EU-Defizitverfahren: Sieben Länder müssen sparen

Die EU zieht die Zügel an: Frankreich, Italien und fünf weitere Länder überschreiten die Schulden-Obergrenze deutlich. Nach Jahren der Corona-Ausnahmen kehrt Brüssel zur strikten Haushaltskontrolle zurück – und stellt die Regierungen vor ein Dilemma.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Frankreich weist ein Defizit von 5,5 Prozent auf, Italien sogar 7,4 Prozent. Damit liegen beide Schwergewichte weit über der im Maastricht-Vertrag festgelegten Drei-Prozent-Grenze. Die Folge: Im Juni leitete die EU-Kommission gegen insgesamt sieben Mitgliedstaaten Defizitverfahren ein.
Neben Frankreich und Italien trifft es Belgien, Ungarn, Malta, Polen und die Slowakei. Erstmals seit Jahren müssen die Regierungen wieder konkrete Sparpläne vorlegen – eine politische Zerreißprobe.
Neue Regeln, alter Konflikt
Die Verfahren laufen nach reformierten Regeln ab, die seit April 2024 gelten. Das Versprechen: mehr Flexibilität für Länder, die in Zukunftstechnologien investieren. Wer Reformen für Klimaschutz oder Verteidigung umsetzt, bekommt bis zu sieben Jahre für den Schuldenabbau.
Doch die Mathematik bleibt hart: Länder über der Drei-Prozent-Marke müssen ihr Defizit jährlich um mindestens 0,5 Prozentpunkte senken. Das schränkt die Spielräume für Investitionen massiv ein.
Wirtschaftsexperten sind gespalten. Während einige die Verfahren als notwendigen Schritt für die Euro-Stabilität sehen, warnt das Institut für Makroökonomie vor einer Verschärfung der Investitionsschwäche in Europa.
Der politische Drahtseilakt beginnt
Bis zum Frühherbst müssen die betroffenen Staaten ihre mittelfristigen Haushaltspläne einreichen. Was folgt, ist ein monatelanger Verhandlungsmarathon zwischen nationalen Regierungen und Brüssel.
Frankreichs Regierung steht besonders unter Druck: Präsident Macron muss Sparmaßnahmen durchsetzen, ohne seine politische Basis zu verlieren. Italiens Ministerpräsidentin Meloni jongliert zwischen EU-Verpflichtungen und innenpolitischen Versprechen.
Der Ausgang wird zeigen, ob die EU ihre eigenen Regeln glaubwürdig durchsetzen kann. Theoretisch drohen hohe Geldstrafen – verhängt wurden sie in der Geschichte des Stabilitätspakts allerdings noch nie.
Investieren oder sparen?
Im Zentrum steht eine fundamentale Frage: Wie soll Europa gleichzeitig seine Schulden abbauen und die notwendige Transformation finanzieren? Grüne Technologien, Digitalisierung und Verteidigung verschlingen Milliarden, während die Haushalte bereits überdehnt sind.
Deutschland pocht auf Regeltreue und Finanzstabilität. Andere EU-Länder warnen vor einem Sparkurs, der die fragile Konjunktur abwürgen könnte.
Die kommenden Monate werden entscheidend: Bis Ende des Jahres will der EU-Rat die finalen Beschlüsse fassen. Dabei geht es um mehr als nur Haushaltsposten – es geht um die Zukunft der europäischen Einheit.