EU-Entwaldungsverordnung: Kommission verschiebt Inkrafttreten um ein Jahr

Die EU-Kommission gibt dem massiven Widerstand nach und schlägt eine weitere Verschiebung der umstrittenen Entwaldungsverordnung vor. Das Gesetz soll nun erst Ende 2026 in Kraft treten – ein Jahr später als geplant.
Die Kritik aus Deutschland und Österreich zeigt Wirkung. Während das Ziel des globalen Waldschutzes breite Unterstützung findet, hagelt es weiterhin Proteste gegen die praktische Umsetzung. Politik und Wirtschaftsverbände fordern eine grundlegende Überarbeitung des "Bürokratiemonsters".
"Ein Gesetz für ein Problem, das wir nicht haben"
Österreichs Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig bringt die Kritik auf den Punkt: "Die EU hat ein Gesetz für ein globales Problem geschaffen, das wir in Europa gar nicht haben – und baut dafür einen massiven Bürokratieapparat auf." Er fordert ein sofortiges Aussetzen der Verordnung.
Die heimische Wirtschaft steht geschlossen hinter dieser Position. LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger will die Verordnung gleich ganz abschaffen, da sie für Länder wie Österreich keinen Sinn ergebe. Die österreichische Holzindustrie warnt vor negativen Folgen für die gesamte Wertschöpfungskette.
Bürokratischer Aufwand überfordert Unternehmen
Das Kernproblem liegt im Detail: Unternehmen müssen für Produkte wie Holz, Kaffee oder Rindfleisch eine lückenlose Rückverfolgbarkeit bis zum genauen Ursprungsgrundstück mittels Geodaten nachweisen. Viele fühlen sich von diesem Aufwand schlichtweg überfordert.
Zusätzlich kämpft die zentrale IT-Plattform der EU mit technischen Problemen. Felix Pakleppa vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe betont: Es dürfe nicht nur um Software-Reparaturen gehen, sondern um eine grundsätzliche Überarbeitung der Verordnung.
Null-Risiko-Kategorie als Ausweg?
Ein zentraler Lösungsvorschlag liegt auf dem Tisch: Eine "Null-Risiko-Kategorie" für Länder ohne Entwaldungsprobleme. Deutschland und Österreich – wo die Waldflächen sogar zunehmen – sollen von den strengen Auflagen befreit werden.
Die EU-Kommission stufte bereits alle EU-Staaten als "Low-Risk" ein. Doch die damit verbundenen "vereinfachten Sorgfaltspflichten" gehen Kritikern nicht weit genug. Sie fordern eine komplette Befreiung für nachweislich sichere Regionen.
Praxisferne Regelung belastet heimische Produzenten
Experten sehen die EUDR als Paradebeispiel einer gut gemeinten Regelung, die in der Praxis mehr schadet als nützt. Die Verordnung sollte eigentlich Importe aus Risikogebieten treffen, belastet nun aber vor allem heimische Produzenten mit funktionierenden Kontrollsystemen.
Diese Schieflage gefährdet ausgerechnet Klimaschutzbestrebungen: Der nachhaltige Rohstoff Holz wird durch bürokratische Hürden unattraktiver. Eine paradoxe Folge einer eigentlich klimafreundlichen Verordnung.
Zeit für Nachbesserungen bis 2026
Die gewonnene Zeit muss für inhaltliche Änderungen genutzt werden. Europaabgeordneter Alexander Bernhuber bezeichnet die Verschiebung als "wichtigen Schritt", fordert aber Mut zu echten Reformen von der Kommission.
Gelingt es, einen praxistauglichen Kompromiss zu finden? Die kommenden Monate werden zeigen, ob globaler Waldschutz und europäische Wirtschaftsinteressen unter einen Hut zu bringen sind. Der Vorschlag muss noch vom Europäischen Rat und Parlament formal angenommen werden.