FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Eher mit Verlusten statt echter Überzeugung haben viele von short auf long gedreht. Goldberg bezweifelt das Potential für steigende Preise.

13. August 2025. Während der vergangenen Handelstage sah es so aus, als ob die Hoffnung, der Gipfel zwischen den USA und Russland am kommenden Freitag in Alaska könne zu einem Waffenstillstand im Ukraine-Krieg führen, für frische Nachfrage nach Aktien hierzulande gesorgt habe. Möglicherweise lassen aber auch die neuen Höchststände von S&P 500 und Nasdaq in den USA die Kauffreude beim DAX neu erwachen. Doch bereits zuvor, nach unserer vergangenen Sentiment-Erhebung, zeichnete sich während der ganzen Zeit deutlich ab, dass das Börsenbarometer an der Unterseite gut abgesichert war. Zwar wuchsen die Bäume nicht in den Himmel, aber von einem zeitweisen Wochenplus von 1,7 Prozent blieben zum Erhebungszeitpunkt immerhin noch 0,8 Prozent übrig.

Tatsächlich hat der DAX sogar Kapitalabflüsse internationaler Fondsmanager recht gut verkraftet. Zumindest zeigt die gestern publizierte August-Umfrage der Bank of America, dass netto nur noch 24 Prozent der Vermögensverwalter nach eigenen Angaben in Aktien der Eurozone übergewichtet sind - im Vormonat betrug dieser Wert noch 41 Prozent (Vier-Jahreshoch). Am Ende lässt sich jedenfalls feststellen, dass die in der Mehrheit befindlichen Pessimisten der vergangenen Wochen hierzulande zu großen Teilen wahrscheinlich nicht auf ihre Kosten gekommen sind.

Eher Zwang als Überzeugung

Unterdessen hat sich auch die Stimmung unter den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont gegenüber der Vorwoche deutlich verbessert. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist um 18 Punkte auf einen neuen Stand von -3 gestiegen. Im gleichen Zuge hat sich das Bullenlager um 11 Prozentpunkte und damit deutlich vergrößert. Fast zwei Drittel von diesem Zuwachs gehen auf das Konto ehemaliger Pessimisten, die ihre Position um 180 Grad von bearish auf bullish gedreht haben - der Rest kommt von vormals neutral eingestellten Investoren.

Bei den Privatanlegern können wir eine ähnliche Entwicklung feststellen. In diesem Panel ist der Börse Frankfurt Sentiment-Index um 16 Punkte auf einen neuen Stand von +12 gestiegen. Und zwar weil sich die Gruppe der Bären um 9 Prozentpunkte verringert hat. Mehr als drei Viertel von ihnen hat sich direkt auf die Bullenseite geschlagen, während sich die übrigen zu den neutral positionierten Anlegern gesellten. Interessant dabei: Im Gegensatz zu sonst gab es dieses Mal zwischen den über Social Media befragten und den anderen Privatanlegern keinen wesentlichen Unterschied in der Stimmungslage.

Wenig Risikofreude

Mit der heutigen Befragung hat sich der Abstand im Sentiment zwischen Privatanlegern und institutionellen Investoren nur unwesentlich verändert, erstere sind allerdings deutlich optimistischer eingestellt. Immerhin waren beide Gruppen in der Lage, sich aus teilweise größeren pessimistischen Engagements zu befreien, und ein großer Teil der Wechselwilligen hat sich sofort auf die Bullenseite gewagt. Allerdings bleibt vor allen Dingen bei den institutionellen Investoren zu vermerken, dass deren Panel gerade einmal seine negative Gesamteinstellung beseitigt hat. Und in der relativen Betrachtung auf drei und sechs Monate kann man nur von einem ganz leichten Optimismus sprechen.

Immerhin scheinen Stand heute größere Schieflagen beseitigt, aber man kann nicht von großer Risikofreude der Investoren sprechen. Ganz im Gegensatz zu den internationalen Fondsmanagern, deren Kassehaltung unter der wichtigen 4-Prozent-Marke (3,9 Prozent) verharrt, was mancherorts als für US-Aktien (gemessen am S&P 500) konträres Verkaufssignal gegen den Trend interpretiert wird. Eine Angst, die Investoren hierzulande weniger plagen dürfte, zumal Sentiment-technisch keine hohen Schieflagen bestehen sollten. Gleichzeitig ist allerdings damit verbunden, dass der DAX sich wahrscheinlich noch einige Zeit seitwärts entwickelt - zumindest die Unterseite (23.750/23.800 DAX-Zähler) ist, bedingt durch potentielle Nachfrage, noch ordentlich abgesichert. Allerdings fehlt derzeit der große Treiber allein aus heimischer Sicht.

von Joachim Goldberg

13. August 2025, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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