BÖRSE EXPRESS: Wie sind Sie mit der Nachfrage-Entwicklung im Bereich nachhaltiger Geldanlagen zufrieden und was sind die größten zukünftigen Herausforderungen im Bereich dieses Anlagesegments?

GEORG LEMMERER: Wir sind mit der Entwicklung zufrieden, sehen aber weiterhin großes Potenzial: die Wachstumsraten vor allem in Österreich im Bereich nachhaltiger Geldanlagen sind durchaus erfreulich. So werden laut FNG Marktbericht 2018 rund 14,63 Milliarden Euro in nachhaltigen Investmentfonds und Mandaten verwaltet, das sind rund 8 Prozent des Gesamtmarktes. Im Vergleich dazu sind es in Deutschland zwar absolut gesehen mit 92,1 Mrd. Euro mehr, relativ allerdings ist der Anteil mit 3 Prozent des Gesamtmarktes viel geringer als hierzulande. Sehr stark wird dies von Institutionellen Anlegern getragen. Wir verzeichnen jedoch auch steigendes Interesse aus dem Privatkundenbereich, vor allem natürlich interessiert sich die jüngere Generation für das Thema Nachhaltigkeit.

Über allem sehen wir den eindeutigen Trend im Bereich Ethik und Nachhaltigkeit: ESG (Environment, Social and Governance) wird in den kommenden Jahren ein integraler Bestandteil in den Investment- und Analyseprozessen auf breiter Ebene. Die Einbeziehung von ethisch-nachhaltigen Kriterien bei der Bewertung von Unternehmen wird so selbstverständlich, wie heute z.B. die Bilanzanalyse. Ethisch-nachhaltige Kriterien werden in unterschiedlicher Ausprägung in der Auswahl von Investments verankert werden. Unsere Aufgabe sehen wir darin, diese Transformation aktiv zu unterstützen, unsere Kunden laufend zu beraten, um unserer Vorreiterrolle weiterhin am Markt gerecht zu werden.

Die größten Herausforderungen sehen wir zum einen in der Vielzahl an Produkten mit unterschiedlichen Ansätzen und Nachhaltigkeitsdefinitionen. Die Etablierung eines einheitlichen Mindeststandards, der sozusagen eine Basis für nachhaltige Investments schafft, könnte für Investoren eine gewisse Vergleichbarkeit und Transparenz ermöglichen, hier wird bereits auf EU-Ebene daran gearbeitet.

 

BÖRSE EXPRESS: Schelhammer & Schattera ist österreichischer Pionier im Bereich nachhaltiger Anlagen. Schildern Sie uns bitte kurz die wichtigsten Prinzipien und Ansätze, die das Bankhaus auf diesem Gebiet anwendet.

GEORG LEMMERER: Schelhammer & Schattera beschäftigt sich mit dem Thema nachhaltige Geldanlage seit Jahrzehnten. Der verantwortungsvolle Umgang mit dem Geld unserer kirchlichen, institutionellen und privaten Kunden ist uns ein großes Anliegen. In der ethisch-nachhaltigen Geldanlage bieten wir bereits seit Jahren als einziger Anbieter Österreichs eine umfassende ethisch-nachhaltige Produktpalette vom Sparbuch bis zur Vermögensverwaltung an.

Ziel der nachhaltigen Geldanlage ist es, nur in jene Unternehmen zu investieren, die ihre soziale Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und Kunden wahrnehmen, eine verantwortungsvolle und zukunftsfähige Unternehmensführung etabliert haben, sowie Menschen- und Umweltrechte respektieren. Kunden, die sich für ein nachhaltiges Investment entscheiden, wollen sicher gehen, dass nur ethische und nachhaltige Titel im Portfolio sind. Bei uns können sie das: wir haben einen strikten mehrstufigen Auswahlprozess und arbeiten mit einer der weltweit größten Research Agenturen (ISS-oekom) zusammen. Unter dem Markennamen SUPERIOR werden Investment Fonds angeboten, die allesamt zu 100 Prozent ethisch bzw. nachhaltig ausgerichtet sind. Die ersten Fonds wurden bereits 1989 aufgelegt und setzen ihren erfolgreichen Kurs in der nachhaltigen Geldanlage bis heute fort.

 

BÖRSE EXPRESS: Sie sind davon überzeugt, dass der ethisch-nachhaltige Investmentprozess einen Mehrwert generiert. Was ist darunter zu verstehen?

GEORG LEMMERER: Stimmt, wir sind davon mehr als überzeugt, dass gerade die zusätzlichen Kriterien zu sozialen und umweltbezogenen Leistungen dabei helfen, das komplexe Geflecht von Chancen und Risiken eines Wertpapiers umfassender zu verstehen.

 

BÖRSE EXPRESS: In wie ferne kann man Risikomanagement mit Hilfe der Nachhaltigkeitsanalyse betreiben? Erklären Sie dies bitte anhand von Beispielen aus der Praxis.

GEORG LEMMERER: Für uns stellt die Nachhaltigkeitsanalyse eine logische Erweiterung zur klassischen Finanzanalyse dar. Wir betrachten hierbei nicht nur das reine Zahlenwerk, sondern schauen viel tiefer in das Unternehmen hinein, auch ESG-Analyse genannt, welche sich aus 100 branchenspezifisch ausgewählten sozialen und ökologischen Kriterien zusammensetzt. Am Ende steht ein Gesamtrating. Es hat sich gezeigt, dass Anleihen von Unternehmen mit einem sehr starken ESG-Rating weniger häufig von Downgrades betroffen sind. Darüber hinaus identifizieren wir Unternehmen, deren Geschäftsfelder eher risikobehaftet sind. Jüngstes Beispiel ist die Übernahme von Monsanto durch Bayer. Da wir das Geschäftsfeld von Monsanto als problematisch ansehen, waren als Konsequenz Aktien und Anleihen von Bayer nicht mehr investierbar bzw. mussten gegebenenfalls deinvestiert werden. Die Kursbewegung der Bayer-Aktie aufgrund eines Gerichtsurteils und möglicher zukünftiger Klagen gegen Monsanto gab unserer Analyse recht. Zusammenfassend lässt sich sagen, die ESG-Analyse ist viel mehr in die zukünftige Entwicklung inklusive ihrer Risiken gerichtet, in Kombination mit der klassischen Finanzanalyse - ein optimales Werkzeug.

 

BÖRSE EXPRESS: Ihr Nachhaltigkeitsansatz inkludiert auch Engagement, also den direkten Dialog mit Unternehmen. Wie gehen Sie dabei vor und was haben Sie dabei bisher erreicht?

GEORG LEMMERER: Engagement ist neben der Anwendung unserer definierten Ausschlusskriterien und dem hausinternen Best in Class Ansatz eine der zentralen Säulen in unserer Nachhaltigkeitsarbeit. Der aktive Dialog mit Unternehmen hilft dabei Missstände und Verbesserungspotenziale auf zu zeigen und konkrete Lösungsvorschläge zu diskutieren. Zusätzlich nutzen wir Engagement-Plattformen wie CRIC (Anm.: Corporate Responsibility Interface Center, ist die größte Investorengemeinschaft zur Förderung von Ethik und Nachhaltigkeit bei der Geldanlage im deutschsprachigen Raum) & UN PRI (Anm. UN Principles for Responsible Investment, ist eine Investoreninitiative in Partnerschaft mit der Finanzinitiative des UN-Umweltprogramms UNEP und dem UN Global Compact), um hier gemeinsam mit anderen Institutionen als aktive Investoren stärker aufzutreten. Tauchen Missstände von unserem Partner ISS - oekom bei Unternehmen auf, wird intern die Recherche vertieft durchgeführt. Nach Prüfung sämtlicher Quellen und der genauen Vorfälle, wird mit einem Anschreiben Kontakt zu den Unternehmen aufgenommen. Diese haben dann die Möglichkeit Stellung zu beziehen. Gemeinsam mit dem Ethikbeirat wird diese Stellungnahme besprochen und die weitere Vorgehensweise festgesetzt. Als Konsequenz kann es auch zum Ausschluss des Unternehmens aus unserem Investmentuniversum kommen. Eine direkte Wirkung lässt sich schwer in konkreten Zahlen gießen, aber die Reaktionen der Unternehmen zeigen, dass das Thema Engagement durchaus ernst genommen wird. Je größer der öffentliche Druck und Reputationsverlust, desto eher werden Unternehmen reagieren und versuchen zukünftiges Fehlerverhalten zu vermeiden. Dies kann ultimativ dazu führen, dass Kreditgeber skeptischer über die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens urteilen und dessen Refinanzierungskosten steigen. Als Beispiele können wir hier die erfolgreich abgeschlossenen Engagement-Fälle im Bereich Menschen- und Arbeitsrechte bei Adidas und der Deutschen Post DHL Group nennen.

Georg Lemmerer

 

BÖRSE EXPRESS: Ziel des internationalen Mischfonds Superior 3 - Ethik ist eine dynamische Allokation von Aktien und Anleihen sowie Anleihekategorien. Warum wird die Aktienquote aktuell mit 20 Prozent begrenzt?

ALFRED KOBER: Mit dem Superior 3 - Ethik bieten wir dem konservativen Investor eine sinnvolle Veranlagungslösung bei zugleich sehr überschaubarem Schwankungsrisiko. Bei der Konzeption der Veranlagungsstrategie haben wir die Aktienquote strategisch mit 20 Prozent begrenzt, um das Risikoprofil des Fonds bewusst unter dem klassisch konservativen Mischfonds zu halten. Der Superior 3 - Ethik eignet sich demnach besonders auch für Anleger, die bisher in Anleihen investiert waren und aufgrund des globalen Niedrigzinsumfeldes eine realistische Lösung zur Erhaltung und Steigerung des Realwertes ihres Kapitals suchen. Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen ist dieses Ziel mit Anleihen hochwertiger Schuldner nur schwer zu erreichen und setzt definitiv eine etwas höhere Risikotoleranz voraus.

 

BÖRSE EXPRESS: Das strategische Dach des Anleihefondsmanagements der Security KAG stellt E-FIXIS - Enhanced Fixed Income Strategy - dar. Was versteht man darunter?

ALFRED KOBER: Ein Grundpfeiler unserer Investmentphilosophie ist das Arbeiten frei von subjektiven Prognosen. Unsere Ertragserwartungen lassen sich aus den aktuellen Marktgegebenheiten ableiten, sind objektiv und absolut nachvollziehbar. So beruht unsere Arbeit im Bereich der Anleihen auf unserer Fixed-Income-Strategie, die wir seit 2004 und mittlerweile in sämtlichen selbst gestionierten Mandaten umsetzen – vom Mündelfonds bis hin zu Emerging-Markets-Produkten. Der Track Record und das gute Performancerating unserer Fonds zeigen, dass wir mit unserer Fixed-Income Strategie einen erkennbaren Mehrwert für unsere Investoren generieren konnten.

In unseren jahrzehntelangen Erfahrungen im Management von Rentenportfolios ziehen wir den Schluss, dass sich künftige Returns sehr gut über die aktuellen Renditeverhältnisse ableiten lassen. Dabei erweitern wir diese Ausgangsbasis um objektive Komponenten, die diese Renditeerwartung systematisch mitbeeinflussen. So ist es uns möglich, Anleihen mit unterschiedlichster Ausgestaltung objektiv miteinander zu vergleichen. Aktuell umfasst unser Anleiheuniversum weit über 15.000 Obligationen aus denen wir für unsere Kunden systematisch und unter Einhaltung der definierten Rahmenbedingungen die attraktivsten wählen. Veränderungen einzelner Faktoren wie die Zinskurvenform, Währungssicherungskosten etc. haben dabei einen wesentlichen Einfluss auf die Positionierung und Aktivität im Fonds. Die Umsetzung der E-FIXIS erfolgt systematisiert und kontinuierlich.

 

BÖRSE EXPRESS: Für Ihr Portfolio investieren Sie nur in sozial und ökologisch verantwortungsvolle Unternehmen und Länder. Umreißen Sie bitte dazu den mehrstufigen Auswahlprozess anhand von zwei Top-Positionen - eine Aktie, eine Anleihe - in Ihrem Portfolio.

ALFRED KOBER: Im Bereich der Nachhaltigkeit besteht seit vielen Jahren eine sehr intensive Zusammenarbeit mit unserem Partner ISS-oekom, dem Marktführer in der DACH-Region. Bei der Zusammensetzung des investierbaren Wertpapieruniversums orientieren wir uns an einigen Kriterien-Sets, wie etwa den strengen Mindesterfordernissen im Rahmen des „Österreichischen Umweltzeichens“, und erweitern dieses Ausschlussverfahren (Negativscreening) um einen Best-in-Class Ansatz, der das Titel- und Emittentenuniversum nach Faktoren der Nachhaltigkeit sortiert. Hier ist die enge Zusammenarbeit mit Schelhammer & Schattera besonders hervorzuheben. Ein bei Schelhammer & Schattera eingerichteter unabhängiger und ehrenamtlicher Ethikbeirat mit Persönlichkeiten aus den christlichen Kirchen, Wirtschaft und Wissenschaft berät die Security KAG hinsichtlich der Nachhaltigkeitskriterien. Abgerundet wird dieser Prozess durch punktuelle Engagement-Maßnahmen, mit denen wir versuchen Verbesserungen im Sinne der Nachhaltigkeit zu erwirken.

Der Superior 3 - Ethik investiert ausschließlich in Wertpapiere, die über ein überdurchschnittliches Nachhaltigkeitsrating in ihrer spezifischen Branche verfügen. Aktienseitig kann an dieser Stelle sicherlich die Verbund AG genannt werden. Das österreichische Stromunternehmen besticht durch seinen fast einzigartigen Energiemix, der sich weitestgehend aus klimafreundlicher erneuerbarer Wasserkraft zusammensetzt sowie durch die weitreichende Integration des Umweltgedankens in die Prozessebene des Unternehmens. In den letzten beiden Jahren wurden Investoren mit kräftigen Kursgewinnen belohnt. Anleiheseitig weisen nach wie vor Schuldtitel der baltischen Länder einen fairen Trade-Off zwischen Ertrag und Nachhaltigkeit auf. Aufgrund der Größe dieser Märkte sind allerdings Risikobeschränkungen eine absolute Notwendigkeit

 

BÖRSE EXPRESS: Welchen Stellenwert hat die klassische Finanzanalyse in diesem Investmentprozess?

ALFRED KOBER: Wir setzen unsere Prozesse sehr systematisch um und versuchen unsere Ressourcen schwerpunktmäßig in die Entwicklung von Investmentstrategien zu legen. Die Exekution der Strategien erfolgt routiniert und mit Unterstützung technologischer Werkzeuge, die wir größtenteils hausintern entwickeln. Die klassische und oft subjektive Einzeltitelanalyse hat in der Security KAG einen sehr untergeordneten Stellenwert. Was den Fonds betrifft, konzentrieren wir uns vorrangig auf Solvenz-/Betrugsrisiken im gleichgewichteten Aktienportfolio und versuchen Anleiheseitig stets, nach Ertrags-/Risikogesichtspunkten, nahe am Optimum positioniert zu sein.

 

BÖRSE EXPRESS: Wie oft werden die Unternehmen/Emittenten auf ihren nachhaltigen Status überprüft bzw. mussten Sie in den letzten Monaten Desinvestments durchführen, weil sich die Nachhaltigkeitsbewertung verschlechtert hat?

ALFRED KOBER: Der Zugang zur Datenbank von ISS-oekom ermöglicht uns, die Veränderungen von Nachhaltigkeitsratings in Echtzeit zu verfolgen. In der Regel sind Ratingänderungen sehr träge und verändern sich oft über Jahre hinweg nicht. Angesichts dessen passen wir unsere Nachhaltigkeitsfonds zumindest im Quartalsintervall oder häufiger an. Der Diversifikationsgedanke ist in unseren Fonds tief integriert und somit sind die Portfolios in der Regel breit aufgesetzt. Handelsaktivitäten aufgrund von Änderungen des Nachhaltigkeitsratings kommen regelmäßig vor und sind Bestandteil der Managementroutine. Angesichts dessen wurden auch in den letzten Monaten Titel aufgrund einer Verschlechterung der Nachhaltigkeitsbewertung abgebaut.

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