der Klimaziel-Blockade: Ohne klare Vorgaben fehlt Unternehmen die Planungssicherheit für grüne Investitionen. Zudem droht die EU, bei der nächsten Weltklimakonferenz ohne verbindliches Zwischenziel dazustehen.
Wirtschaft unter Anpassungsdruck
Für Textilunternehmen beginnt jetzt der Countdown. In den kommenden zwei Jahren müssen sie ihre Produktgestaltung überdenken - Stichwort Recyclingfähigkeit und Langlebigkeit. Die Lebensmittelbranche steht vor ähnlichen Herausforderungen bei der Abfallvermeidung.
Die Klimapolitik bleibt dagegen ein Vabanque-Spiel. Die Verhandlungen ziehen sich voraussichtlich bis in den Herbst. Ohne Kompromiss schwächt die EU ihre Führungsrolle im globalen Klimaschutz erheblich.