Erst gegen Ende des Konjunkturzyklus, wenn die Fed die Wirtschaft abkühlen will, können steigende Zinsen den Aktienkursen schaden“, sagt Jim Lovelace, Principal Investment Officer der Strategie „Capital Income Builder“. Meist stehen steigende Zinsen lediglich für eine starke und dynamische Wirtschaft. Im Vergangenheitsvergleich ist der derzeitige US-Zehnjahreszins mit etwa drei Prozent sehr moderat. „Für mich ist er kein Hinweis darauf, dass die Fed die Konjunktur bremsen oder die Inflation dämpfen will. Zinsen von vier bis fünf Prozent wären vermutlich problematisch. Moderat steigende Zinsen halte ich aber für kein großes Problem für die Aktienmärkte.“

Sektoren mit hohen Dividendenrenditen sind häufig zinssensibel. Bei der Frage nach der Zinssensitivität muss man Jim Lovelace zufolge zwischen kurz- und langfristiger Zinssensitivität unterscheiden. Kurzfristig reagierten Investoren auf Zinsänderungen, sodass sich Aktien mit hohen Dividendenrenditen dann analog zu Anleihen entwickelten und den Zinsschwankungen folgen würden. Längerfristig gelte dieser Zusammenhang aber eher nicht: „Wenn etwas ein Unternehmen weniger zinssensitiv macht, ist dies das mittel- und langfristige Dividendenwachstum; schließlich gibt es bei Anleihen keine steigenden Coupons. Je weniger aber die Dividendenrendite schwankt, desto mehr gleicht die Aktie einer Anleihe. Je mehr die Dividenden steigen, desto größer sind die Unterschiede“, erklärt der Portfoliomanager.

Seiner Ansicht nach bleiben Elektrizitätsversorger der zinssensitivste Sektor des Aktienmarkts. Das sei auch plausibel, da es sich um regulierte Monopole handele. Viele Elektrizitätsversorger hätten zwar auch andere Sparten, die weniger zinssensitiv seien. Insgesamt stiegen die Dividenden aber nur wenig, sodass diese Aktien Anleihen besonders stark ähneln würden. An zweiter Stelle käme dann die Telekommunikation. Hier steigen die Dividenden aber etwas mehr, sodass sie nicht ganz so zinssensitiv sind.

Chancen vor allem in Europa und Südostasien. Auch wenn in der Hausse seit der Finanzkrise Wachstumswerte dividendenzahlende Aktien klar hinter sich gelassen hätten, sieht Lovelace gute Investmentchancen für Einkommensstrategien. Schließlich sei das Anlageziel entscheidend: „Ich möchte mich nicht mit Wachstumswerten messen. Wir wollen Anlagen mit stabilen Langfristerträgen. Heute zählt Kontinentaleuropa zu den Regionen, in denen sich sehr viele gute Aktien mit steigenden Dividenden finden lassen. Auch Südostasien, also nicht nur Hongkong, ist sehr interessant. Hier gibt es viele stark wachsende Unternehmen mit einer ausgeprägten Dividendenkultur.“

Grundsätzlich sieht er in fast allen Marktsegmenten attraktive Titel, die aber alle ihre Besonderheiten hätten. Fast in jeder Branche gäbe es Unternehmen, die aus unterschiedlichsten Gründen hohe Dividenden zahlen. „Für hohe Dividendenrenditen bekannt sind beispielsweise Energie, Telekommunikation und Finanzen. Diese Sektoren sind aber auch zinssensitiv. Wir tun alles, um auch in anderen Branchen interessante Papiere zu finden, um durch Diversifikation die Zinssensitivität zu verringern“, sagt Lovelace. Ideal seien Unternehmen, die wie Microsoft oder Apple Dividenden zahlen, weiter wachsen und ihre Aktionäre an diesem Wachstum teilhaben lassen. Hier lägen weitere gute Chancen für konservative, dividendenstarke Aktien.