Deutschland und Österreich erleben eine dramatische Transformation des Gewerbeimmobilienmarktes. ESG-Kriterien entscheiden mittlerweile über Erfolg oder Scheitern ganzer Standorte. Während nachhaltige Gebäude Preisaufschläge erzielen, droht nicht-konformen Objekten der massive Wertverlust.

Nachhaltige Gebäude kosten 16 Prozent mehr

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Zertifizierte Büroimmobilien erzielen Mietaufschläge von bis zu 10 Prozent. Bei den Bewertungen liegen sie sogar 14 bis 16 Prozent über vergleichbaren, nicht nachhaltigen Objekten.

32 Prozent der europäischen Investoren zahlen bereits heute einen Aufpreis für ESG-konforme Immobilien. Mehr als die Hälfte von ihnen akzeptiert sogar Mehrkosten bis zu 20 Prozent, wie eine aktuelle CBRE-Studie zeigt.

Der Grund: Die EU-Taxonomie-Verordnung und die EU-Gebäuderichtlinie verschärfen den Druck massiv. Ab 2030 müssen Neubauten CO₂-neutral sein, der gesamte Gebäudebestand soll bis 2050 klimaneutral werden.

75 Prozent des Bestands in Gefahr

Für nicht-ESG-konforme Gebäude wird es brenzlig. Experten schätzen ihren Anteil am Gesamtbestand auf bis zu 75 Prozent. Sie alle riskieren, zu sogenannten "Stranded Assets" zu werden – Immobilien, die vorzeitig an Wert verlieren.

Die Branche spricht daher nicht mehr von einem "Green Premium" für nachhaltige Gebäude, sondern von einem "Brown Discount" für den Rest.

Brownfields boomen: Fast 50 Prozent Marktanteil

Parallel entwickelt sich ein neuer Trend: die Revitalisierung von Industriebrachen. Diese sogenannten Brownfield-Entwicklungen erreichen in Deutschland voraussichtlich fast 50 Prozent des gesamten Fertigstellungsvolumens bei Unternehmensimmobilien.

Warum Brownfields so attraktiv sind:
* Keine weitere Flächenversiegelung
* Beseitigung von Altlasten
* Städtebauliche Aufwertung
* Neue Nutzungs- und Mischkonzepte

Die Herausforderungen: komplexe Genehmigungsverfahren, potenzielle Altlasten und hohe ESG-Anforderungen.

Banken verschärfen die Kreditvergabe

Der Finanzsektor zieht mit. Banken integrieren ESG-Risiken zunehmend in ihre Kreditvergabe. In Österreich stieg die Quote notleidender Kredite bei Gewerbeimmobilienfinanzierungen bereits auf 5,4 Prozent.

Viele institutionelle Investoren, besonders aus Deutschland, prüfen Objekte ohne ESG-Konformität gar nicht mehr. Die Folge: Immobilien mit hohem Sanierungsbedarf lassen sich nur noch mit erheblichen Preisabschlägen verkaufen.

Gebäudesektor verursacht 40 Prozent der CO₂-Emissionen

Die Transformation ist kein vorübergehender Trend. Der Gebäudesektor verantwortet rund 40 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen – der Handlungsdruck ist enorm.

Besonders kritisch: Ein Großteil der vor 2000 errichteten Unternehmensimmobilien muss saniert werden. Die EU fordert bis 2030 die Sanierung der 16 Prozent der Nichtwohngebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz.

Gesundheit wird zum Verkaufsargument

Künftig gewinnen auch soziale Faktoren an Bedeutung. 67 Prozent der europäischen Investoren und Nutzer zahlen bereits heute mehr für Gebäude, die die Gesundheit der Mitarbeiter fördern.

Die Gewinner dieser grünen Revolution: Akteure mit ganzheitlichem ESG-Ansatz, die in die Zukunftsfähigkeit ihrer Portfolios investieren – durch Sanierung oder nachhaltige Brownfield-Entwicklung.