Irrtum 1: Ehegatten sind die alleinigen Erben

Ein verbreiteter Irrglaube besteht darin, dass ein Ehepartner den gesamten Nachlass des verstorbenen Partners allein erbt. Dies trifft jedoch nur in Ausnahmefällen zu. In einer kinderlosen Ehe gehen möglicherweise auch noch lebende Elternteile oder, ersatzweise, Geschwister des Verstorbenen in die Erbfolge ein. In diesem Fall steht dem Ehepartner lediglich drei Viertel des Nachlasses zu. Ist die Ehe nicht kinderlos, sondern sind Nachkommen vorhanden, erbt der überlebende Ehepartner nur die Hälfte des Nachlasses.

Laut dem Anwalt für Erbrecht aus Freiburg S. Jönsson kann lediglich ein Testament oder Erbvertrag den überlebenden Ehepartner als Alleinerben einsetzen. Selbst dann haben die Kinder oder noch lebende Elternteile des Verstorbenen jedoch Anspruch auf ihren Pflichtteil. Ohne formellen Ehestatus, wie im Falle einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft, besteht kein gesetzliches Erbrecht. In diesem Fall ist ein Testament erforderlich, um Erbansprüche geltend machen zu können.

Irrtum 2: Undankbare Kinder können komplett enterbt werden

Ein weit verbreitetes Missverständnis ist die Annahme, dass Eltern ihre Kinder vollständig enterben können, wenn diese ihren Erwartungen nicht entsprechen. Tatsächlich haben Kinder immer Anspruch auf einen Pflichtteil des Nachlasses, unabhängig von der Qualität der Beziehung zu den Eltern. Dieser Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils und muss in bar ausgezahlt werden.

Selbst wenn die Eltern in ihrem Testament andere Begünstigte, wie zum Beispiel gemeinnützige Organisationen, einsetzen, bleibt der Pflichtteilsanspruch der Kinder bestehen. Eine vollständige Enterbung ist nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich, etwa bei schwerwiegenden Vergehen der Kinder gegen die Eltern.

Irrtum 3: Ohne Notar ist ein Testament ungültig

Es herrscht oft die falsche Annahme, dass ein Testament nur dann gültig ist, wenn es von einem Notar beurkundet wurde. Tatsächlich kann ein Testament auch privatschriftlich verfasst werden und ist dennoch rechtskräftig. Voraussetzung für die Wirksamkeit eines privatschriftlichen Testaments ist, dass es vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben wird.

Ein Ehegattentestament erfordert, dass ein Ehegatte das Testament handschriftlich verfasst und beide Ehegatten es anschließend unterschreiben. Wichtig ist, dass die Unterschrift den Vor- und Nachnamen des Erblassers enthält. Zusätzlich sollten Datum und Ort der Niederschrift im Testament vermerkt werden.

Irrtum 4: Geerbte Schulden können abgelehnt werden

Das Erben sollte nicht vorschnell als uneingeschränkte Freude betrachtet werden. Häufig bestehen neben wertvollen Hinterlassenschaften wie Schmuck, Aktien und Kunstgegenständen auch Schulden und Verbindlichkeiten, die übernommen werden müssen. Eine selektive Übernahme von Vermögenswerten ohne die damit verbundenen Schulden ist rechtlich nicht möglich. Wer also Schulden erbt, ist verpflichtet, für diese zu haften.

Es gilt der Grundsatz: Alles oder nichts. Wenn der Nachlass nach Abwägung als Belastung erscheint, kann das Erbe ausgeschlagen werden. Hierfür steht jedoch nur eine Frist von sechs Wochen zur Verfügung. Diese Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem der Erbe vom Tod des Erblassers erfährt, oder, bei Vorliegen eines Testaments oder Erbvertrags, ab der Eröffnung der Verfügung. Wird die Frist versäumt, gilt das Erbe automatisch als angenommen.

Irrtum 5: Pflichtteil bedeutet Anspruch auf bestimmte Nachlasswerte

Pflichtteilsberechtigte, etwa die Kinder des Erblassers, haben keinen Anspruch darauf, dass ihnen bestimmte Gegenstände oder Vermögenswerte aus dem Nachlass zugeteilt werden. Der Pflichtteil stellt lediglich einen Zahlungsanspruch dar, der in Form von Bargeld zu erfüllen ist. Es liegt im Ermessen des Erben, ob er bereit ist, anstelle der Geldzahlung bestimmte Nachlasswerte zu übertragen. Diese Entscheidung erfolgt freiwillig und kann nicht eingefordert werden.

Irrtum 6: Getipptes Testament genügt den Anforderungen

Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass ein am Computer erstelltes Testament gültig sei. Dies ist jedoch nicht der Fall. Ein Testament muss vollständig handgeschrieben sein, damit es rechtlich Bestand hat. Dies kann jeder selbst erledigen; die Einschaltung eines Notars oder Anwalts ist nicht erforderlich. Es empfiehlt sich jedoch, sich vorher gründlich zu informieren, um sicherzustellen, dass das Vermögen rechtssicher vererbt wird.

Getippte Testamente sind ungültig, und das Beifügen getippter Listen zu einem handgeschriebenen Testament kann dessen Wirksamkeit gefährden. Es ist auch nicht erlaubt, eine andere Person das Testament schreiben zu lassen, selbst wenn die eigene Handschrift unleserlich ist. Eine Ausnahme bildet das gemeinschaftliche Testament: Hier darf ein Ehepartner den Text verfassen, beide müssen jedoch ihre Unterschrift daruntersetzen, idealerweise auf jeder Seite.

Irrtum 7: Das Nachlassgericht regelt die Nachlassteilung

Das Nachlassgericht ist primär für die Eröffnung der letztwilligen Verfügung des Erblassers, wie Testamente oder Erbverträge, zuständig. Zudem erteilt es auf Antrag Erbscheine, in denen lediglich die Erbquoten festgelegt werden, nicht jedoch die genaue Aufteilung des Nachlasses. Wenn sich die Erben über die Aufteilung nicht einigen können, müssen sie eine Erbteilungsklage beim Landgericht einreichen. Nur wenn zwischen den Miterben Einigkeit besteht, kann das Nachlassgericht auf Antrag einen Teilungsplan erstellen. Pflichtteilsberechtigte müssen ihre Ansprüche selbst berechnen und durchsetzen. Bei Uneinigkeit mit den Erben ist eine Pflichtteilsklage vor dem Landgericht erforderlich, da das Nachlassgericht in diesem Prozess keine Unterstützung bietet.

Irrtum 8: Betreute Personen können kein Testament erstellen

Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass eine Person unter Betreuung nicht mehr in der Lage ist, ein Testament zu errichten. Auch unter Betreuung bleibt die Testierfähigkeit grundsätzlich erhalten. Ein Betreuer muss weder um Erlaubnis gefragt noch seine Zustimmung eingeholt werden, um ein Testament zu verfassen. Laut den Gesundheitsexperten von med-mag.de entfällt die Testierfähigkeit dann, wenn die Betreuung aufgrund der psychischen Situation des Betreuten auch die vermögensrechtlichen Angelegenheiten umfasst. Daher ist es ratsam, ein Testament rechtzeitig zu errichten, falls absehbar ist, dass eine Betreuung in Zukunft notwendig wird.