AVG-Novelle: Ministerrat beschleunigt Großverfahren

Österreich dreht am Verfahrens-Turbo: Der Ministerrat hat heute die lang erwartete Novelle zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz beschlossen. Große Genehmigungsverfahren für Infrastruktur- und Industrieprojekte sollen damit massiv beschleunigt werden.
Die Reform gilt als zentraler Baustein der Standort-Offensive und soll Österreich im internationalen Wettbewerb attraktiver machen. Wirtschaftsverbände begrüßen den Vorstoß als überfälligen "Verfahrensturbo", mahnen jedoch weitere Reformen ein.
Niedrigere Schwelle, weniger Bürokratie
Das Herzstück der Novelle: Beschleunigte Großverfahren können künftig bereits ab 50 beteiligten Parteien stattfinden - bisher lag die Schwelle bei 100.
Ein weiterer Fortschritt ist die vollständige Digitalisierung der Kommunikation. Öffentliche Kundmachungen werden nicht mehr im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" veröffentlicht, sondern zentral über das Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS).
Die sogenannte "Ediktalsperre" fällt komplett weg. Verfahren können künftig auch während der Sommer- und Weihnachtsferien ohne Unterbrechung weiterlaufen.
Klarere Regeln gegen Verzögerungen
Nach dem Vorbild des UVP-Gesetzes können Behörden künftig Fristen für Einwände setzen, nachdem eine mündliche Verhandlung anberaumt wurde. Das verhindert nachträgliche Verzögerungen und sorgt für Planbarkeit.
"Diese Reform der veralteten Genehmigungsrahmen ist längst überfällig", kommentiert Jochen Danninger, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich.
Wirtschaft: "Wichtiger erster Schritt"
Sowohl Wirtschaftskammer als auch Industriellenvereinigung reagieren positiv auf den Beschluss. "Maßnahmen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sind gerade jetzt von entscheidender Bedeutung", betont Sigi Menz, Obmann der WKÖ-Bundessparte Industrie.
IV-Generalsekretär Christoph Neumayer erklärt: Großprojekte der Energiewirtschaft und strategischer Infrastruktur dürften nicht länger durch jahrelange Verfahren blockiert werden. Beide Organisationen fordern jedoch rasche weitere Schritte.
Kampf gegen Bürokratie-Bremse
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Laut BusinessEurope fühlen sich 83 Prozent der europäischen Unternehmen durch langwierige Genehmigungsverfahren im Vergleich zu USA und China benachteiligt.
In Österreich sehen 71 Prozent der Unternehmen die Regulierung als Hindernis für langfristige Investitionen - das liegt über dem EU-Durchschnitt.
Nächste Schritte: UVP-Reform folgt
Die Regierungsvorlage geht nun an das Parlament. Ein Beschluss wird für November erwartet. Die AVG-Novelle ist jedoch nur Teil eines größeren Pakets, das auch Reformen im UVP-Gesetz und ein neues Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz umfasst.
Experten erwarten, dass die Beschleunigungseffekte vor allem bei neuen Projekten spürbar werden und die grüne sowie digitale Transformation der Wirtschaft vorantreiben.