Der große Medtech-Durchbruch: Wenn künstliche Intelligenz Leben rettet

Guten Donnerstag Nachmittag aus dem herbstlichen Frankfurt,

während sich die Märkte heute in Zurückhaltung üben – die Wall Street wartet auf neue Inflationsdaten, Europa auf die EZB-Sitzung nächste Woche – vollzieht sich in der Medizintechnik gerade eine stille Revolution. Ein finnisches Start-up erhält in Rekordzeit die CE-Zulassung für ein Gerät, das Hirntumor-Operationen revolutionieren könnte. Gleichzeitig pumpt Deutschland Milliarden in die digitale Aufrüstung seiner Sicherheitsbehörden, und in Singapur besiegeln zwei Krypto-Riesen eine Partnerschaft, die das Vertrauen in digitale Assets neu definieren will.

Marginum: Wenn 4,5 Jahre einen ganzen Markt erschüttern

In der Medizintechnik-Branche sprechen sie von einem kleinen Wunder: Das finnische Unternehmen Marginum hat für sein Gerät HIVEN in nur 4,5 Jahren die MDR-Zertifizierung erhalten – normalerweise dauert so etwas doppelt so lange. Was nach bürokratischem Klein-Klein klingt, ist tatsächlich ein Paukenschlag für die europäische Medtech-Szene.

HIVEN ist kein gewöhnliches Medizinprodukt. Das Gerät analysiert während Hirntumor-Operationen in Echtzeit das abgesaugte Gewebe auf Krebszellen – mittels Fluoreszenz-Technologie. Stellen Sie sich vor: Der Chirurg operiert, und gleichzeitig zeigt ihm das System, ob er gerade Tumor oder gesundes Gewebe entfernt. "Es ist wie ein sechster Sinn für die Tumorerkennung", erklärt Antti-Pekka Elomaa, Neurochirurg und Mitgründer des Unternehmens.

Die Zahlen sprechen für sich: Bei Gliom-Operationen werden bis zu 30% der Tumore nicht vollständig entfernt – oft, weil sie hinter Blutgefäßen oder in schwer zugänglichen Bereichen liegen. Jede unvollständige Entfernung bedeutet eine zweite Operation, höhere Kosten und vor allem: schlechtere Überlebenschancen für Patienten.

Was Marginum besonders macht, ist die Kombination aus drei Faktoren: Erstens die Geschwindigkeit der Zulassung, die zeigt, dass Europa bei kritischen Innovationen durchaus schnell sein kann. Zweitens die über 30 aktiven Patente, die das Unternehmen vor Nachahmern schützen. Und drittens – hier wird es spannend für Investoren – die strategische Partnerschaft mit dem schwedischen Medizintechnik-Distributor Mediplast, die ab sofort den europaweiten Vertrieb übernimmt.

Der globale Markt für neurochirurgische Geräte wird bis 2030 auf 15 Milliarden Dollar wachsen. Marginum positioniert sich hier in einer Nische, die bisher von Großkonzernen wie Medtronic und Stryker dominiert wird. Der Clou: Während die Riesen auf inkrementelle Verbesserungen setzen, bringt Marginum eine disruptive Technologie, die den Standard neu definieren könnte.

Sicherheit als Milliardengeschäft: Deutschland rüstet digital auf

"Es sind nicht nur die militärischen Drohnen am Himmel, sondern auch die ideologischen Drohnen im Parlament, die unsere Sicherheit infrage stellen", polterte Innenminister Alexander Dobrindt heute im Bundestag. Ein Satz, der für Schlagzeilen sorgte – aber vom eigentlichen Thema ablenkte: Deutschland investiert massiv in die digitale Aufrüstung seiner Sicherheitsbehörden.

Der Haushalt des Innenministeriums wächst 2026 um 770 Millionen auf 16,1 Milliarden Euro. Besonders interessant: Das Budget für das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) soll sich mittelfristig verdoppeln. Hier entsteht gerade ein Milliardenmarkt für Cybersecurity-Unternehmen.

Die Zahlen sind beeindruckend: Allein für Drohnenabwehr-Systeme plant die Regierung Investitionen von über 500 Millionen Euro bis 2028. Profiteure könnten deutsche Rüstungskonzerne wie Rheinmetall und Hensoldt sein, aber auch spezialisierte Tech-Firmen wie Dedrone oder die israelische D-Fend Solutions, die bereits Systeme an deutsche Flughäfen liefern.

Parallel dazu entsteht ein neues "Schutzraumkonzept" – nicht etwa neue Bunker, sondern die digitale Vernetzung bestehender Infrastruktur. U-Bahnhöfe und Tiefgaragen sollen im Ernstfall als Schutzräume dienen. Die dafür nötige Technik – von Kommunikationssystemen bis zu Luftfilteranlagen – könnte einen Markt von geschätzten 2 Milliarden Euro schaffen.

Ein Detail am Rande, das Investoren aufhorchen lassen sollte: Der Anschlag auf Strommasten in Berlin-Köpenick, bei dem 50.000 Haushalte ohne Strom waren, hat die Diskussion um kritische Infrastruktur neu entfacht. Die Regierung plant ein "Resilienz-Paket" für Energieversorger – Experten rechnen mit Zwangsinvestitionen von bis zu 10 Milliarden Euro in den kommenden fünf Jahren.

KuCoin und die Vertrauensfrage: Warum Krypto plötzlich Golf spielt

Es ist eine ungewöhnliche Allianz: KuCoin, die viertgrößte Kryptobörse der Welt, holt sich Golflegende Adam Scott als "Global Brand Ambassador". Was nach verzweifeltem Marketing klingt, ist tatsächlich ein geschickter Schachzug in einem 2 Billionen Dollar schweren Markt.

Das "Trust Project" von KuCoin – eine 2-Milliarden-Dollar-Initiative für mehr Sicherheit und Transparenz – adressiert das Kernproblem der Krypto-Industrie: fehlendes Vertrauen institutioneller Anleger. Die Zahlen untermauern die Strategie: SOC 2 Type II Zertifizierung, ISO 27001:2022, AAA-Rating von CER.live und über 100% Deckungsquote bei den Proof-of-Reserves.

CEO BC Wong erklärt die Logik: "Die Präzision im Golf und das Vertrauen im Krypto-Handel haben mehr gemeinsam, als man denkt." Bei TOKEN2049 in Singapur, wo sich nächste Woche 25.000 Branchenvertreter treffen, will KuCoin zeigen, was das konkret bedeutet.

Der Timing ist kein Zufall. Die MiCA-Regulierung in Europa tritt 2025 vollständig in Kraft, die USA arbeiten an einem neuen Krypto-Framework, und institutionelle Investoren warten nur darauf, regulatorische Klarheit zu bekommen. KuCoin positioniert sich hier clever: 40 Millionen Nutzer in 200 Ländern, dabei weder zu groß (wie Binance) noch zu klein (wie die vielen gescheiterten Börsen).

Ein Detail, das in der Pressemitteilung versteckt war: Die Integration in den "Banking Workspace" der Atruvia. Das ist die IT-Tochter der Genossenschaftsbanken – plötzlich könnten theoretisch alle Volksbanken-Kunden Zugang zu Krypto-Services bekommen. Ein Markt von 30 Millionen potenziellen Nutzern allein in Deutschland.

Der Blick nach vorn: Was die nächsten Tage bringen

Die kommende Woche wird spannend. Am Mittwoch tagt die EZB – die Märkte rechnen fest mit einer weiteren Zinssenkung um 25 Basispunkte. Interessanter als die Entscheidung selbst wird die Pressekonferenz von Christine Lagarde. Die Frage: Wie aggressiv wird die EZB angesichts der schwächelnden deutschen Wirtschaft?

Die Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsinstitute heute war ernüchternd: 0,2% Wachstum für 2025, Erholung erst ab 2026. Die Botschaft zwischen den Zeilen: Ohne massive Strukturreformen wird Deutschland zum Wachstumsbremser Europas. Die Forderung nach einem "Herbst der Reformen" von Friedrich Merz ist mehr als Wahlkampfrhetorik – es geht um die Wettbewerbsfähigkeit einer ganzen Volkswirtschaft.

Apropos Wettbewerb: In Brüssel brodelt es. Die neue Studie zur Zahlungsabwicklung zeigt, dass 40% der Händler ihre Bank verlassen wollen – zugunsten von PayTech-Anbietern. Banken brauchen bis zu sieben Tage für das Onboarding neuer Händler und verlangen 496 Dollar. PayTechs schaffen das in 60 Minuten für 214 Dollar. Diese Disruption ist erst der Anfang.

Die Medizintechnik bleibt das unterschätzte Investmentthema des Jahres. Während alle auf KI-Aktien starren, vollzieht sich in der Medtech eine stille Revolution. Unternehmen wie Marginum zeigen: Europa kann bei kritischen Technologien durchaus mithalten. Die Frage ist nur, ob die Kapitalmärkte das auch honorieren.

Herzliche Grüße aus dem Bankenviertel

Eduard Altmann


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Übrigens: Während Marginum zeigt, wie Europa in der Medizintechnik disruptiv mithalten kann, bahnt sich im Chip-Sektor eine ähnliche Bewegung an. Der europäische „Chips Act“ soll über 40 Milliarden Euro in Halbleiter-Technologien pumpen – ein Feld, das für KI, Medtech und Cybersecurity gleichermaßen essenziell ist. Wer verstehen will, welche Unternehmen davon am stärksten profitieren könnten, findet hier eine detaillierte Analyse zur sogenannten „neuen Nvidia“ – einem Player, dem Experten extrem hohe Kurschancen von mehreren Tausend Prozent zutrauen: Zur Analyse


P.S.: Nächste Woche Dienstag startet in Madrid die Fruit Attraction – Europas wichtigste Obst- und Gemüsemesse. 2.460 Aussteller, 120.000 Besucher. Was das mit Ihrem Portfolio zu tun hat? Mehr als Sie denken. Der Agrarsektor erlebt gerade eine technologische Revolution, die weit über Tomaten und Äpfel hinausgeht. Aber dazu mehr in der nächsten Ausgabe.