Was klingt wie eine popkulturelle Umschreibung für die Folgen eines durchzechten Spring-Break Wochenendes und hat die Medien momentan fest im Griff. Richtig – die Rede ist natürlich vom Coronavirus, dem vor kurzem entdeckten Erreger einer grippeähnlichen Lungenerkrankung mit Ursprung Wuhan, China. Seit der ersten medialen Erwähnung im deutschsprachigen Raum am 11. Januar in Folge des ersten dem Virus zugeordneten Todesfalls in China ging es Schlag auf Schlag. Während primäre von den chinesischen Gesundheitsbehörden kommunizierte Zahlen, sowie die Beteuerung man halte den Ausbruch für kontrollierbar eine eher langsame Ansteckungsrate nahelegten, verkündete Peking am heutigen Freitag einen überraschend starken Anstieg an Infizierten - um knapp 2000 innerhalb eines Tages. Konkret stieg die Anzahl an Betroffenen um 1981 auf offiziell 9692, die Zahl der Toten um 42 auf 213. Und das obwohl die chinesische Führung beachtliche Anstrengungen unternimmt, um der Lage Herr zu werden. Insgesamt 60 Millionen Menschen befinden sich in der am stärksten betroffenen Provinz Hubei unter einer Ausgangssperre, der Autoverkehr wurde vollständig eingestellt. Gleichzeitig wird in der Millionenmetropole Wuhan ein 1000 Betten umfassendes Krankenhaus, nur für die mit dem neuen Erreger infizierten Patienten, errichtet. Zeitplan bis zur Fertigstellung: Chinesisch-sportliche eineinhalb Wochen. All das wirft unterdessen die Frage auf, ob das tatsächliche Ausmaß der Krankheit seitens Chinas möglicherweise verharmlost dargestellt wird? Der Blick in die Historie zeigt, dass man den chinesischen Behörden in Bezug auf gesundheitspolitische Transparenz durchaus Verbesserungspotenzial unterstellen kann. Nach Ausbruch der Lungenerkrankung Sars im Jahre 2002 schwiegen sich Pekings Funktionäre in Bezug auf die drohende Gefahr beispielsweise über weite Teile aus, was aus Expertensicht letztendlich zu vielen, wahrscheinlich vermeidbaren Todesopfern führte. Die Zahl der weltweit Infizierten ist aber beim Coronavirus inzwischen deutlich höher als vor 18 Jahren bei Sars.

Den potenziellen Ernst der Lage haben mittlerweile auch die Märkte wahrgenommen! Im Verlauf der letzten zwei Wochen wurde jegliches China-Exposure teils erheblich von den Aktionären abgestraft. Während die WHO sich dazu entschied den internationalen Gesundheitsnotstand auszurufen, traf es dabei erwartungsgemäß zunächst die Reiseindustrie, welche nicht erst auf eine solche Bestätigung warten musste. Innerhalb weniger Tage hat sich die Wirkung des Virus auf die Branche von einer spekulativen zu einer faktischen entwickelt, die sich in den Gewinnen, Zeitplänen und Aktienkursen mehrerer Sektorenvertreter widerspiegelt. Von Fluggesellschaften bis hin zu Grenzübergängen und Kreuzfahrtschiffen wird die weltweite Ausbreitung des Virus durch die Kerngeschäfte der Reisebranche begünstigt.

Hedge-Fonds wetten beispielsweise bereits gegen Fluggesellschaften, die ein hohes Flugaufkommen nach China betreiben, wobei europäische Fluggesellschaften wie British Airways, Lufthansa und Air France-KLM besonders betroffen sind. Alle drei haben Flüge von und nach China vollständig eingestellt, während andere ihre Flugpläne gekürzt haben. Die Aktienkurse von Air France KLM und Lufthansa sind in der Folge um 13%, respektive 9% gefallen. Und während Walt Disney Co. seine beiden chinesischen Themenparks geschlossen hat, verkündete Royal Caribbean nach der Absage einiger Reisen nach China, dass der Gewinnbericht für das Jahr 2020 nächste Woche gekürzt werden müsste.

Auch auf Index-Ebene waren die Auswirkungen spürbar. So verzeichnete der Europe Stoxx 600 seit dem 17.1. insgesamt ein Minus von 2,3%, wobei der stark China-exponierte basic resources Sektor mit einem Rückgang von 7,4% den negativen Spitzenplatz einnahm. „Geschlagen“ wurde dieser Wert lediglich vom Hang Seng, welcher im gleichen Zeitraum 9,5% nachgab. Während traditionelle Krisenwährungen wie Gold und der japanische Yen wie erwartet von den Entwicklungen profitierten, könnte sich der ebenfalls gesunkene Ölpreis in manchen Sektoren gegenüber dem aktuellen Trend als leichtes Gegengewicht positionieren.

Auf Seite der Einzeltitel gab es in dieser Woche eine Aktie, die für viel Aufsehen sorgte. Es handelt sich um ein Unternehmen, mit dem große Bevölkerungsteile in direkter und indirekter Weise bereits Berührungspunkte hatten. Amazon legte sein Zahlen für das Geschäftsjahr 2019 vor und überraschte durch ein sehr starkes viertes Quartal, mit dem man die Prognosen der Analysten deutlich übertreffen konnte. Insgesamt lag der Umsatz 21% und der Gewinn 8% über dem Vorjahreswert. Neben einem bereits angekündigten sehr starken Weihnachtsgeschäft, konnten insbesondere die Ergebnisse der Cloud-Dienste sowie der Zuwachs an „Prime“ Abonnenten überzeugen. Mittlerweile ist die Anzahl der „Prime“-Service Kunden, die unter anderem Zugang zu schnellerem Versand und zu Amazons Streaming-Angebot erhalten, sprunghaft auf über 150 Mio. angestiegen (2018 rund 100 Mio.). Das Cloudgeschäft, bestehend aus IT-Diensten und Speicherplatz im Internet, stellt eine weitere entscheidende Säule für den aktuellen Erfolg dar. Insbesondere das Tochterunternehmen AWS, das Cloud-Dienstleistungen an Unternehmen verkauft, konnte den Umsatz um 40% und den operativen Gewinn um 19% steigern. Die Reaktion auf diese Ergebnisse ließ nicht lange auf sich warten: Nachbörslich schoss die US Aktie um rund 12% in die Höhe und könnte somit wieder die 1 Billion US-Dollar Marktkapitalisierung Marke überspringen. Damit könnte man an einem Tag rund 100 Mrd. US-Dollar an Marktkapitalisierung zulegen, ein Wert den sich wohl viele Unternehmen der Börse, insgesamt wünschen würden!

Aus heimischer Sicht sorgte vor allem Lenzing für (Negativ-)schlagzeilen. Der oberösterreichische Produzent von Holzfasern präsentierte am Dienstag vorläufige Ergebnisse für das abgelaufene Geschäftsjahr, die sehr enttäuschend ausfielen und unter den Erwartungen blieben. Der Umsatz ging um 3% auf 2,11 Mrd. Euro zurück. Während das EBITDA um 14% auf 327 Mio. Euro nachließ, brach der Jahresüberschuss um 23% auf 114 Millionen Euro ein.

Verantwortlich für die schwachen Zahlen waren einerseits die niedrigen Preise für Standardviscose, die neue Tiefststände erreichten und andererseits, einmalige Abschreibungen im Zusammenhang mit dem auf Eis gelegten Lyocell Expansionsprojekt in Mobile, Alabama. Dies führte dazu, dass das Periodenergebnis im Q4/19 nur leicht über der schwarzen 0 zu liegen kam. Das Hauptproblem stellt dabei der bereits erwähnte Preis für Standardviscose dar, der innerhalb der letzten 1,5 Jahren einen bisher noch nie dagewesenen Verfall registrierte. Während die Preise im März 2018 noch rund um 17.000 Renminbi/mt lagen (wird vorrangig in China gehandelt) unterschritten die Preise im Dezember 2019 erstmals die 10.000 Renminbi Marke. Der Schuldige für diesen Preisverfall ist schnell ermittelt: China! Die staatsnahen Betriebe aus dem Reich der Mitte haben innerhalb der letzten Jahre die Produktion und somit das Angebot deutlich erhöht und somit viele Viscoseproduzenten unter großen Druck gesetzt. Mit den aktuellen Preisen ist es wohl für die meisten Unternehmen der Branche schwierig noch profitabel zu produzieren und somit bleibt derzeit vor allem die Hoffnung, dass die weltweiten Kapazitäten nicht weiter zunehmen, entweder durch die Verdrängung kleinerer Marktteilnehmer, oder durch ein Abflachen der chinesischen Produktion. Sollten sich diese Wünsche nicht erfüllen, könnten die kommenden Jahre für Lenzing und die gesamte Branche sehr herausfordernd werden. Ansonsten entlassen wir Sie mit einem frischen Corona mit Limette in das Wochenende und sagen: Prost!