Deutschland kämpft um Wirtschaftsreformen

Deutsche Wirtschaft stagniert – Koalition ringt um Steuersenkungen. Nach zwei Rezessionsjahren erwarten Experten nur 0,2 Prozent Wachstum für 2025. Die Debatte über den richtigen Reformkurs spaltet Politik und Wirtschaft.
Das ifo-Institut zeichnet ein ernüchterndes Bild: Die deutsche Wirtschaft "tritt auf der Stelle". Hohe Energiekosten, geopolitische Unsicherheit und schwächelnde Nachfrage bremsen die Erholung. Der Druck auf die Politik wächst.
Wirtschaft fordert 25-Prozent-Steuersatz
Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und Handelskammern schlagen Alarm: Deutschlands Unternehmenssteuerlast von 30 Prozent sei im internationalen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig. Sie fordern eine Senkung auf 25 Prozent.
"Nur durch signifikante Entlastungen werden notwendige Investitionen für Wachstum freigesetzt", argumentieren die Verbände. Der Mittelstand verlangt zusätzlich kürzere Abschreibungszeiträume und Anreize für Digitalisierung.
Regierung setzt auf Investitionsanreize
Die Bundesregierung kontert mit einem anderen Ansatz: Das im Juni beschlossene "steuerliche Investitionssofortprogramm" soll bis 2029 zusätzliche 16 Milliarden Euro an Unternehmensinvestitionen auslösen.
Parallel läuft der Bürokratieabbau auf Hochtouren. Ein neuer Staatssekretärsausschuss zur "Staatsmodernisierung" soll Genehmigungsverfahren beschleunigen und Verwaltungsaufwand reduzieren.
Gewerkschaften wollen "aktiven Staat"
Die IG Metall hält dagegen: Statt pauschaler Steuersenkungen brauche Deutschland massive öffentliche Investitionen in Stromnetze und Speicher. Ein wettbewerbsfähiger Industriestrompreis sei wichtiger als Steuergeschenke.
"Der Markt allein schafft die Klimatransformation nicht", warnen die Gewerkschaften. Staatliche Steuerung sei nötig, um Arbeitsplätze zu sichern.
EU-Vergleich offenbart Deutschlands Problem
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Deutsche Unternehmen zahlen 30 Prozent Steuern, der EU-Durchschnitt liegt bei nur 21 Prozent. Während andere Volkswirtschaften wachsen, stagniert Deutschland.
Analysten warnen: Ohne strukturelle Reformen droht weiterer Substanzverlust. Die angekündigte Körperschaftsteuersenkung ab 2028 komme möglicherweise zu spät.
Entscheidung fällt im Herbst
Die Haushaltsverhandlungen werden zum Lackmustest. Kann die Koalition den Spagat zwischen Steuerentlastungen und Zukunftsinvestitionen schaffen?
Wirtschaftsinstitute prognostizieren für 2026 immerhin 1,6 Prozent Wachstum – aber nur bei entschlossenen Reformen. Das Duell zwischen "schlankem Staat" und "aktiver Industriepolitik" entscheidet über Deutschlands wirtschaftliche Zukunft.