Die deutsche Wirtschaft zeigt sich zum Jahresende zwiespältig. Während Konjunkturindikatoren leichte Hoffnung machen, erreichen Unternehmensschließungen Rekordwerte und der Arbeitsmarkt bleibt angespannt.

Das Konjunkturbarometer des DIW Berlin kletterte im September auf 96,3 Punkte – den höchsten Wert seit Monaten. Auch das ifo Institut erwartet für 2025 ein minimales BIP-Wachstum von 0,2 Prozent. Die Münchner Ökonomen setzen dabei auf angekündigte Regierungsmaßnahmen wie schnellere Abschreibungen und Steuererleichterungen.

Doch kann sich die Wirtschaft wirklich erholen? Die nackten Zahlen sprechen eine andere Sprache.

Rekord-Pleiten trüben die Stimmung

2024 schlossen 196.100 deutsche Unternehmen ihre Türen – ein Anstieg um 16 Prozent zum Vorjahr. Das ist der höchste Wert seit 2011. Der Kreditversicherer Allianz Trade prognostiziert für 2025 weitere 24.400 Insolvenzen, ein Plus von 11 Prozent.

Besonders alarmierend: Die Zahl der Großinsolvenzen mit über 50 Millionen Euro Umsatz bleibt auf Rekordniveau. Betroffen sind nicht nur energieintensive Industrien, sondern auch Bau, Einzelhandel und Dienstleister – sogar Kliniken und Pflegeeinrichtungen.

Hauptursachen der Pleitewelle:
* Hohe Energiekosten
* Fachkräftemangel
* Nachfolgeprobleme in kleineren Betrieben
* Verschlechterte internationale Wettbewerbsfähigkeit

Arbeitsmarkt: Schwache Herbstbelebung

Immerhin sank die Arbeitslosenzahl im September unter die Drei-Millionen-Marke auf 2,955 Millionen Menschen. Die Quote fiel leicht auf 6,3 Prozent. Doch BA-Chefin Andrea Nahles dämpft die Euphorie: "Dem Arbeitsmarkt fehlen die notwendigen konjunkturellen Impulse."

Die Realität ist ernüchternd: 148.000 Menschen mehr sind arbeitslos als vor einem Jahr. Gleichzeitig wurden 66.000 weniger offene Stellen gemeldet.

Österreich stagniert weiterhin

Die Alpenrepublik kämpft nach zwei Rezessionsjahren mit der Stagnation. WIFO und IHS erwarten für 2025 bestenfalls null Prozent Wachstum. Mit über 300.000 Arbeitslosen liegt die Quote bei 7 Prozent – 4,2 Prozent mehr als im Vorjahr.

Besonders besorgniserregend: Die Langzeitarbeitslosigkeit stieg um 10,8 Prozent. Österreich bleibt damit das Schlusslicht im Euroraum.

Strukturelle Probleme bremsen Aufschwung

DIW-Expertin Geraldine Dany-Knedlik warnt: "Die deutsche Wirtschaft steht nach wie vor auf wackeligen Beinen." Die geplante Erholung kaschiere nur die zugrundeliegende Wachstumsschwäche.

Die Kernprobleme:
* Hohe Energie- und Lohnstückkosten
* Bürokratische Belastungen
* Verschärfter Fachkräftemangel
* Mangelnde internationale Konkurrenzfähigkeit

Entscheidender Winter steht bevor

Die kommenden Monate werden richtungsweisend. Die Hoffnungen ruhen auf den Regierungsreformen, die ab 2026 greifen sollen. Wirtschaftsinstitute prognostizieren dann Wachstumsraten von über 1,3 Prozent.

Doch das Risiko bleibt hoch: Können die angekündigten Maßnahmen die strukturellen Bremsklötze lösen, bevor die Insolvenzwelle und der Arbeitsmarktdruck die zarte Erholung ersticken? Der Winter 2025 wird zeigen, ob Deutschland und Österreich den Turnaround schaffen.