Michael Derouiche schreibt österreichische Sportgeschichte: Bei den Amateur-Weltmeisterschaften in Liverpool erkämpft sich der 22-jährige Wiener die Bronzemedaille im Halbschwergewicht. Seit Beginn der Box-WM 1974 hat kein österreichischer Athlet eine Medaille gewonnen.

Der Triumph kommt zur rechten Zeit. Die WM ist die erste unter dem neuen Verband "World Boxing", der die umstrittene IBA ablöst und vom IOC anerkannt wird. Das stärkt Boxens Position im olympischen Programm.

Nervenstarker Weg zum Edelmetall

Derouiche kämpfte sich entschlossen durch das Turnier. Nach einem Freilos besiegte er den Iraner Aryan Saed Panah knapp nach Punkten. Die größte Hürde wartete im Viertelfinale: der Schotte Robert McNulty vor heimischem Liverpool-Publikum.

Unbeeindruckt von der Atmosphäre lieferte der Wiener einen taktisch disziplinierten Kampf und sicherte sich Bronze. Im Halbfinale unterlag er dem Usbeken Akmaljon Isroilov nach Punkten.

"Ich bin stolz, diesen Erfolg für Österreich erkämpft zu haben", erklärt ein bewegter Derouiche. "Es war ein harter Weg."

Vom Kampfsport-Allrounder zum Weltklasse-Boxer

Der Weg an die Spitze begann vielseitig. Derouiche sammelte Erfahrungen in Taekwondo, Judo, Kickboxen und Muay Thai, bevor er sich vollständig dem Boxen widmete. Diese breite Basis verleiht ihm besondere Anpassungsfähigkeit im Ring.

Im Wiener Boxclub Bounce entwickelte er sich unter Coach Tom Knöbel zum Ausnahmetalent. Der verstorbene Clubgründer Daniel Nader hatte Derouiche einst entdeckt. Seine Bilanz: drei österreichische Staatsmeistertitel und mehrere internationale Podiumsplätze.

Signal für den österreichischen Boxsport

"Ein Meilenstein", kommentiert Marcos Nader, Obmann des Boxclubs Bounce, den historischen Erfolg. Die Medaille könnte eine neue Generation von Talenten inspirieren und die öffentliche Wahrnehmung des Amateurboxens nachhaltig verbessern.

Während im Profiboxen regelmäßig deutsche Weltmeister gekrönt werden, sind Amateur-Medaillen bei Großereignissen seltener und prestigeträchtiger. Derouiches Erfolg beweist: Auch kleinere Boxnationen können mit gezielter Nachwuchsarbeit Athleten zur Weltspitze führen.

Olympia 2028 im Visier

Mit Bronze im Gepäck richtet Derouiche den Blick auf Los Angeles 2028. Die WM-Leistung beweist seine Konkurrenzfähigkeit auf höchstem Niveau. Der Weg zu den Olympischen Spielen führt über weitere internationale Turniere und Qualifikationswettkämpfe.

Für den österreichischen Boxsport bedeutet der Durchbruch erhöhte Aufmerksamkeit und möglicherweise bessere Förderung. Für Derouiche ist es der Beginn eines neuen Kapitels - mit olympischen Träumen.