Der Leiterplatten-Spezialist AT&S wagt den Sprung ins Rüstungsgeschäft. Der österreichische Technologiekonzern will seine Expertise aus der Hightech-Elektronik nutzen, um europäische Sicherheitstechnologien zu stärken.

Angesichts globaler Spannungen und steigender Nachfrage nach sicherheitskritischen Komponenten positioniert sich das Unternehmen als strategischer Partner für Europa. Der Standort Leoben wird zur zentralen Produktionsstätte für Defense-Technologie ausgebaut.

Technologie-Know-how öffnet neue Märkte

AT&S muss das Rad nicht neu erfinden. Die hochpräzisen Leiterplatten und IC-Substrate, die bereits in Medizintechnik und Luft- und Raumfahrt zum Einsatz kommen, sind direkt auf Verteidigungssysteme übertragbar.

"Es gibt in der westlichen Welt sehr wenige Hersteller, die in einem sicheren Land über die Technologie verfügen, entsprechende Leiterplatten und Chipträgermodule für unsere Verteidigung herzustellen", erklärt CEO Michael Mertin die strategische Marktlücke.

Das Unternehmen geht bereits proaktiv auf Kunden zu - darunter europäische Nachbarn und NATO-Staaten. Die Resonanz: überraschend hoch.

Millionenschwere Ziele bis 2027

Der Defense-Einstieg ist Teil von Mertins Strategie, AT&S bis 2027 in die Gewinnzone zurückzuführen. Nach Phasen von Überinvestitionen sollen stabile Geschäftsfelder das Portfolio stärken.

Die Zahlen sprechen für sich:
* Mittlerer zweistelliger Millionenumsatz pro Jahr erwartet
* Neue Arbeitsplätze am Standort Leoben geplant
* Substrate-Werk läuft bereits auf Hochtouren

"Nur wenn Menschen in Sicherheit leben, können sie ihre Rechte wahrnehmen", begründet Mertin den ethischen Aspekt der Entscheidung. Alle Aktivitäten bleiben streng innerhalb der EU- und österreichischen Rechtsrahmen.

Europa sucht technologische Unabhängigkeit

Der AT&S-Schritt spiegelt einen europaweiten Trend wider. Die Abhängigkeit von außereuropäischen Rüstungsgütern, besonders aus den USA, wächst politischen Entscheidungsträgern über den Kopf.

Mikroelektronik bildet das Herzstück moderner Verteidigungssysteme - von Drohnentechnologie über sichere Kommunikation bis zur Raketenabwehr. Mit der Produktion in Österreich verringert AT&S strategische Abhängigkeiten.

Analysten bewerten die Diversifizierung positiv: Sie macht das Unternehmen widerstandsfähiger gegen Krisen in der volatilen Unterhaltungselektronik.

Leoben wird zur Defense-Drehscheibe

Die kommenden Monate stehen ganz im Zeichen der technischen Vorbereitung. AT&S prüft derzeit, welche baulichen und prozessualen Anpassungen für internationale Verteidigungsstandards nötig sind.

Parallel intensiviert das Unternehmen die Kundenakquise im Verteidigungssektor. Der Fokus liegt klar auf Anwendungen für Verteidigung, Prävention und Stabilisierung.

Diese strategische Neuausrichtung sichert nicht nur AT&S' Zukunft, sondern setzt auch ein starkes Signal für den Technologiestandort Österreich. Europa bekommt einen neuen Player im Kampf um technologische Souveränität.