Warum hebt der chinesische IPO-Markt ab?

Um es vorwegzunehmen, der globale IPO-Markt 2022 konnte das Rekordjahr 2021 nicht entfernt erreichen. Dies gilt sowohl für amerikanische als auch chinesische Unternehmen. Dennoch liegt der Fokus ganz klar bei China. 

Der globale IPO-Markt verzeichnete 2022 insgesamt nur 992 IPOs, die 146 Milliarden US-Dollar einwarben, was einem Rückgang von knapp 50 % entspricht. Der Technologiesektor war weiterhin führend in Bezug auf die Anzahl der IPOs, obwohl die durchschnittliche Transaktionsgröße auch hier zurückging. Mit Erlösen von über 176 % konnte der Energiesektor den größten Anstieg verzeichnen.

Wenn es um IPO-Aktivitäten geht, ist China nach wie vor der Weltmotor. Denn trotz der Zunahme von Antragsrücknahmen im Rahmen eines Überprüfungsprozesses konnte sich die IPO-Aktivität wieder normalisieren. Dies gilt nicht nur für Festlandchina, sondern auch für Hongkong, das im dritten Quartal 2022 einen kleinen Höhepunkt verzeichnen konnte.

Dies lässt sich vornehmlich auf die starke Unterstützung der Regierungspolitik zurückführen, wodurch sich der asiatisch-pazifische Markt im Verhältnis zum Westen besser entwickeln konnte. Auf den asiatisch-pazifischen Raum entfielen 61 % der IPO-Zahlen und 69 % der weltweiten Erlöse aus IPOs, wobei fünf der 10 wichtigsten IPOs seit Jahresbeginn aus dieser Region stammen.

Nach der IPO-Anzahl belegten die Börsen von Shenzhen und Shanghai mit 148 bzw. 119 Abschlüssen den ersten und zweiten Platz. Mit Erlösen von 47,5 Mrd. US-Dollar bzw. 26,0 Mrd. US-Dollar waren Shanghai und Shenzhen ebenfalls die beiden größten Börsen.

(Abbildung: BloombergLaw)

Warum bleibt der amerikanische IPO-Markt zurück?

Während der chinesische Markt auf Überholspur ist, sieht es in westlichen Volkswirtschaften ein wenig anders aus. Insgesamt haben nur 156 Unternehmen in diesem Jahr ihre Aktien an der Börse notiert und fast 15 Milliarden US-Dollar eingeworben –  weit entfernt von den 743 Unternehmen, die 180 Milliarden US-Dollar im Rekordjahr 2021 einwerben konnten.

Shanna Strauss-Frank, stellvertretende Vertriebsleiterin bei Freedom Finance Deutschland, sagt hierzu Folgendes: „Damit Unternehmen das Vertrauen in einen Börsengang zurückgewinnen können, muss in erster Linie der Abwärtstrend der Inflation eintreten. Da die Fed die Zinsen vor dem Hintergrund einer hohen Inflation anhebt, wirkt sich dies negativ auf die Bewertung von Unternehmen aus dem Wachstumssektor aus, da die künftigen diskontierten Gewinne unter Druck geraten. Mit anderen Worten, unter der Annahme, dass die langfristigen Anleiherenditen zu fallen beginnen, könnte die Lockerung der Fed zu einem Ende des Rotationszyklus von Wachstums- und Value-Stocks führen. All dies könnte die Marktvolatilität verringern und das Marktinteresse an Börsengängen erneuern.“

(Abbildung: Reuters)

Mehrere Faktoren haben den Markt im letzten Jahr volatiler gemacht und die Performance beeinträchtigt, darunter steigende Inflation und Zinssätze, aufflammende geopolitische Spannungen mit Russland und China sowie das Covid-19-Management. Hier wird es noch einige Zeit dauern, bis sich die Wogen wieder geglättet haben. 

Die Entwicklung in den USA kann hierbei auch für den europäischen Markt nicht unterbewertet werden, denn die Geschichte zeigt, dass sich zuerst der amerikanische IPO-Markt wieder öffnet, bevor der europäische Markt nachzieht. Dies lässt sich auch dadurch erklären, dass die Risikobereitschaft auf amerikanischen Märkten größer als in Europa ist. Dennoch sind auch im Jahre 2023 einige vielversprechende Unternehmen in Deutschland im Gespräch, denen wir uns im nächsten Abschnitt widmen werden.

Ein Ausblick 2023 auf den deutschen IPO-Markt

Die Diskussion macht deutlich: 2023 können sich deutsche Anleger zwar auf eine Verbesserung der Wirtschaftslage, nicht aber auf einen neuen IPO-Boom freuen, denn eine schleppende Wirtschaft und steigende Zinsen sind keine guten Voraussetzungen für den IPO-Markt.

Viele Firmen zögern weiterhin, den Börsengang zu wagen. Das bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass es nicht auch hier einige vielversprechende Unternehmen gibt, die auch in turbulenten Zeiten in den Startlöchern stehen. 

Bereits im Frühjahr 2023 könnte Cloud-Anbieter Ionos den Börsengang wagen. Gerüchten zufolge könnte das Unternehmen schon im Februar an die Börse gehen, wenn sich bis dahin die Märkte weiter stabilisiert haben. 

Zu den weiteren IPO-Kandidaten zählen auch Schott Pharma oder DKV Mobility, denen ebenfalls gute Erfolgschancen nachgesagt werden. Ein weiteres Highlight ist jedoch Thyssen-Krupps Wasserstoffunternehmen Nucera. Mit Wasserstoff- und weiteren grünen Lösungen gilt der Konzern als zukunftsweisend, was sich auch an der Börse bemerkbar machen wird. 

Das bedeutet, auch wenn es derzeit noch nicht nach einem starken Jahr 2023 aussieht, sollten sich Anleger dennoch bereithalten. Der Porsche IPO hat gezeigt, dass selbst schwache Jahre rekordverdächtige IPOs bereithalten können.

Wer die Augen offen hält und fernab der deutschen Börsen über den Atlantik oder nach Fernost schaut, hat optimale Möglichkeiten, mit starken Unternehmen hohe Renditen zu erzielen.