Bitcoin auf 120.000 Dollar, Tesla im Aufwind & Salzgitter-Rally: Die neue Realität der Märkte

Liebe Leserinnen und Leser,

der Oktober startet mit einem Paukenschlag: Bitcoin durchbricht die 120.000-Dollar-Marke und weckt Erinnerungen an vergangene Rallyes. Während die Kryptowährung von "Uptober"-Fantasien und einem möglichen Liquiditätsschub durch den US-Regierungsstillstand profitiert, zeigen sich auch an den Aktienmärkten bemerkenswerte Bewegungen. Die wahre Überraschung kommt allerdings aus einer ganz anderen Ecke – Europas totgeglaubte Stahlaktien feiern ein spektakuläres Comeback.

Bitcoin: Der Oktober-Effekt schlägt wieder zu

120.000 Dollar – diese magische Marke hat Bitcoin erstmals seit Mitte August wieder geknackt. Was nach einem typischen Krypto-Hype klingt, hat durchaus substanzielle Gründe. Der berüchtigte "Uptober", wie Krypto-Enthusiasten den historisch starken Oktober nennen, macht seinem Ruf alle Ehre. Nach einem brutalen September-Ausverkauf, der über 20 Milliarden Dollar an Derivate-Positionen vernichtete, sind die Wale zurück.

Der aktuelle US-Regierungsstillstand könnte dabei zum unerwarteten Katalysator werden. Warum? Verzögerte Wirtschaftsdaten und eingeschränkte Treasury-Operationen könnten Liquidität in alternative Assets wie Bitcoin umlenken. Die CME Group plant zudem ab 2026 einen 24/7-Handel für Krypto-Futures – ein klares Signal, dass institutionelles Interesse weiter wächst.

Auch die Altcoins ziehen mit: Ethereum klettert auf 4.483 Dollar, Solana legt 3% zu. Nur die Meme-Coins bleiben diesmal außen vor – vielleicht ein Zeichen zunehmender Reife im Markt?

Tesla in Katar: Expansion trotz Gegenwind

Während Bitcoin neue Höhen erklimmt, kämpft Tesla an mehreren Fronten. Der Cybertruck rollt jetzt auch durch Katars Straßen – nach Saudi-Arabien der zweite Nahost-Markt in diesem Jahr. Klingt nach Erfolgsgeschichte? Die Realität ist komplizierter.

In den USA explodierte der Absatz im dritten Quartal, allerdings aus einem simplen Grund: Steuervergünstigungen für E-Autos liefen aus, Käufer stürmten die Showrooms. Diese vorgezogene Nachfrage könnte sich rächen. Gleichzeitig formiert sich Widerstand gegen Elon Musks eine Billion Dollar schweres Vergütungspaket. Die SOC Investment Group mobilisiert Aktionäre für die November-Hauptversammlung. Der Vorwurf: sinkende Performance bei mangelnder Kontrolle.

Die Aktie reagiert vorbörslich trotzdem positiv mit plus 1,7%. Anleger scheinen die kurzfristigen Absatzerfolge höher zu gewichten als die strukturellen Herausforderungen.

Stahlaktien: Die EU ändert die Spielregeln

Die eigentliche Sensation spielt sich bei Europas Stahlwerten ab. Salzgitter schießt um 8% nach oben und markiert ein Zweijahreshoch. Vom September-Tief gerechnet sind es sogar über 50% Plus. Was ist passiert?

Die EU plant einen protektionistischen Hammer: strengere Importkontrollen und reduzierte Quoten sollen die heimische Stahlindustrie retten. Analyst Tristan Gresser von Exane BNP Paribas spricht von "neuen Spielregeln" und geht "all in" bei Karbonstahl. Seine Begründung: Chinesische Importe auf Rekordhoch, europäische Produktion auf 25-Jahres-Tief, dazu US-Zölle – die perfekte Ausgangslage für eine Trendwende.

Auch Thyssenkrupp profitiert mit plus 3,3%. Die Deutsche Bank hebt das Kursziel von 9 auf 11,50 Euro an. Die Marine-Sparte TKMS könnte vom globalen Aufrüstungstrend profitieren. ArcelorMittal hält sich am 12-Jahres-Hoch.

Rohstoffe im Höhenflug: Gold bei 4.200 Dollar?

Nicht nur Aktien und Krypto, auch die Rohstoffmärkte drehen auf. UBS wirft seine alten Prognosen über Bord und sieht Gold bei 4.200 Dollar, Silber sogar bei 55 Dollar. Die Begründung: Notenbankenkäufe bleiben stark, ETF-Zuflüsse nehmen zu, und die "Fear of Missing Out"-Stimmung greift um sich.

Die Zahlen sind beeindruckend: Gold ist real und nominal auf Rekordhoch, Silber auf dem höchsten Stand seit 2011 mit 60% Plus seit Jahresbeginn. Die Gold-Silber-Ratio soll auf 76x fallen – ein Signal für überproportionale Silber-Nachfrage.

Interessant dabei: Während sichere Häfen wie Gold boomen, bleiben Industriemetalle wie Platin und Palladium zurück. Der Markt trennt klar zwischen Wertspeicher und Konjunktur-Wetten.

Tech-Giganten unter Druck

Während kleinere Werte brillieren, kämpfen einige Tech-Riesen mit hausgemachten Problemen. Apple muss auf Druck der US-Justizministerin Apps entfernen, die anonyme Meldungen über Einwanderungsbehörden ermöglichen. Ein heikles Thema in Zeiten verschärfter Migrations-Politik.

Applied Materials erwartet 600 Millionen Dollar Umsatzverlust durch neue US-Exportbeschränkungen. Der Chip-Ausrüster zahlt den Preis für den Tech-Krieg mit China.

Huawei kontert unterdessen mit einer Überraschung: Untersuchungen zeigen, dass ihre KI-Chips Komponenten von TSMC, Samsung und SK Hynix enthalten – trotz Sanktionen. Die Unternehmen beteuern, alle Regeln einzuhalten. TSMC spricht von alten Lagerbeständen. Die Realität des Tech-Kriegs ist offenbar komplexer als gedacht.

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Apropos Chip-Krieg: Während Unternehmen wie Applied Materials und Huawei mitten im geopolitischen Schlagabtausch stehen, gibt es im Chip-Sektor auch klare Gewinner. Ein europäisches Unternehmen wird bereits als „die neue Nvidia“ gehandelt – und könnte von den Milliarden-Investitionen im Halbleiterbereich überdurchschnittlich profitieren. Wer tiefer in diese mögliche „Next Big Thing“-Story eintauchen möchte, findet eine detaillierte Analyse hier: Zur Studie über die neue Nvidia-Aktie

Was die Woche bringt

Der heutige Feiertag bietet Gelegenheit zum Durchatmen, doch nächste Woche wird es ernst. Alle Augen richten sich auf die US-Arbeitsmarktdaten – sofern der Regierungsstillstand diese nicht verzögert. Der ISM-Index für den Dienstleistungssektor könnte erste Hinweise auf Trump-Zoll-Effekte liefern.

Bei Bitcoin bleibt die Frage: Schafft die Rally Bestand oder verpufft der Oktober-Zauber schnell wieder? Die Marke von 135.000 Dollar, die einige KI-Modelle vorhersagen, klingt ambitioniert. Aber wer hätte vor einem Jahr mit 120.000 gerechnet?

Die Renaissance der Stahlaktien zeigt: Totgesagte leben länger. Manchmal reicht ein politischer Richtungswechsel, um vergessene Sektoren wiederzubeleben. Für deutsche Anleger besonders relevant – schließlich geht es um die Zukunft heimischer Industriegiganten.

Ein schönes Wochenende und erfolgreiche Investments wünscht

Andreas Sommer