Der Brexit-Beschluss hat weder zum wirtschaftlichen Untergang, noch zu einem Konjunkturprogramm für das europäische Festland geführt. Premier Johnson, zweifelsohne den populistischen Politikern zuzuordnen, ist weitsichtiger als es oft medial dargestellt wird. Einen No-Deal-Brexit wird es nicht geben. Man kann sicher ausgehen, dass die EU bis Ende 2020 einen Freihandelsvertrag mit dem Königreich zustande bringen wird. Daran ist speziell auch Deutschland interessiert, denn England ist der fünft-wichtigste Handelspartner.

Wir bewerten aus mehreren Gründen die Lage in Großbritannien als aussichtsreich:

1) Der Wettbewerb um Steuervorteile für Unternehmen in Europa wird neu angefacht.

Es ist davon auszugehen, dass die britische Führung in der laufenden Regierungsperiode eine Unternehmenssteuerreform auf den Weg bringen wird. Die durchschnittlichen Unternehmenssteuersätze liegen derzeit bei rund 20 Prozent. Premier Johnson wird sich die Reform in den USA von 2018 als Beispiel nehmen, um den Standort UK deutlich attraktiver zu machen und damit das europäische Festland unter Zugzwang setzen.

2) Die seit dem Austrittsvotum gehemmte Investitionsbereitschaft wird steigen.

Goldman Sachs hat dazu bereits konkrete Aussagen getroffen. Die Investmentbank geht von einer deutlichen Zunahme von Investitionen und Wachstum aus. Die Brexit-Schockstarre löst sich. Das kann die Grundlage für einen mittelfristigen Aufschwung darstellen.

3) Die City of London bleibt Weltfinanzzentrum.

Es hat sich gezeigt, dass es eben nicht so einfach ist, eine vorhandene Kompetenz ohne weiteres auf das europäische Festland zu verlagern. Durch die Befreiung von der Brüsseler Bürokratie dürfte der Finanzplatz London mit der eigenen Währung profitieren. Die Finanzindustrie erwartet regulatorische Lockerungen nach dem Vorbild der USA unter der Regierung Trump.

4) Die demografische Entwicklung ist positiv, und England bleibt ein qualifiziertes Zuwanderungsland.

Nach Angaben der europäischen Statistikbehörde wird England 2050 die Einwohnerzahl von Deutschland übertroffen haben. Großbritannien hat jetzt die Chance, ein eigenes qualifiziertes Einwanderungsgesetz auf den Weg zu bringen. So will die britische Regierung eine Zuwanderung in das eigene Sozialsystem vermeiden. Die Weltsprache Englisch macht den Standort zusätzlich attraktiv.

5) Starke marktwirtschaftliche Historie

Über Jahrhunderte pflegte man auf der Insel die marktwirtschaftliche Tradition, den Märkten Freiraum zu lassen und die persönlichen Freiheitsrechte an erste Stelle zu setzen. Eine Entbürokratisierung führt zu einem schlankeren Staat und bringt neue Wachstumsimpulse.

6) Die Notenbankpolitik der Bank of England wirkt unterstützend.

In den jüngsten veröffentlichten Inflationszahlen für das Königreich sind die Steigerungen auf das Niveau von vor 2016 zurückgegangen. Die Bank of England hat bereits angekündigt, weitere geldpolitische Maßnahmen zu ergreifen, um die Wirtschaft stärker zu stimulieren.

Die Nachrichten rund um den Brexit werden die Medien und die Börsen immer wieder in diesem Jahr beschäftigen. Es ist davon auszugehen, dass die Schwankungen im Pfund und auch an der Börse zunehmen werden, je nachdem, welche Nachrichten zum Freihandelsabkommen gerade nach außen dringen. Aber bleiben Sie gelassen! UK ist ein viel zu großer Markt, als dass es sich die EU leisten könnte, eine weitere Destabilisierung der Eurozone zu riskieren. Nutzen Sie Schwankungen, um sich am britischen Aktienmarkt deutlicher zu positionieren als in den vergangenen dreieinhalb Jahren. 

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