Burgenland übernimmt Wohnbaugesellschaft für zehn Millionen

Das Burgenland steht vor der kompletten Übernahme der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft "Neue Eisenstädter" (Nebau). Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) will die Anteile von Raiffeisen Landesbank und Erste Bank zurückkaufen.
Die Verhandlungen laufen bereits seit einem Jahr und stehen kurz vor dem Abschluss. Der Kaufpreis beträgt rund zehn Millionen Euro - den Wert des Stammkapitals. Das dahinterstehende Immobilienvermögen ist jedoch über eine halbe Milliarde Euro wert.
Strategischer Zugriff auf 4.800 Wohnungen
Die Nebau verwaltet aktuell rund 4.800 Mietwohnungen und Reihenhäuser. Seit der Gründung 1982 realisierte das Unternehmen über 5.000 Wohnungen und gilt als Schwergewicht am regionalen Immobilienmarkt.
Bisher teilten sich Raiffeisen Landesbank Burgenland und die UBG-Unternehmensbeteiligungs-GmbH (Erste Bank) jeweils 49,98 Prozent der Anteile. Die Stadt Eisenstadt hält symbolische 0,04 Prozent.
Durch die Übernahme erhält das Land direkten Einfluss auf Neubauplanung und Mietzinsgestaltung. Doskozil kritisierte wiederholt, dass selbst gemeinnützige Wohnungen für viele Burgenländer zu teuer geworden seien.
Opposition kritisiert "Verstaatlichungspolitik"
Der Schritt sorgt politisch für Diskussionen. Die FPÖ spricht von einer kostspieligen "Einkaufstour" und kritisiert die wachsende "Verstaatlichungspolitik" des Landeshauptmanns.
Erst kürzlich kaufte das Land über die Landesimmobilien Burgenland das Gebäude der Raiffeisenlandesbank in Eisenstadt. Der Rückkauf der Nebau markiert eine Abkehr von der Privatisierungstendenz der vergangenen Jahrzehnte.
Novum in österreichischer Wohnbaupolitik
Die Übernahme eines Bauträgers dieser Größenordnung von Banken ist ein Novum in der jüngeren österreichischen Wirtschaftspolitik. Das burgenländische Modell könnte für andere Bundesländer zum Vorbild werden.
Experten sehen darin einen potenziell richtungsweisenden Schritt in Zeiten steigender Immobilienpreise. Die Politik gewinnt direkte Kontrolle über eine zentrale soziale Frage zurück.
Für die rund 6.000 Bewohner der Nebau-Immobilien ändert sich vorerst nichts - die Mietverträge bleiben bestehen. Langfristig könnten sie von niedrigeren Mietanpassungen profitieren.
Bewährungsprobe für staatliche Effizienz
Die entscheidende Frage: Kann das Land als Bauträger effizienter und kostengünstiger agieren als die bisherigen Akteure? Doskozil muss beweisen, dass er sozialen Wohnraum signifikant günstiger schaffen kann.
Der Erfolg dieses Modells wird österreichweit beobachtet - leistbares Wohnen bleibt eine der dringendsten sozialen Fragen. Das Burgenland könnte damit einen Paradigmenwechsel in der Wohnbaupolitik einleiten.