Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.” Mit diesen Worten blickte Henry Ford auf sein Lebenswerk zurück. Er war am Anfang des 20. Jahrhunderts der Elon Musk von heute. Denn Ford hat mit dem Model T – dank des revolutionären erstmaligen Einsatzes eines Fließbands – das erste erschwingliche Auto für den Massenmarkt produziert. Dem Durchbruch der Automobile gegenüber Pferdekutschen stand somit nichts mehr im Weg. Er war also gleichzeitig ein Innovator und ein Disruptor. Ähnliches ist Musk mit dem Tesla Modell S für Elektroautos 100 Jahre später gelungen. Beide haben lehrbuchmäßig aufgezeigt, wie man ein Business neu und konsequent denken muss, will man erfolgreich sein.

Alles sehr interessant, mögen Sie sich denken, doch was hat das mit dem Banking zu tun? Nun im Banking findet seit einigen Jahren eine ähnliche Revolution statt wie in der Autoindustrie des 21. Jahrhunderts. Genauso wie Musk die großen, etwas trägen Autokonzerne frontal angegriffen hat, sorgen im Banking Player von außerhalb für die großen Innovationen. Die IT-Budgets vieler Banken wurden in den letzten Jahren zwar massiv erhöht und doch gelingt es zu oft nur in sehr begrenztem Umfang, richtige Marktneuheiten zu entwickeln. Damit bestätigen sie leider die These von Paul Volcker, dem ehemaligen Fed-Chef, der vor Jahren spottete, dass die letzte große Innovation der Banken der Bankomat gewesen sei.

Begriffe wie Blockchain oder Krypto werden im Banking heute inflationär benutzt. Der größte Fehler ist meist, dass man innovativ sein will und vor allem in die Digitalisierung investiert. Dabei werden aber bloß das aktuelle Geschäftsmodell und die dafür erforderlichen Prozesse digitalisiert. Viel wichtiger wäre aber, dass die ganze Wertschöpfungskette wie bei Ford oder Musk neu gedacht würde. Wirklich innovativ ist nämlich nicht nur, Bestehendes zu verbessern, sondern Neues zu schaffen. Die Banken sind also mit Wettbewerbern konfrontiert, die über technologisches Know-how, Kapazitäten zur schnellen Entwicklung von Innovationen sowie einer konsequenten Kundenorientierung verfügen.

Innovationskultur und neue Wertschöpfungsketten.

Das so genannte «Unbundling», also die Aufspaltung der Wertschöpfungskette, ist bereits voll im Gange. Am deutlichsten sichtbar ist das im Zahlungsverkehr, wo sich viele neue Player mit sexy Namen tummeln, die alles versuchen, um für ihre Geschäfte nicht das Wort Bank verwenden zu müssen. Dank modernster Technologien kennen sie oft die Bedürfnisse der Kunden besser als diese selbst. Gelingt dann erst die schwierige Skalierung, wird das Geschäftsmodell erfolgreich. Um dieses Tempo mitzugehen, braucht es nicht nur das oben beschriebene Innovationsverständnis, sondern vor allem eine neue Innovationskultur. So muss eine angelsächsisch geprägte Fehlerkultur in der Organisation verankert werden. Denn nicht die gemachten Fehler sind das Problem, sondern die hemmende Angst davor. Weiter braucht es unternehmerisches Denken auf allen Stufen. Denn schon Henry Ford hat erkannt, dass es mehr Leute gibt, die kapitulieren, als solche, die scheitern. Last but not least braucht es die Bereitschaft, Veränderungen anzunehmen und die Vergangenheit kritisch und ohne Scheuklappen zu hinterfragen. Francois Truffaut, der leider viel zu früh verstorbene große französische Regisseur, hat dafür treffend gesagt, dass man niemanden überholen kann, wenn man immer in seine Fußstapfen tritt.

Liechtenstein gut positioniert.

Das eingangs Gesagte gilt natürlich auch für Liechtensteins Banken. Wir sind uns dieser großen Herausforderungen ebenfalls sehr bewusst. Wir haben aber dank der kurzen Wege und der relativen Größe unserer Institute eine gute – und häufig bessere – Ausgangslage als manch andere Finanzplätze. Geschwindigkeit oder Agilität sind dabei sehr wichtig. Ferner verfügen wir über wirtschaftsfreundliche Gesetze und Regulierungen sowie eine überdurchschnittlich hohe Kapitalausstattung der Banken, die dazu führt, dass genügend Mittel für nötige Investitionen bereitstehen. Mit der im letzten Jahr verabschiedeten Roadmap 2025 haben wir uns auch vertiefte strategische Überlegungen gemacht, welche Rahmenbedingungen wir brauchen beziehungsweise was wir Banken machen müssen, damit auch in Zukunft das angestrebte «Wachstum durch Innovation und Nachhaltigkeit» garantiert bleibt.

Über Liechtensteinischer Bankenverband

Der Liechtensteinische Bankenverband wurde 1969 gegründet und ist die Stimme der in Liechtenstein tätigen Banken im In- und Ausland. Als Mitglied des Europäischen Bankenverbandes (EBF), des European Payments Council (EPC), des European Parliamentary Financial Services Forums (EPFSF) sowie des Public Affairs Councils (PAC) ist der Verband ein wichtiges Mitglied von Schlüsselgremien auf europäischer Ebene und spielt eine aktive Rolle im europäischen Gesetzgebungsprozess. Seit 2017 ist der Liechtensteinische Bankenverband zudem Mitglied des Public Affairs Council (PAC) mit Büros in Washington und Brüssel und seit März 2018 Mitglied des internationalen Netzwerks ‚Financial Centres for Sustainability‘. Mehr zum Liechtensteinischen Bankenverband

Über Simon Tribelhorn

Simon Tribelhorn ist Geschäftsführer des Liechtensteinischen Bankenverbands (LBV) und Mitglied des Vorstandes von Liechtenstein Finance. Nach seinem Studium an der Hochschule St. Gallen war der Jurist sechs Jahre in der Bankbranche tätig, zuletzt vier Jahre als Rechtskonsulent im Bereich Legal/Compliance bei einer größeren Schweizer Bank. Seit Februar 2006 ist er für den Liechtensteinischen Bankenverband tätig, zunächst als Jurist, später als stellvertretender Geschäftsführer. Im Januar 2010 wurde er zum Geschäftsführer ernannt.

Aus dem Börse Express PDF vom 15.06. hier zum Download

 

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