Fast vier von zehn deutschen Industrieunternehmen erwägen eine Verlagerung ihrer Produktion ins Ausland. Bei größeren Firmen ist es sogar jede zweite. Die Zahlen der DIHK-Erhebung alarmieren Wirtschaft und Politik gleichermaßen.

Die Gründe sind hausgemacht: Deutschland gehört mit 30 Prozent Gesamtsteuerbelastung für Unternehmen zur europäischen Spitzengruppe. Während andere Länder ihre Steuern senkten, blieb Deutschland untätig. Hinzu kommen explodierende Energiekosten und eine Bürokratie, die Unternehmen lähmt.

Energiekosten treiben Firmen in die Flucht

Besonders hart trifft es energieintensive Branchen. 59 Prozent der Unternehmen nennen hohe Energiekosten und fehlende Versorgungssicherheit als Hauptgrund für Abwanderungspläne. Die Chemie- und Stahlindustrie kämpfen gegen internationale Konkurrenten, die deutlich günstiger produzieren können.

Das Institut der deutschen Wirtschaft spricht von einem "Hochsteuerland", dessen Belastung weit über dem EU-Durchschnitt von 21 Prozent liegt. Wirtschaftsverbände bezeichnen die Kombination aus Steuern, Energiekosten und Bürokratie als "toxische Mischung".

Regierung plant zu wenig, zu spät

Die Bundesregierung will die Körperschaftsteuer erst ab 2028 von 15 auf 10 Prozent senken. Ein "Investitions-Booster" durch degressive Abschreibung soll bereits 2025 greifen. Doch der Wirtschaft reicht das nicht.

Die Forderungen der Verbände:
* Sofortige Senkung der Unternehmenssteuern
* Vollständiger Abbau des Solidaritätszuschlags
* Grundlegende Reform der Gewerbesteuer
* Bürokratieabbau in allen Bereichen

Innovation wandert ins Ausland ab

Dramatisch wird es bei Forschung und Entwicklung: Ein Drittel der großen Industrieunternehmen hat bereits F&E-Bereiche ins Ausland verlagert. Deutschland verliert nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch seine Innovationskraft.

Die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Industrie verschlechterte sich laut ifo-Institut so stark wie nie seit Beginn der Messungen. Was als Kostenproblem begann, bedroht inzwischen das deutsche Wirtschaftsmodell im Kern.

Herbst der Entscheidungen

Die Haushaltsverhandlungen für 2026 werden zum Lackmustest. Wirtschaftsministerin warnt vor einem "Strohfeuer", wenn überfällige Reformen weiter verschoben werden. Ohne entschlossenes Handeln droht Deutschland im internationalen Wettbewerb endgültig abgehängt zu werden.

Die Zeit drängt: Während andere Länder um Investoren werben, kämpft Deutschland gegen eine schleichende Deindustrialisierung. Ob die Politik den Ernst der Lage erkennt, entscheidet über die Zukunft des Wirtschaftsstandorts.