Die Streichung des 2,3 Milliarden Euro schweren Digital Equity Act-Programms im Mai trifft Amerikas ältere Bevölkerung hart. Während lokale Initiativen verzweifelt Ersatzfinanzierung suchen, droht eine ganze Generation den Anschluss an die digitale Welt zu verlieren.

Das Programm war ein Eckpfeiler des parteiübergreifenden Infrastrukturgesetzes. Allein in Illinois wurden geplante Mittel von 20 Millionen Euro gestrichen – Gouverneur JB Pritzker spricht von einem Rückschlag für "ländliche Gebiete, Veteranen und Senioren". Der Zeitpunkt könnte kaum ungünstiger sein: Die über 65-Jährigen benötigen digitale Kompetenzen dringender denn je, um Gesundheitsdienste, Finanzen und soziale Kontakte zu verwalten.

Lokale Programme kämpfen weiter

Trotz der Bundesmittel-Streichung geben lokale Regierungen nicht auf. San Bernardino County in Kalifornien stockte sein "Access to Technology Program" diese Woche um 400.000 Euro auf. Das Gesamtvolumen erreicht nun 2,1 Millionen Euro – genug für 700 zusätzliche Tablets und Smartphones inklusive Schulungen für Senioren und Menschen mit Behinderungen.

Seit Programmstart erhielten bereits 2.500 ältere Menschen mobile Geräte. Die Auswirkungen sind messbar: weniger soziale Isolation, besserer Zugang zu Ressourcen. San Francisco setzt mit "SF Connected" auf mehrsprachige Kurse in Seniorenzentren.

Generationen verbinden durch Technik

Non-Profit-Organisationen entwickeln kreative Lösungsansätze. Cyber-Seniors bildet Jugendliche zu Technologie-Mentoren für Ältere aus – ein Win-Win-Modell, das beide Generationen zusammenbringt. Die Jungen sammeln wertvolle Erfahrungen, die Senioren erhalten geduldige, individuelle Unterstützung.

Senior Planet von AARP kooperiert mit lokalen Organisationen wie The Senior Source in Dallas. Das Angebot: kostenlose Technologie-Kurse, die von Finanzsicherheit bis zu kreativen Anwendungen reichen. Der Fokus liegt auf sozialen, unterhaltsamen Lernumgebungen – ein Gegenmittel zur Technologie-Angst vieler Senioren.

AgeTech-Markt boomt trotz Hürden

Parallel floriert der "AgeTech"-Sektor. Diese auf Senioren zugeschnittenen Technologien sind Teil der größeren "Longevity Economy". Marktprognosen variieren stark: Während optimistische Schätzungen von 1,7 Billionen Euro sprechen, rechnet AARP konservativer mit 100 Milliarden Euro bis 2030.

Die Produktpalette reicht von intelligenten Gesundheitsgeräten über vernetzte Notrufsysteme bis zu digitalen Hörgeräten. Doch Barrieren bleiben bestehen: 60 Prozent der Älteren nennen Kosten als Hauptproblem, 41 Prozent zweifeln an der Zuverlässigkeit neuer Technologien.

Noch gravierender: 64 Prozent der über 50-Jährigen fühlen sich bei der Technologie-Entwicklung nicht mitgedacht. Ein deutliches Signal für die Notwendigkeit altersgerechteren Designs.

Kritik an politischem Kurswechsel

Die Streichung der Digital Equity Act-Mittel bedeutet mehr als nur Budgetkürzungen. 140 Organisationen, darunter die American Library Association und die National Digital Inclusion Alliance, fordern die Wiedereinführung des Programms.

Experten warnen: Der Rückzug des Bundes könnte bestehende Ungleichheiten verschärfen. Ressourcen variieren dann stark je nach Standort – ein Flickenteppich statt koordinierter nationaler Strategie.

Dieser Kurswechsel steht im krassen Gegensatz zur wachsenden Anerkennung der Senioren als wichtige Wirtschaftsgruppe im Privatsektor. Die Herausforderung: Innovative AgeTech-Produkte nützen wenig ohne grundlegende digitale Kompetenzen und bezahlbaren Zugang.

Suche nach alternativen Finanzquellen

Die nächsten Monate werden entscheidend. Gemeinnützige Organisationen müssen verstärkt auf staatliche Zuschüsse, Spenden und Unternehmenspartnerschaften setzen. Das National Council on Aging führt seine Kooperation mit AT&T fort – Seniorenzentren erhalten Zuschüsse zwischen 3.800 und 7.700 Euro für digitale Bildungsworkshops.

Politische Lobbyarbeit wird parallel intensiviert: für die Wiedereinführung der Bundesmittel und mehr staatliche Ressourcen für digitale Gerechtigkeit. Die kommenden Monate werden die Widerstandsfähigkeit des Systems auf die Probe stellen.

Der Erfolg hängt davon ab, ob lokale Akteure, Non-Profits und Unternehmen effektiv zusammenarbeiten können. Das Ziel: Senioren dürfen nicht auf der falschen Seite der digitalen Kluft zurückbleiben – einer Kluft, die gerade noch größer geworden ist.