FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Statt unentschieden ist die Stimmung nun plötzlich wieder richtig optimistisch. Auch Riskanteres ist gefragt. Außerdem machen sich die Türkei-Wahlen bemerkbar. Und der Neuemissionsmarkt brummt.

19. Mai 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Richtungslosigkeit ade: Seit Mitte der Woche geht es klar nach unten mit den Anleihe- und klar nach oben mit den Aktienkursen. Der Grund ist die Hoffnung auf eine Einigung im US-Schuldenstreit. Das Weiße Haus hatte am gestrigen Donnerstag "stetige Fortschritte" gemeldet. "Insgesamt herrscht Zuversicht, dass der Streit rechtzeitig beigelegt wird", berichtet Tim Oechsner von der Steubing AG. Das Ergebnis: eine deutliche Stimmungsaufhellung. "Es geht raus aus Staatsanleihen, den ‚sicheren Häfen‘, und rein in risikoreiche Anleihen."

Was die weitere Zinsentwicklung angeht, wird mittlerweile allerdings nicht mehr ganz so bald mit Zinssenkungen in den USA gerechnet. "Dies war auch den mehrheitlich ‚hawkishen‘ Zentralbankkommentaren geschuldet", erklärt Analyst Ralf Umlauf von der Helaba. Als "hawkish", also falkenhaft, wird eine strenge Geldpolitik mit tendenziell höheren Zinsen bezeichnet. Auch von der EZB kamen "falkenhafte" Kommentare.

Die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen ist im Wochenverlauf deutlich gestiegen und liegt am Freitagmorgen bei 2,46 Prozent nach 2,25 Prozent vor einer Woche.

"Italiens Zinsaufschlag wird steigen"

Commerzbank-Analyst Hauke Siemßen rechnet übrigens wieder mit steigenden Aufschlägen für Anleihen der Euro-Peripheriestaaten - auch wegen des Anleihen-Reinvestitions-Stopp der EZB ab Juli. "So dürfte sich der Renditeabstand zehnjähriger italienischer Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen auf über 200 Basispunkte ausweiten."

Bei der Steubing AG geht derzeit in 2051 fälligen italienischen Staatsanleihen mit Kupon von 1,7 Prozent (IT0005425233) viel um. Die Kurse sind aufgrund der Zinswende seit Anfang 2022 stark gefallen. Aktuell werden die Anleihen nur noch zu 55,77 Prozent gehandelt.

Türkei-Anleihen: Verkäufe und Käufe

Die Wahlen in der Türkei bringen unterdessen Bewegung in den Handel mit Türkei-Anleihen, wie Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank feststellt. Kursverluste verzeichnete zum Beispiel eine auf US-Dollar lautende Anleihe mit Laufzeit bis Februar 2025 und Kupon von 7,375 Prozent (US900123AW05). "Das wurde aber für Käufe genutzt." Die Rendite liegt aktuell bei rund 10 Prozent. "Wie die Stichwahl ausgehen wird, ist ja noch unklar. Das Interesse ist jedenfalls gestiegen."

Mercedes, Grenke und VW gefragt

Im Handel mit Unternehmensanleihen ist es eher ruhig, auch der gestrige Feiertag machte sich bemerkbar. "Es geht hin und her", stellt Rainer Petz von Oddo BHF fest. Gregor Daniel meldet Käufe für Anleihen von Mercedes-Benz mit Fälligkeit 2027 und aktueller Rendite von 3,22 Prozent (DE000A2R9ZU9). "Da machen sich alte Kauflimite bemerkbar."

Bei der ICF Bank bleibt Grenke (XS2155486942) umsatzstärkster Wert. Gut am kommt außerdem eine 2025 fällige VW-Anleihe (XS1642590480). Beruhigt hat sich Arthur Brunner zufolge die Lage bei Hertha BSC. Die Fußballclub-Anleihe (SE0011337054) war zuvor wegen des drohenden Lizenzverlustes für den Verein unter Abgabedruck geraten.

Oechsner von der Steubing AG meldet gute Umsätze für Deutsche Bank- (DE000DB7XJJ2) und Deutsche Bahn-Anleihen (XS2541394750) und - unverändert - die neuen Porsche-Bonds, die aktuell mit 4,16 Prozent rentieren (XS2615940215).

BMW neu am Markt, Pfizer mit Riesenemission

Am Neuemissionsmarkt war bis zur Wochenmitte richtig viel los, wie Brunner erklärt. "Viele Staaten und Unternehmen haben die niedrigen Zinsen noch ausgenutzt." Als Beispiel nennt er eine dreieinhalbjährige BMW-Anleihe mit Kupon von 3,25 Prozent (XS2625968693). Die Mindestanlagesumme liegt bei 1.000 Euro.

Der US-Pharmakonzern Pfizer kommt zudem mit neuen Anleihen im Wert von insgesamt 31 Milliarden US-Dollar auf den Markt - mit sieben Tranchen. "Das ist bahnbrechend hinsichtlich Volumen und Anzahl der Tranchen", kommentiert Oechsner. Pfizer bietet Laufzeiten von einem Jahr bis 30 Jahren und Kupons von 4,45 Prozent bis 5,34 Prozent (, , , , , , . Mit einer Mindestanlagesumme von 2.000 US-Dollar sind auch Privatanleger*innen angesprochen.

von: Anna-Maria Borse, 19. Mai 2023, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

AXC0111 2023-05-19/12:25

Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet.