Österreichs Mietmarkt steht vor einer historischen Wende. Die Regierung will mit einer umfassenden Mietrechtsreform die explodierenden Wohnkosten stoppen. Die Immobilienwirtschaft warnt vor einem Investitionsstopp.

Das Gesetzespaket, das Anfang 2026 in Kraft treten soll, steht derzeit in Begutachtung. Während die Regierung von einem überfälligen Schritt gegen Mietwucher spricht, befürchtet die Branche das Ende des privaten Wohnbaus.

Mietpreisbremse für alle Wohnungen

Das Herzstück der Reform: eine universelle Mietpreisbremse auch für bisher unregulierte Neubauwohnungen. Mieten dürfen nur noch einmal jährlich steigen. Bei einer Inflation über drei Prozent wird nur die Hälfte des Überschusses an Mieter weitergegeben.

Beispiel: Bei sechs Prozent Teuerung sind nur 4,5 Prozent Mieterhöhung erlaubt.

Zusätzlich verlängert sich die Mindestvertragsdauer von drei auf fünf Jahre. Für Altbauten gelten noch schärfere Regeln: 2026 maximal ein Prozent, 2027 höchstens zwei Prozent Mietanstieg.

Die Zahlen rechtfertigen den Eingriff: Seit 2010 stiegen Österreichs Mieten um über 70 Prozent, private Neuvermietungen sogar um 80 Prozent. Im Euroraum waren es nur 23,5 Prozent.

Immobilienbranche schlägt Alarm

Die Wirtschaftskammer bezeichnet die Reform als "hochgradig unfair". Der Vorwurf: Das Vertrauen der Investoren wird systematisch zerstört.

Besonders der Eingriff in den freien Mietmarkt gilt als Tabubruch. Betroffen sind nicht nur Großinvestoren, sondern auch private Kleinvermieter, die Mieteinnahmen für ihre Altersvorsorge benötigen.

Das Dilemma: Während Mieteinnahmen gedeckelt werden, steigen Bau-, Sanierungs- und Energiekosten weiter. Branchenexperten erwarten einen Stopp bei Sanierungen und Neubauprojekten.

Wohnbau bereits in der Krise

Die Reform trifft einen bereits angeschlagenen Sektor. Österreichs Wohnbau-Investitionen sind seit 2019 um 16 Prozent gesunken - EU-weit gingen sie um zwei Prozent nach oben.

Die Zahlen sind dramatisch: Von 45.000 fertiggestellten Wohnungen 2022 könnten 2026 nur noch 17.000 bleiben. Bei gleichzeitig wachsendem Bedarf durch Zuzug verschärft sich die Wohnungsnot in Ballungszentren.

Hohe Baukosten, gestiegene Zinsen und neun verschiedene Bauordnungen belasten die Branche zusätzlich. Die Mietrechtsreform könnte als Brandbeschleuniger wirken.

Schutz oder Knappheit?

Nach dem Ende der Begutachtungsfrist am 10. Oktober entscheidet das Parlament. Eine Verabschiedung gilt als wahrscheinlich.

Für Mieter bedeutet die Reform kurzfristig mehr Planbarkeit. Die langfristigen Folgen bleiben umstritten. Weniger Neubau und stockende Sanierungen könnten das Angebot weiter verknappen und den Marktdruck mittelfristig erhöhen.

Die Frage bleibt: Hilft eine Mietregulierung denen, die am dringendsten eine leistbare Wohnung suchen? Die kommenden Monate werden zeigen, ob Österreich die Balance zwischen Mieterschutz und notwendigen Investitionen findet.