Deutsche Städte und Gemeinden stecken in der schwersten Finanzkrise seit der Wiedervereinigung. Das Defizit erreichte 2024 einen historischen Höchststand von 24,8 Milliarden Euro - und auch 2025 verschärft sich die Lage dramatisch.

Bereits im ersten Halbjahr dieses Jahres summierte sich das kommunale Minus auf 19,7 Milliarden Euro. Die Ausgaben explodieren förmlich, während die Einnahmen stagnieren. Haupttreiber sind gestiegene Sozialleistungen, hohe Personalkosten nach Tarifabschlüssen sowie drastisch gestiegene Energie- und Baupreise.

Gleichzeitig bricht den Kommunen ihre wichtigste Einnahmequelle weg: Die schwächelnde Konjunktur lässt die Gewerbesteuer-Einnahmen schrumpfen.

Steuerschätzung dämpft letzte Hoffnungen

Die neuesten Prognosen zerstören alle Hoffnungen auf eine schnelle Wende. Für 2025 erwarten Experten nur einen mageren Anstieg der kommunalen Steuereinnahmen um 1,5 Prozent.

Das reicht nicht einmal ansatzweise, um die explodierenden Ausgaben zu stemmen. Der Deutsche Städtetag spricht von einer "katastrophalen" Lage, die sich nicht durch Wirtschaftswachstum allein lösen lässt.

Besonders bitter: Die schwache Konjunkturprognose der Bundesregierung verspricht auch für die kommenden Jahre keine Entspannung.

Investitionsstopp droht - 216 Milliarden Euro Stau

Die Folgen sind bereits spürbar. Städtetag-Präsident Burkhard Jung warnt: "Die Städte können selbst notwendige Kredite für Investitionen in Schulen nur noch mit Sondergenehmigungen aufnehmen."

Der bundesweite Investitionsstau hat bereits dramatische 216 Milliarden Euro erreicht. Eine aktuelle Analyse von KfW-Research zeigt: 36 Prozent der Kommunen bewerten ihre wirtschaftliche Lage als "mangelhaft" - größere Städte sind besonders hart getroffen.

Ohne sofortige Hilfe sind dringend notwendige Investitionen nicht mehr möglich:
* Sanierung maroder Schulen und Straßen
* Digitalisierung der Verwaltung
* Klimaschutz-Projekte
* Sozial-ökologische Transformation

"Toxische Mischung" aus Krisen und Strukturproblemen

Was die Kommunen in die Krise trieb, ist eine toxische Mischung aus externen Schocks und hausgemachten Problemen. Die Folgen von Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation und Zinswende treffen auf ein marodes System.

Das Grundproblem: Bund und Länder übertragen den Kommunen immer mehr Aufgaben, ohne ausreichend Geld mitzugeben. Experten nennen das die Aushöhlung des Konnexitätsprinzips - wer bestellt, soll auch bezahlen.

Professor Carsten Kühl vom Deutschen Institut für Urbanistik fordert daher mehr als nur Notfall-Hilfen: "Wenn einzelne Länder finanziell überfordert sind, müssen die Bund-Länder-Finanzbeziehungen grundlegend verändert werden."

Kraftakt oder Kollaps - die Entscheidung fällt jetzt

Die kommenden Haushaltsverhandlungen werden entscheidend. Ohne einen gemeinsamen Kraftakt von Bund, Ländern und Kommunen drohen massive Kürzungen bei öffentlichen Leistungen.

Dann könnten Schwimmbäder und Bibliotheken schließen, während Schulen und Straßen weiter verfallen. Die Sicherung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland steht auf dem Spiel.

Die Bertelsmann-Stiftung bringt es in ihrem aktuellen "Kommunalen Finanzreport" auf den Punkt: Nur langfristige Strukturreformen können die kommunale Handlungsfähigkeit nachhaltig sichern. Kurzfristige Pflaster reichen längst nicht mehr aus.