Dieselskandal - Autokäufer erhielt mit Klage gegen VW vor OGH Recht / Erste inhaltliche Entscheidung des OGH - Käufer erhält Kaufpreis abzüglich eines Nutzungsentgelts zurück - VKI: VW sollte spätestens jetzt durchgehend entschädigen
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Im Dieselskandal von Volkswagen (VW) gibt es ein erstes Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH). Ein Autokäufer, der den Kaufpreis zurückverlangte, gewann seine Klage vor dem Höchstgericht, gab das Gericht am Montag per Presseaussendung bekannt. VW sollte spätestens jetzt durchgehend entschädigen, reagierte der VKI. Es war das erste Mal, dass sich der OGH inhaltlich mit dem Abgasskandal auseinandergesetzt hat.
Das Höchstgericht verpflichtete den Fahrzeughändler in dem Urteil vom 21. Februar (10 Ob 2/23a) zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückstellung des Fahrzeugs und sprach dem Händler ein Entgelt für die Nutzung des Fahrzeugs zu. Das Verfahren gegen den Autobauer wurde wegen eines anhängigen Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshofs (QB gegen Mercedes-Benz Group AG - C 100/21) unterbrochen.
Der OGH legte folgende Formel für das Nutzungsentgelt fest: Vereinbarter Kaufpreis mal tatsächlich gefahrene Kilometer dividiert durch die zum Erwerbszeitpunkt erwartbare Restlaufleistung. Im konkreten Fall kaufte der Kläger das Auto im März 2015 um rund 27.000 Euro und fuhr 70.000 Kilometer. Die Restlaufleistung zum Erwerbszeitpunkt betrug rund 250.000 Kilometer. Daraus ergibt sich ein Nutzungsentgelt von rund 7.500 Euro, womit der Käufer vom Händler rund 19.500 Euro zurückerhält. Dazu kommen Zinsen von 4 Prozent jährlich aus dem Kaufpreis.
Im Dieselskandal von VW - und auch im konkreten Fall vor dem OGH - ging es um eine Abschalteinrichtung. Das heißt, der Dieselmotor hatte einen eigenen Betriebsmodus, sodass im Emissionsprüfungsverfahren weniger Abgase ausgestoßen wurden als unter normalen Bedingungen auf der Straße. Ein nachträgliches Software-Update, durch das der emissionsmindernde Modus auch im realen Fahrbetrieb zur Anwendung kommen sollte, tatsächlich aber nur bei Außentemperaturen von 15 bis 33 Grad Celsius, in einem sogenannten Thermofenster, voll wirksam ist, lehnte der Kläger ab.
Der OGH entschied, dass die dem Kläger angebotene Installation des Software-Update den Mangel aufgrund des programmierten "Thermofensters" nicht beseitigt hätte. "Da die Verkäuferin keine (taugliche) Verbesserung angeboten hat, berechtigt der nach wie vor bestehende Mangel den Käufer zur Aufhebung des Kaufvertrags", so der OGH.
Vertreten wurde der Autokäufer vom Linzer Anwalt Michael Poduschka, der im Dieselskandal mehrere Verfahren gegen Volkswagen und VW-Händler führt. Zuletzt kritisierten Poduschka und der Verein für Konsumenteninformation (VKI), dass der deutsche Autobauer durch hohe Vergleichszahlungen gezielt höchstgerichtliche Entscheidungen verhindert und die rechtliche Aufarbeitung verzögert.
"Durch dieses Urteil ist jedenfalls auch in Österreich eine Grundlage für eine Haftung für den Dieselskandal - und im Hinblick auf die mögliche lange Verjährungsfrist - auch für neue Klagen geschaffen", so VKI-Rechtsabteilungsleiter Thomas Hirmke in einer Reaktion. "VW sollte spätestens jetzt eine durchgehende Entschädigung der geschädigten Konsumentinnen und Konsumenten vornehmen."
VW hatte im September 2015 auf Druck der US-Umweltbehörden zugegeben, mit einer speziellen Software ("Defeat Device") jahrelang Abgaswerte von Dieselautos manipuliert zu haben. Weltweit waren rund 11 Millionen Wagen betroffen, in Österreich waren es bis zu 360.000. Der Skandal ließ die VW-Aktie einbrechen und führte zum Rücktritt des VW-Chefs Martin Winterkorn.
phs/pro/kan
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