Die deutsche Baubranche kämpft mit einem neuen Höchststand bei Qualitätsmängeln. Der Bauherren-Schutzbund stellte durchschnittlich 31 Mängel pro neuem Ein- oder Zweifamilienhaus fest – zwei mehr als 2019. Parallel wächst das Interesse an nachhaltiger Sanierung als Alternative zum fehlerhaften Neubau.

Innenausbau besonders mangelhaft

Die Studie des Bauherren-Schutzbundes und des Instituts für Bauforschung basiert auf 700 Qualitätskontrollen zwischen 2020 und 2024. Der Innenausbau bereitet mit 22 Prozent aller Mängel die größten Probleme – besonders bei Estrich- und Putzarbeiten.

"Es ist alarmierend, dass die Zahl der Baumängel in den letzten Jahren weiter gestiegen ist", warnt BSB-Geschäftsführer Florian Becker. Abdichtung, Dämmung und Rohbau folgen als weitere Problemzonen.

Kostendruck treibt Qualität nach unten

Zwei Faktoren verschärfen die Situation dramatisch: explodierende Baukosten und eklatanter Fachkräftemangel. Bauunternehmen geraten unter enormen Preisdruck, während erfahrene Handwerker in Rente gehen und zu wenig Nachwuchs nachrückt.

Die Folge? Komplexe Arbeiten werden von unzureichend geschultem Personal ausgeführt. Gleichzeitig führen Kosteneinsparungen bei Material und Ausführung zu mehr Fehlern auf der Baustelle.

Sanierung wird zur echten Alternative

Eine DGNB-Studie zeigt: Sanierungsmaßnahmen verursachen bis zu zwei Drittel weniger CO₂-Emissionen als Abriss und Neubau. Die Politik reagiert mit attraktiven Förderprogrammen über KfW und BAFA.

In Österreich bevorzugen bereits drei Viertel der Bevölkerung Sanierung vor Neubau. Hauptgründe sind Bodenverbrauch und hohe Grundstückspreise. Deutschland zieht mit umfassenden Förderungen für energetische Modernisierung nach.

Digitalisierung soll Wende bringen

Building Information Modeling (BIM) und KI-gestützte Qualitätskontrollen könnten die Mängel-Spirale durchbrechen. Serielle Bauweise mit vorgefertigten Modulen verspricht höhere Qualität bei kürzerer Bauzeit.

Die Branche steht vor einem Paradigmenwechsel: Weg vom Neubau um jeden Preis, hin zur intelligenten Bestandsaufwertung. Bei über einer Million fehlenden Wohnungen allein in Westdeutschland wird diese Strategie zur Überlebensfrage.