Der Ölmarkt steckt in der Zwickmühle: Während die US-Lagerbestände überraschend stark schrumpfen und auf robuste Nachfrage hindeuten, geben die Rohölpreise weiter nach. Was treibt diesen Widerspruch an – und wann könnte die Trendwende kommen?

EIA-Daten: Starke Nachfrage, schwache Reaktion

Die jüngsten Daten der US Energy Information Administration (EIA) liefern eigentlich bullische Signale. Für die Woche bis zum 22. August 2025 zeigen sie:

  • Rohöllagerbestände sanken um 2,39 Millionen Barrel (mehr als erwartet)
  • Bestände am WTI-Hub Cushing reduzierten sich um 838.000 Barrel
  • Benzinvorräte gingen um 1,2 Millionen Barrel zurück
  • Destillatbestände sanken um 1,8 Millionen Barrel

Diese aufeinanderfolgenden Rückgänge deuten auf eine feste Nachfrage vor dem Labor-Day-Wochenende hin. Die Gesamtlieferungen von Erdölprodukten stiegen zuletzt um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Doch der Markt reagierte erstaunlich gleichgültig auf diese eigentlich positiven Zahlen.

Geopolitische Bremse: Doppelter Druck auf Lieferketten

Während die Fundamentaldaten in den USA stimmen, trüben geopolitischen Faktoren den Ausblick erheblich. Zwei Entwicklungen belasten aktuell die Stimmung:

Die USA haben den Druck auf Indien massiv verstärkt und die Zölle auf russische Ölimporte verdoppelt. Das zwingt Raffinerien, teurere Alternativen aus dem Nahen Osten, Afrika und Amerika zu suchen – was die Margen drückt und die Nachfrage dämpfen könnte.

Gleichzeitig eskalieren die Angriffe auf Energieinfrastrukturen im Ukraine-Konflikt. Zwar könnte die mögliche Wiederaufnahme der Druschba-Pipeline für Entspannung sorgen, doch die volle Kapazität bleibt fraglich. Diese Unsicherheit hält Investoren zurück.

OPEC+ reagiert – aber zu langsam?

Die OPEC+-Allianz versucht zwar, Stabilität zu signalisieren, doch ihre Maßnahmen wirken verzögert. Die jüngste Produktionsanpassung von etwa 548.000 Barrel pro Tag beschloss die Gruppe zwar bereits im August, wirkt aber erst ab September.

Kann diese flexible Herangehensweise den Preisverfall noch aufhalten? Der Markt scheint skeptisch. Mit einem RSI von 22,3 zeigt WTI technisch deutlich überverkaufte Bedingungen – normalerweise ein Gegenindikator. Doch die Volatilität bleibt mit 25,86 Prozent hoch.

Die große Frage: Setzt sich irgendwann die robuste Nachfrage durch – oder gewinnen die geopolitischen Ängste und das bevorstehende Ende der US-Fahrsaison die Oberhand? Der Ölmarkt sucht noch nach einer klaren Richtung.